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Bis in alle Ewigkeit

Bis in alle Ewigkeit

Titel: Bis in alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Daschkowa
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gekleidete junge Dame und schaute sich verwirrt um. Agapkin sprang aufs Fensterbrett, steckte den Kopf durch das Lüftungsfenster und rief leise: »Anna Matwejewna!«
    Die Dame hielt ihren Hut fest und legte den Kopf in den Nacken. Sina schleppte sich zum Fenster und drückte das Gesicht gegen die Scheibe. Die Dame trat einen Schritt vor, stellte sich auf Zehenspitzen und versuchte, das Fenster zu berühren, schaffte es aber nicht.
    »Sinuschka, mein Gott!«, hörte Agapkin sie sagen.
    »Lassen Sie den Kutscher auf den Hof fahren, zum Hintereingang. Warten Sie dort!«, rief Agapkin.
    Das Kind wachte auf und fing an zu weinen. Agapkin nahm es auf den Arm. Sina hatte keinerlei Kleider bis auf einen Hauskittel, Hausschuhe und ein Wolltuch. In das Tuch wickelten sie das Mädchen, Sina hüllte Agapkin in seinen Mantel. Das Gehen fiel ihr schwer. Sie hinterließ Blutspuren auf dem Fußboden. Als sie in den Flur traten, hörten sie einen Schlüssel im Schlüsselloch knirschen. Aber das war nun egal. Während Chudolej sich in der Diele auszog, erreichten sie die Küche und gingen auf die Hintertreppe hinaus.
    »Fjodor Fjodorowitsch fährt mit uns. Ohne ihn wäre ich gestorben. Wir müssen etwas auf den Sitz legen, ich blute stark. Bitte, Anna, stell keine Fragen, weder ihm noch mir, ich erzähle dir alles später. Sieh nur, wie schön sie ist!«
    Sie hielten vor einer zweistöckigen Villa im englischen Stil in der Großen Nikitskaja.
    »Holen Sie einen guten Spezialisten für Sina, er soll sie und das Mädchen untersuchen«, sagte Agapkin zum Abschied, »ich bin kein Geburtshelfer, ich bin Militärchirurg. Das war meine erste Entbindung. Meiner Ansicht nach ist alles in Ordnung. Sina, wie wirst du das Mädchen nennen?«
    »Ich weiß nicht. Das habe ich noch nicht entschieden. Wieso?«
    »Nenn es Tatjana. Und lade mich zur Taufe ein.«
    Agapkin war von völlig neuen, heißen Gefühlen erfüllt. Viele Male in seinem sehr langen Leben dachte er später an diese wenigen Stunden, an die Schneesturmnacht und den sonnigen Tag Ende Dezember 1916 zurück. Nie wieder hatte eine Tat ihm das Glück beschert, sich so stark, edel und selbstlos zu fühlen. Weder vorher noch danach war ihm etwas Derartiges passiert.
    Wenn Tanja davon erfahren, wenn sie das alles gesehen hätte, wäre sie stolz auf mich gewesen und hätte ihren Oberst vergessen.
    Doch er konnte niemandem davon erzählen außer Wolodja.
    Wolodja ging es schlecht. Der Husten drohte ihn zu ersticken, das Fieber wollte nicht sinken. Der Anbruch des neuen Jahres 1917 wurde in der Familie Sweschnikow nicht gefeiert. Zum ersten Mal seit vielen Jahren gab es keinen Tannenbaum, keine Geschenke, keinen Champagner.
    Anfang Januar redete ganz Moskau über die Ermordung Rasputins. Die Täter waren angeblich Purischkewitsch, Fürst Felix Jussupow und Großfürst Dmitri. Zuerst hätten sie ihn vergiftet, dann angeschossen und noch lebend in die Newa geworfen, unters Eis, doch er sei wieder aufgetaucht, habe das Eis durchbrochen und sei beinahe ans Ufer gekrochen, so dass sie erneut schießen mussten.
    »Nichts als Gerüchte«, winkte Sweschnikow ab, »er wurde schon so oft angeblich getötet.«
    »Diesmal ist es wahr, Papa«, sagte Tanja, »es steht in den Zeitungen, im Lazarett reden alle darüber. Schon am ersten Januar wurde sein Leichnam aus der Newa gefischt.«
    Sweschnikow las selten Zeitung, und jetzt rührte er überhauptkeine mehr an. Die Lazarettgespräche überhörte er. Er lief mit aschgrauem Gesicht herum, versammelte mehrfach Konsilien bei sich zu Hause, die besten Lungenärzte untersuchten Wolodja, verschrieben ihm Medikamente, gaben Ratschläge. Alles vergebens. Es blieb nur die schwache Hoffnung, dass der junge Organismus selbst mit der Krankheit fertigwurde.
    Wolodjas Zimmer war zum Hospital geworden. Agapkin war in das kleine Zimmer neben dem Labor umgezogen, verbrachte aber die meiste Zeit, wenn er nicht im Lazarett arbeitete, bei Wolodja. Renata besuchte ihn kein einziges Mal und rief nie an. Auch Chudolej ließ nicht von sich hören.
    »Nach deinem Streich ist er wahrscheinlich aus Moskau verschwunden. Vielleicht hat er Renata und Syssojew mitgenommen. Sie sind ja für seine hypnotischen Tricks sehr empfänglich.«
    »Das waren wir doch auch«, erinnerte ihn Agapkin, »du hast mich zu ihm gebracht.«
    Wolodja lächelte schwach und schüttelte den Kopf.
    »Das sind alles alberne Spiele, aber ich fand es ohne sie langweilig.«
    »Und Renata?«
    »Nichts Ernstes.«
    »Er

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