Bis in alle Ewigkeit
beleidige mich nicht. Ich bin nüchtern und munter. Ich trinke überhaupt seit einer Woche nur Kaffee, Tee und Wasser. Und du packst wahrscheinlich heute deine Koffer?«
»Nein. Heute muss ich ins Institut, ich hab noch eine Menge zu tun.«
»Ich auch. Man hat mir eine Rolle in einer Reihe von Werbeclips angeboten. Rat mal, was ich machen soll?«
»Eine weiße Bluse mit Ketchup bekleckern?«
»Nein! Schokolade futtern und dahinschmelzen vor Glück. Das wird die Einnahmen des Schokoladenimperiums, das dein lieber, gebildeter Petja geheiratet hat, bestimmt beträchtlich erhöhen.«
»Scher dich zum Teufel!«, blaffte Sofja und wollte die Verbindung abbrechen, als sie hörte: »Warte, Sofie, nicht abschalten! Ich wollte dir eigentlich sagen, dass du sehr schön bist, das aber leider vollkommen ignorierst. Ich werde Petja nie mehr erwähnen. Entschuldige bitte.«
»Schon gut, entschuldige du auch.«
Sofja legte das Telefon beiseite, stand auf, warf sich einen Bademantel über und ging in die Küche. Ihre Mutter kochte Kaffee.
»Du fliegst übermorgen, dein Flug geht am Abend«, sagte ihre Mutter. »Hier sind deine Papiere, sie wurden vor einer halben Stunde gebracht. Ich wollte dich nicht wecken.«
»Ja, danke, Mama.«
»Weißt du, ich habe in den Schrank geschaut, du hast ja keinen anständigen Koffer, aber selbst wenn du einen hättest, du hast absolut nichts zum Einpacken.«
»Hmhm.« Sofja nickte und ging ins Zimmer ihres Vaters.
Sie wählte einige Fotos aus und musterte wohl zum zehntenMal das Gesicht von Tanja, ging sogar zum Spiegel, betrachtete sich von allen Seiten, konnte aber keine Ähnlichkeit entdecken.
»Was heißt ›hmhm‹?« Ihre Mutter stand auf der Schwelle und sah Sofja drohend an. »Ist dir klar, dass du außer den Stiefeln, die ich dir mitgebracht habe, kein einziges anständiges Kleidungsstück besitzt?«
»Mama, sagt dir der Name Danilow etwas?«, fragte Sofja nachdenklich.
Ihre Mutter runzelte die Stirn und schwieg eine Weile.
»Nein, ich kenne niemanden, der so heißt. Obwohl der Name ja relativ verbreitet ist. Wieso?«
»Dieser seltsame Greis hat Papa Dmitri Michailowitsch Danilow genannt.«
»Wahrscheinlich hat er sich versprochen. Apropos, wie geht es ihm? Du wollest gestern nichts mehr erzählen, bist gleich schlafen gegangen. Ist er wirklich so alt?«
»Ja, wirklich. Aber er ist eine lebende Mumie.«
»Über die Fotos hat er dir natürlich nichts Interessantes mitgeteilt?«
»Nein. Er hat nur gesagt, ich würde dieser jungen Frau sehr ähnlich sehen, Tanja, der Tochter von Sweschnikow.« Sofja reichte ihrer Mutter das Foto.
»Ja, da ist tatsächlich etwas dran. Wenn du dir die Haare wachsen lassen und sie so frisieren würdest.«
»Was habt ihr nur alle mit meinen Haaren? Sieh doch mal hin, sie ist eine Schönheit, und ich?«
»Warum regst du dich so auf? Beruhige dich bitte. Sonst hat dir dieser Alte nichts Interessantes erzählt?«
»Nein. Aber er hat versprochen, ich würde alles selbst erfahren, in Deutschland.«
»Was – alles?«
»Keine Ahnung.« Sofja gähnte. »Ich war nach dem Besuch bei ihm gestern wirklich furchtbar erschöpft.«
»Worüber habt ihr denn so lange geredet?«
»Er hat mich angefleht, Eis zu essen, hat geklagt, er dürfe gar nichts mehr, und seine einzige Freude sei, anderen zuzuschauen, wie sie etwas essen, das er mag.«
»Aber du darfst doch auch kein Eis essen, du warst gerade krank. Ich hoffe, du hast abgelehnt?«
»Natürlich.« Sofja küsste ihre Mutter und ging ins Bad.
Unter der Dusche begann sie plötzlich zu singen Love me tender, love me sweet und sang noch immer, als sie in die Küche zurückkam. Ihre Mutter lachte leise und schenkte ihr Kaffee ein. Erst nach der letzten Strophe des alten Elvis-Presley-Schlagers machte sich Sofja über den Joghurt her.
»Nicht übel«, sagte ihre Mutter, »auch wenn die Melodie nicht ganz stimmt. Außerdem krächzt du, das kommt vom Rauchen. Und nun sei so gut und wirf einen Blick auf deine Tickets. Businessclass, wie du siehst. Und hier ist noch Bargeld, tausend Euro. Komisch, sie wollten gar keine Quittung. Aber jetzt sag bitte noch mal – was hat der Alte über Deutschland gesagt? Was sollst du dort erfahren?«
Die Mutter schenkte Sofja Kaffee nach. Sofja begegnete ihrem misstrauischen, beunruhigten Blick und versuchte zu lächeln, brachte aber nur eine gequälte Grimasse zustande.
»Ehrlich gesagt habe ich kein Wort verstanden. Vielleicht hat er einfach phantasiert, vor sich hin
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