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Bis hierher und weiter - Mit allen Nockherberg-Reden von Bruno Jonas

Titel: Bis hierher und weiter - Mit allen Nockherberg-Reden von Bruno Jonas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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festgestellt, dass Johannes Paul sich hinreißen ließ, seine Überlegungen zum Humor - ganz unbayerisch - in insgesamt 55 Paragrafen festzuhalten. Vielleicht mit der Absicht, deutsche Juristen für das Thema zu gewinnen. Was ihm aber nicht gelungen ist, weil von denen bis heute eine umfassende Arbeit zum Humor nicht einmal ansatzweise vorliegt. Vielleicht aber wählte der Paul die Paragrafenform auch nur, um damit ein humoristisch-satirisches Signal im romantischen Deutschland Anfang des 19. Jahrhunderts zu setzen.
    Der § 33 der Paul’schen Vorschule der Ästhetik ist überschrieben: Die vernichtende oder unendliche Idee des Humors.
    »Der Humor, indem er das Endliche durch den Kontrast mit der Idee vernichtet, offenbart die Torheit der Welt, ›erniedrigt das große‹ und ›erhöhet das Kleine‹.«
    »Der Humor, als das umgekehrt Erhabene, vernichtet nicht das Einzelne, sondern das Endliche durch den Kontrast mit der Idee.«
    Ich habe es geahnt, dass Sie diese treffende Definition ohne Schmunzeln zur Kenntnis nehmen. Das macht sprachlos, wenn man so klar Formuliertes serviert bekommt, gell?
    Vielleicht verstehen wir Pauls gedanken besser, wenn wir bedenken, dass Jean Paul lange Zeit seines Lebens in Wunsiedel verbringen musste und wöchentlich Ausschau hielt nach dem Bierwagen, der aus Kulmbach kommen sollte und sich wohl des Öfteren verspätetet hat. Beim Warten, auf den Sims seines Fensters gelehnt, sind ihm wohl solche schönen Sätze gelungen.
    Was will er uns damit sagen? Er will damit sagen, dass es nichts Einzelnes gibt für den Humor, keine Torheiten, keine einzelnen Toren, es gibt nur Torheit, und die Welt ist voller Torheit. Der Humor weiß, dass es in der Summe viele einzelne Dummheiten in allen Bereichen des menschlichen Lebens gibt, aber auch in den Dingen, mit denen sich die Menschen abgeben, im Denken, in den gegenständen, mit denen sich das menschliche Denken beschäftigt, überall ist generell nur Torheit. Einen Humormenschen interessiert die einzelne Narrheit nicht - er ist so weit in seiner Weisheit fortgeschritten, dass er die Torheit der Welt erkannt hat und diese Welt in den Kontrast setzt zur Unendlichkeit - zur Idee, zu der im Abgleich mit der Endlichkeit der Welt »alles gleich ist und nichts«.
    Was bedeutet das nun in Bezug auf unsere glaubenstätigkeiten hier in dieser weltlichen Endlichkeit? Wenn wir Jean Paul folgen, dann müssen wir auch den glauben und die Summe aller gläubigen (weil das Einzelne den Humor nicht interessiert) in die Torheit mit einbeziehen. Um es klar zu sagen: Der glaube ist auch gegenstand des Humors! Und wird in seiner Endlichkeit im Kontrast mit dem Unendlichen seiner gerechten Lächerlichkeit zugeführt (gemäß § 32 ff. J. Paul, »Vorschule der Ästhetik«).
    Mit seiner »Vorschule der Ästhetik« hat der Paul natürlich aufhorchen lassen. So auch einen gewissen Karl Wilhelm Ferdinand Solger, ein gelehrter, der in Sachsen und Berlin Professor war für Jura und Philosophie - nicht alt geworden der Mann (1780-1819). Der sagt:
    »Im Humor geht die Idee in die Wirklichkeit als Wirklichkeit über, und zwar im gefühl eines Mangels, das Sehnsucht ist.«
    Humor wird von Solger als Ideenumwandler gesehen, dem Humor wird eine Kraft zugemessen, eine Fiktion real werden zu lassen. Und zwar manifestiert sich im Humor ein gefühl des Mangels, also das, was abgeht beziehungsweise fehlt, und dadurch kommt es vermutlich zu einer Überlagerung des Mangels mit Sehnsucht; der Humor sehnt sich nach Aufhebung des Mangels.
    Der Solger hat den Paul auch gelesen, er sagt im grunde genommen das gleiche, aber anders, leider nicht so unverständlich wie der Paul.
    Weiter meint er:
    »Die Sehnsucht nach dem Ewigen, nach der Idee muss daher dem Humor immer inne beiwohnen.«
    Also: Wer Sehnsucht nach dem Ewigen hat und sich dabei komisch vorkommt, hat Humor.
    Der aufmerksame Humorfreund kann beim Lesen solcher Erkenntnisse schon leicht religiöse Anklänge ausmachen. Humor fällt bei Solger auf ehrfürchtigen Boden. Solger stellt auch das Vergleichen ins Zentrum seiner Theorie. Humor kontrastiert die ewige Idee mit der endlichen Wirklichkeit. Das hat Paul aus Wunsiedel auch schon festgestellt. Wer weiß, auf was für einen Bierwagen der Solger gewartet hat?
    Der glaube an die Idee muss dem Humor beiwohnen. Das heißt, Atheisten, die an nichts glauben, können keinen Humor haben, ihnen bleibt nur der Zynismus.
    Um die Theorie ein wenig aufzulockern, habe ich jetzt noch einen Witz

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