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Bis in alle Ewigkeit

Bis in alle Ewigkeit

Titel: Bis in alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Daschkowa
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sich an, ging zum Frühstück ins Esszimmer, aß ein Stück Kringel mit Butter und Kaviar und trank ein Glas süßen Tee mit Sahne. Agapkin bemerkte, dass Tanjas Augen feucht wurden, als sie ihren Bruder ansah. Am Tisch saß fast der alte Wolodja, mit seinen düsteren Scherzen und Spötteleien, nur dass er sehr dünn und blass war.
    »Sag mal, ist es wahr, dass Doktor Botkin Kakerlaken getrocknet und einen Sud daraus als harntreibendes Mittel benutzt hat?«, fragte er seinen Vater.
    »Ja, so hat er die Wassersucht behandelt.«
    »Sehr schön. Und ist es wahr, dass dein Freund Metschnikow zweimal versucht hat, sich umzubringen, und dann jedem ein Stück Mastdarm herausschneiden wollte?«
    »Ilja Iljitsch ist letzten Sommer in Paris gestorben. Am fünfzehnten Juli. Papa war sehr traurig, dass er nicht zur Beerdigung fahren konnte. Also hör bitte auf«, sagte Tanja.
    »Verzeih. Trotzdem, eure Medizin ist etwas ausnehmend Scheußliches.«
    Tanja stand plötzlich auf, ging um den Tisch herum und küsste ihn auf den Kopf.
    »He, Schwesterchen, das ist eine Verwechslung. Heb dir deine Zärtlichkeiten für Oberst Danilow auf. Oder gib lieber Fjodor einen Kuss. Siehst du, wie er guckt? Er muss gleich zum Nachtdienst, also gib ihm deinen Segen.«
    Tanja lächelte, trat zu Agapkin und küsste ihn auf die Wange.
    Den ganzen Tag musste Wolodja kaum husten, der Schmerz in der Brust hatte nachgelassen. Am Abend stieg die Temperatur ein wenig, auf 37,5 Grad. Er schlief früh ein, die Nacht verlief ruhig.
    Am nächsten Morgen kam Agapkin vom Nachtdienst zurück und sank ins Bett. Um zwei Uhr weckte ihn ein Klopfen an der Tür.
    »Fjodor Fjodorowitsch, wachen Sie auf, ein Unglück!«
    Er sah die Blutflecke auf der weißen Schürze der Pflegerin, stürzte zu Wolodja und hörte ihn krampfhaft husten. Sweschnikow und Tanja waren im Lazarett. Andrej war noch nicht aus dem Gymnasium zurück.
    Wolodja hatte eine Lungenblutung. Agapkin forderte die Pflegerin auf, im Lazarett anzurufen, und machte sich daran, die Blutung mit allen verfügbaren Mitteln zu stoppen.
    »Die Leitung ist tot!«, rief die Pflegerin erschrocken aus dem Flur.
    »Nehmen Sie eine Droschke, fahren Sie sie holen. Im Flur hängt mein Mantel, in der Innentasche ist mein Portemonnaie. Nehmen Sie sich heraus, was Sie brauchen.«
    Wolodja keuchte. Die Blutung wurde nicht schwächer. Seine Fingernägel waren schon blau. Der Puls war kaum noch zu spüren. Als Agapkin eine neue Ampulle anbrach, sagte Wolodja plötzlich klar und deutlich: »Du verlierst Zeit.«
    Agapkin warf einen Blick auf die blutbeschmierten Lippen, die eingefallenen Augen, die spitze Nase, ließ die Ampulle fallen und rannte ins Labor.
    Er brauchte nur zehn Minuten, um die Lösung herzustellen. Doch als er zurückkam, atmete Wolodja nicht mehr. Der Puls war tot. Agapkin drückte ein paarmal mit beiden Handflächen auf den Brustkorb und versuchte durch ein TaschentuchMund-zu-Mund-Beatmung. Dann begriff er, dass das alles vergebens war.
    Das Zimmer verschwamm vor seinen Augen. Er schaute verwirrt um sich. Alles drehte sich, als stünde er mitten in einem rasenden Karussell. Nur ein Gegenstand blieb regungslos und fesselte Agapkins Blick. Das dunkle Glasfläschchen auf dem kleinen Tisch neben dem Bett. Langsam, wie ein Schlafwandler, rollte Agapkin seinen linken Ärmel auf, füllte eine Spritze mit der trüben weißlichen Flüssigkeit aus dem Fläschchen, zog mit den Zähnen den Abbindegummi fest und stach sich die Nadel in die geschwollene Vene in der Armbeuge.
Moskau 2006
    Sofja tastete auf dem Nachtschrank neben ihrem Bett nach dem Mobiltelefon, öffnete die Augen und las die SMS.
    »Guten Morgen! Wie hast du geschlafen? Was hast du geträumt?«
    Petja, der glückliche Ehemann und Vater, ließ sie einfach nicht in Ruhe. So hatte er sie früher begrüßt, auf dem Höhepunkt ihrer schönen Romanze. Sie schloss die Augen und wollte noch zehn Minuten schlafen, doch das Telefon klingelte erneut.
    »Der Alte A. hat recht. Du siehst T. M. S. ähnlich.«
    Die Nachricht war von Nolik. Sofja seufzte, setzte sich auf und schrieb: »Was soll das jetzt?«
    »Statt guten Morgen«, antwortete Nolik.
    Sie lächelte, wählte seine Nummer und sagte ärgerlich: »Damit du’s weißt, ich schlafe noch.«
    »Und ich arbeite schon. In einer Viertelstunde muss ich einsprechen. Hör mal, vielleicht solltest du dir wirklich die Haare wachsen lassen?«
    »Arnold, warum trinkst du schon am frühen Morgen?«
    »Also bitte, Knolle,

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