Bis hierher und weiter - Mit allen Nockherberg-Reden von Bruno Jonas
das Umfallen des Radls nachzukommen. Und nachdem ich feststellen konnte, dass mich niemand bei meinem Scheitern beobachtet hatte, habe ich das saudumme Radl einfach liegen lassen auf der Wiese und bin weggegangen. Aber hinterher musste ich feststellen, dass meine Frau mich die ganze Zeit über beobachtet und über meine hilflosen Bemühungen gelacht hatte. Ich habe nicht lachen können, obwohl das gesamte geschehen saukomisch gewesen sein soll.
Indianer
Ich habe mich natürlich gefragt, woran es liegen könnte, dass ich keinen Lachimpuls verspüre. Ich habe überlegt. Dass ich möglicherweise eine schwere Kindheit gehabt habe, oder zu wenig Fernsehen, oder die Frau? Ich habe mir wirklich gedanken darüber gemacht, weil es mich selber interessiert hat, warum ich nicht lachen kann. Und auf einmal habe ich die Erklärung dafür gehabt. Es liegt daran, dass ich ein Indianer bin. Von der Mentalität her. Da habe ich auch gestaunt, aber einen anderen grund kann es nicht geben. Oder haben Sie den Winnetou einmal lachen sehen? Das würde nicht zu ihm passen. Ein Indianer kann nicht lachen. Der weint auch nicht. Der zeigt keine gefühlsregung. Das weiß man ja, dass ein Indianer keine gefühle hat. Die gefühllosigkeit ist das Herzstück des indianischen Ideals.
Haben Sie sich noch nie gefragt, warum der ideale Indianer keine gefühle zeigt? Na, weil er in dem Moment die Beherrschung verlieren würde. Wer weint oder lacht, verliert die Beherrschung, verliert die Fassung, gerät außer Kontrolle, und das kann er überhaupt nicht haben. Drum beherrscht er sich immer. Kontrolle ist alles beim Indianer. Weil er glaubt, wenn er die Kontrolle über sich verliert, zeigt er Schwäche. Und da hat er recht. Wer lacht, ist ja auch schwach, der lässt eine Reaktion zu, die ihn einen Moment aus der Fassung bringt. Das Zwerchfell zieht sich zusammen und schon ist ein Lacher entstanden! Wer lacht, zeigt Schwäche. Bei den Indianern ist das so.
Ich habe mich kundig gemacht. Der Claude Lévi-Strauss, ein Menschenforscher, hat die Indianer in Südamerika besucht und einen indianischen Mythos über die Entstehung des Lachens gefunden. Für die Indianer entsteht das Lachen, weil der Weltenschöpfer, der Demiurg Nedamik, die Menschen einer Prüfung unterzieht. Er kitzelt sie. Und diejenigen, die lachen, werden in Landtiere verwandelt oder in Wassertiere. Die Landtiere werden die Beute des Jaguar und die Wassertiere können dem Jaguar entkommen, durch Flucht ins Wasser. Was heißt das? Wer lacht, muss schwimmen können, oder er gehört der Katz! Lachen ist in jedem Fall gefährlich und kann den Tod bedeuten.
Und diejenigen, die es schaffen, nicht zu lachen, die werden in Jaguare verwandelt. Also, sie erlangen gleich eine höhere Stufe des Daseins. Haben Vorteile. Sind schnell und schlau und dürfen jagen! Und diejenigen, die sich überhaupt nicht zwingen müssen, nicht zu lachen, weil diese Regung bei ihnen gar nicht angelegt ist, die werden zu Jägern des Jaguar. Höchste Stufe des Daseins! Also Indianer. Und da scheine ich dabei zu sein. Aber ich bin ein ganz moderner Indianer, meine Prärie befindet sich in der Wirtschaft, drum bin ich ja Unternehmensberater geworden. Wie gesagt, es ist von Vorteil, wenn man sich nicht aus der Fassung bringen lässt. Und schon gar nicht von Kabarettisten, die nur versuchen, die Leute aus der Fassung zu bringen. Der auf unserem Fest war wirklich gut. Er hat alles probiert und alle Register gezogen. Und als er dann auf Ackermann gekommen ist, da war kein Halten mehr.
Ackermann und andere, die es verdienen
Immer wieder Ackermann. Ich weiß nicht, ob der Ackermann die Kabarettisten bezahlt dafür, dass sie immer wieder auf ihm rumhacken. Weil Ackermann ist schon ein sehr dankbares Objekt des Kabaretts geworden. Allein die Nennung des Namens reicht aus für einen Riesenapplaus. Und da können alle klatschen, von ganz links bis ganz rechts. Den mögen sie in keinem politischen Lager, weil er so viel verdient. Und dann fragt der Kabarettist zynisch: Und was bleibt ihm davon nach der Steuer? Riesenbeifall!
Ich hoffe, dass bei den jungen Kollegen der Zunft, der nachwachsenden Kabarettgeneration, wieder mehr Verantwortung wächst für die zu beleidigenden Topmanager und Politiker. Auch der Kabarettnachwuchs muss wieder ein Mitgefühl für die angegriffenen Politiker entwickeln. Es fehlt leider oft am Verständnis für die Probleme der Topmanager. Machen wir doch mal ein Beispiel. greifen wir uns einen heraus. Einen
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