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Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)

Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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passierte.
    »Sie ist ungefähr dreizehn, vierzehn«, sagte ich seufzend. »Hellbraune, schulterlange Haare, blaue Augen, ziemlich dünn, circa einen Meter sechzig groß. Sie trägt ein weißes Kapuzenshirt, eine schwarze Jacke, Jeansrock und schwarze Hose. Ihr Name ist Chelsey Swalenski. Sie ist Amerikanerin und wohnt mit ihren Eltern im Victoria Hall.« Ich sah Boon an. »Alles klar? Reicht Ihnen die Beschreibung?«
    »Mehr als das. Sie kennen das Mädchen also?«
    »Nein … ich wohne nur im selben Hotel, das ist alles. Sie hatte ihr Tagebuch liegen lassen …«
    »Sie hatte was?«
    »Egal.« Ich sah ihn wieder an. »Und, machen Sie jetzt endlich was?«
    »Was sollen wir denn Ihrer Meinung nach machen?«
    »Ihren Job, verdammte Scheiße. Den Fall melden, den Tatort sichern, alles, wozu Sie verflucht noch mal da sind.«
    »Kommen Sie mal mit, John«, sagte er und führte mich am Arm zum Bunker. Vor der Schießscharte in der Mauer blieb er stehen. »Von hier aus haben Sie sie gesehen, richtig?«
    »Ja.«
    »Da drinnen ist es stockdunkel.«
    »Ich habe eine Taschenlampe.«
    »Ach ja?«
    Ich nickte. »Eine Stiftlampe.«
    »Okay …«, sagte er. »Das heißt, Sie hatten Ihre Stiftlampe in der Hand und haben durch diesen Schlitz in der Mauer geschaut … Ist das korrekt?«
    »Ja.«
    »Und dann haben Sie dieses Mädchen gesehen, Chelsey Salinski – «
    »Swalenski. Sie heißt Chelsey Swalenski.«
    »Swalenski, klar. Sie haben sie im Innern des Bunkers gesehen?«
    Darauf antwortete ich nicht, sondern sah ihn nur an. Ich wollte nicht zu Ende denken, was ich zu glauben begann, doch ich sah es in seinen Augen – ich sah, was kommen würde. Und als er sich zu der Schießscharte beugte, mich wieder am Arm packte und zu sich runterzog, da wusste ich schon, was ich sehen würde, wenn Boon mit seiner Taschenlampe durch den Schlitz leuchtete. Ich wollte es nicht sehen, denn es war unmöglich, und etwas Unmögliches zu sehen war das Letzte, was ich in diesem Moment brauchen konnte.
    »Na?«, sagte Boon und fixierte mich.
    Ich wandte mich langsam von ihm ab und schaute in den Bunker.
    Es war nichts da.
    Keine Leiche, kein totes Mädchen, keine Chelsey …
    Gar nichts.
    Der Bunker war leer.
    »Sie war aber da«, sagte ich zu Boon. »Sie war tot. Ich hab sie gesehen …«
    »Wirklich?«
    Ich schaute ihn an. »Ich hab sie gesehen .«
    »Und wo ist sie dann jetzt?«
    »Geben Sie mir das Ding«, sagte ich und schnappte ihm die Taschenlampe aus der Hand, beugte mich dichter an die Schießscharte heran und leuchtete noch einmal durch den Schlitz. Der Strahl war deutlich stärker als der meiner Stiftlampe, er drang hinab in den Bunker und erhellte jeden Winkel des Raums. Aber egal, wie gründlich ich alles absuchte – die Taschenlampe hin und her bewegte und den Boden Zentimeter um Zentimeter ableuchtete –, ich wusste, ich vergeudete nur meine Zeit. Es gab keine Leiche da unten, nur Staub und Sand, Wasserlachen, Dreck, Strandmüll … Nichtigkeiten.
    »Sie war da unten«, wiederholte ich und wusste nicht,was ich sonst hätte sagen sollen. »Ich habe sie gesehen.« Ich schaute Boon an. »Sie müssen mir glauben …«
    »Also gut«, seufzte er und stand auf. »Nehmen wir mal für einen Moment an, dass Sie das Mädchen tatsächlich gesehen haben. Trotzdem ist sie eindeutig nicht da, oder?«
    Ich stand auf. »Nein, sie ist nicht da.«
    »Was ist dann also mit ihr passiert?«
    »Keine Ahnung …«
    »Sind Sie ganz sicher, dass sie tot war?«
    »Ja … so sicher, wie ich nur sein kann.«
    »Sie hat nicht nur geschlafen oder so?«
    »Nein … garantiert nicht.«
    »Haben Sie ihr den Puls gefühlt?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht rein … das ging nicht, die Tür war abgeschlossen.«
    »Die Tür auf der Rückseite meinen Sie?«
    »Ja.«
    »Sie war abgeschlossen?«
    »Ja.«
    Er schaute zu Gorman, der etwas abseits stand und leise in das Funkgerät an seiner Jacke sprach. »Phil?«, rief Boon.
    »Einen Moment«, sagte Gorman in das Funkgerät und drehte sich zu Boon um. »Ja?«
    »Hast du die Tür hinten überprüft?«
    »Ja.«
    »Ist sie abgeschlossen?«
    »Ja.«
    Boon wandte sich wieder an mich. »Das alles ergibt nicht viel Sinn, was, John? Ich meine, selbst wenn jemand drin war, egal ob tot oder lebendig, wie soll er in der kurzen Zeit zwischen Ihrem Anruf und unserem Eintreffen rausgekommen sein? Sie waren doch die ganze Zeit hier, oder?«
    »Nicht genau hier … ich hab da drüben gewartet.« Ich zeigte zum Strand hinunter,

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