Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bis hierher und weiter - Mit allen Nockherberg-Reden von Bruno Jonas

Titel: Bis hierher und weiter - Mit allen Nockherberg-Reden von Bruno Jonas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
schön, wenn man mit seinem Latein glänzen kann!) als dem grenzgebiet des Himmels herunterholt in die Wirklichkeit, um ihn zu erden und in der Vergänglichkeit der Welt zu verankern. Der Humor fährt also aus dem Himmel nieder auf die Erde. Und es wird auch gleich klar, warum. Kierkegaard sagt: »Die Kategorie vor gott ist der Ernst, vor dem sich der Humor ausweichend verhält.« Aha! Deshalb lehnt er ihn ab. Da trifft er sich mit Plato, der in seinen Schriften zu ganz ähnlichen Erkenntnissen gelangt. Wie überhaupt die alten griechen, Plato und seine Buben, sehr ernst waren und die humoristische Empfindung so weit wie möglich vermieden haben.
    Kierkegaard beurteilt den Humor negativ, weil er seiner Ansicht nach glaubensfremd ist, weil er Distanz herstellt, wo Nähe gefordert wird, weil er dem glauben ausweicht. Da haben wir es doch schon wieder.
    In der Nähe des Unendlichen gottes ist Humor nicht angebracht. Dieser Bereich wird humorfrei gehalten, ähnlich wie bei Hegel. Humor braucht es nicht, weil ja alle gegensätze aufgehoben sind.
    Im Endlichen dagegen kann der Mensch mit Humor operieren. Da lacht auch der Philosoph quasi von einer höheren Warte aus (vielleicht sogar zusammen mit gott?) über die kleinen Menschlein, die Mängelwesen, die einfach noch nicht so weit sind, auf Humor verzichten zu können.
    So gesehen, bin ich gern ein Mängelwesen, wenn es darum geht, den Dingen humorvoll auf den grund zu gehen. Es soll Bischöfe geben, die haben schon Probleme damit, wesentlich einfachere Zusammenhänge auf die Reihe zu kriegen. In Köln soll beispielsweise einer sitzen, der Katholiken und Muslimen nicht zusammen beten lassen will.
    Und in Regensburg haben wir einen, der ganz andere Probleme hat, aber weiß, dass er im Recht ist. Und wenn man die Beschlüsse des Konzils von Konstantinopel 869 berücksichtigt, dann liegt der Müller in jedem Fall richtig. Denn seit 869 versagt die römisch-katholische Kirche den Menschen die autonome Teilhabe am geistigen.
    Die Reduzierung des Menschen auf die Dichotomie eines Wesens aus Leib und Seele von 869 hat zur Trennung der Orthodoxie geführt. Die Orthodoxen gehen von der Trichotomie des Menschen aus, was Leib, geist und Seele angeht. (Ich habe dies einem Leserbrief in der FAZ am 26. 1. 07 entnommen.)
    Also, die Orthodoxen gestehen allen Menschen neben Leib und Seele auch den autonomen geist zu. Während die offizielle Lehrmeinung der heiligen römisch-katholischen Kirche in Rom den Menschen »die unabhängige Teilhabe am geist gottes nicht zutraut«. Die Kirche in Rom ist der Ansicht, dass die autonome Teilhabe am geistigen nur mit dem Papst zusammen geht, und mit den Kardinälen und Bischöfen - aber der Fall Müller zeigt, dass es nicht bei allen Bischöfen mit der Teilhabe am geistigen klappt.
    In diesem Fall dürfen wir uns mit der christlichen Weltsicht trösten: Die Welt ist ein Jammertal! Da gibt es nichts zu lachen, die Welt ist eine ernste Angelegenheit. Das Christentum ist eine Religion des Leidens, die das Leiden ins Zentrum ihres glaubens stellt, ist eine Religion der Schwachen, die Trost finden im glauben, dass nach dem Tod im Paradies der totale Wohlstand nicht mehr aufhört. Darum gibt es im Paradies keinen Humor, denn im Paradies besteht kein Anlass zum Lachen. Es sei denn, das Erkenntnisverbot wird wieder eingeführt. Könnte sein, dass da wieder mittendrin ein Baum steht, von dem wir nicht essen dürfen. Wenn gott Humor hat, hängt er diesmal ein Schild dran, auf dem steht: Diesen Hinweis bitte nicht beachten.
    Wer aus dem Paradies vertrieben wurde und im Schweiße seines Angesichts sein Leben zubringen muss, der hat wenig grund zum Lachen. »Das Lachen ist die Schwäche, die Hinfälligkeit und Verderbtheit unseres Fleisches.« In Umberto Ecos Der Name der Rose sagt das der Abt Jorge, der das Buch vom Philosophen verschwinden hat lassen. (gemeint ist Aristoteles’ Schrift »Über die Komödie«.)
    Umberto Eco hat in seinem Roman eindrucksvoll dargestellt, welch gefährliche Dimension die Kirche dem Lachen zugemessen hat.
    Aber: Verlangt nicht grade die Ausweglosigkeit nach seelischer Entlastung, nach einem Ausweg, den Kummer loszuwerden? Sind vielleicht Humor und glauben zwei Optionen ein und derselben Strategie, mit dem ganzen Schlamassel in dieser Welt irgendwie fertig zu werden? Humor und glauben zwei Möglichkeiten, um sich seelische Erleichterung zu verschaffen?
    Humor braucht einen Anlass, eine existenzielle Notlage, um sich entfalten zu

Weitere Kostenlose Bücher