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Bis in alle Ewigkeit

Bis in alle Ewigkeit

Titel: Bis in alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Daschkowa
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Nolik? Der würde es überleben, schließlich war er nicht ihr Mann und nicht ihr Sohn.
    Sie würde endlich eine Weile im Ausland leben, in einem komfortablen, sauberen Labor mit ausgezeichneten neuesten Geräten arbeiten und dafür angemessen bezahlt werden. Es war alles richtig. Sie hatte es verdient.
    »Sie werden Sie bearbeiten, Sie bearbeiten Sie jetzt schon. Trauen Sie ihnen nicht! Denken Sie selbst nach. Nur Sie allein können entscheiden, nur Sie.«

Zehntes Kapitel
    Die gesamten letzten Jahre hatte Bim, Boris Iwanowitsch Melnik, der Suche nach Geld für seine Forschungen widmen müssen.
    Früher hatte er sich darum keine Gedanken gemacht. Er war ausgekommen mit seinem Gehalt, erst als Assistent, dann als wissenschaftlicher Mitarbeiter, und sein Gehalt als Laborleiter war ihm anfangs sogar mehr als üppig erschienen.
    Er und seine Frau waren ein bescheidenes Leben gewöhnt. Kinder hatten sie keine. Sie reisten nicht in teure Urlaubsorte, machten lieber Kanutouren, fuhren durch Karelien, zum Angeln an den Seliger-See und übernachteten im Zelt. Ein Abendessen am Lagerfeuer im Wald fanden sie weit angenehmer und gesünder als in einem teuren Restaurant.
    Alles, was er für seine Arbeit brauchte, stellte ihm der Staat zur Verfügung. Er wäre nie auf die Idee gekommen, nachzurechnen, wie viel eine neue Laborausrüstung kostete, das war Sache der Abteilung für Materialwirtschaft. Wenn in einem Institutsgebäude die Wasserhähne tropften, rief der Verwaltungschef den Klempner. Ging eine Laborantin in Schwangerschaftsurlaub, kümmerte sich die Kaderabteilung um rechtzeitigen Ersatz.
    Melnik war zu Recht stolz auf seine Askese im Alltag. Er war ein echter, großer Wissenschaftler, ging ganz in der Forschung auf und setzte sich große Ziele. So große, dass er nicht einmalseinen engsten Freunden und Kollegen davon erzählen konnte. Erstens fürchtete er ihr skeptisches Lächeln, Neid und Konkurrenz. Zweitens wollte er jene kostbare schöpferische Energie, die ihn befähigte, zwölf Stunden am Tag zu arbeiten, mit Enttäuschungen und Misserfolgen fertigzuwerden und seelische Krisen zu überwinden, nicht mit leerem Gerede vergeuden.
    Begonnen hatte das Ganze vor sehr langer Zeit, als er gerade sieben war, mit einem phantastischen Kindertraum, mit den Zaubermärchen vom Wasser des Lebens und vom Wasser des Todes, von verjüngenden Äpfeln und siedenden Kesseln, aus denen gebrechliche Greise als Jünglinge herausstiegen.
    Mit siebzehn wusste Boris Melnik natürlich bereits, dass das Mythen waren, Märchen. Aber – kein Rauch ohne Feuer. Und dieser Rauch benahm ihm den Atem. Die ganze Geschichte der Menschheit schien mit diesem Rauch durchtränkt zu sein, irgendwo musste sich das geheime Feuer befinden.
    Je mehr er erfuhr, desto klarer sah er, wie eng Wissenschaft und Mythos, uraltes Wissen und moderne Entdeckungen miteinander verflochten waren. Ohne Astrologie gäbe es keine Astronomie. Ohne Hexer und Heilkundige wäre die Medizin nicht entstanden.
    Die Alchemie, die gemeinhin als Pseudowissenschaft galt, enthielt Wurzeln der Medizin und der Biologie. Die moderne Physik hatte erst vor kurzem die Elementarteilchen entdeckt, hatte gelernt, ein Element in ein anderes umzuwandeln und Stoffe herzustellen, die in der Natur selten vorkamen, zum Beispiel Plutonium. Die Alchemisten hatten in ihren Laboratorien schon vor Jahrhunderten Ähnliches getan und das als Transmutation bezeichnet.
    Nie hatte er es laut geäußert, aber er wusste, dass der Stein der Weisen existierte. Aber blubbernde Retorten, Schwefel, Quecksilber und künstliches Gold hatten nichts damit zu tun. Sie warennur bunte Dekorationen, Ablagerungen der Mythen, hinter denen das uralte Geheimnis sicher verborgen war. Es war kein Stein, sondern etwas ganz anderes, etwas Lebendiges, aus Fleisch, aus Zellen. Nichts war komplizierter und geheimnisvoller als das Leben. Das Geheimnis der Ewigkeit lag im Leben selbst, nicht außerhalb davon.
    Selbstverständlich hatte Boris Melnik nicht vor, Alchemist zu werden. Das wäre in seiner Jugend, Ende der fünfziger Jahre, auch unmöglich gewesen. Er absolvierte mit Glanz ein Biologiestudium, verteidigte seine Promotion, dann seine Habilitation.
    Er wusste alles über die lebende Zelle: wie sie aufgebaut war, wie sie sich unter verschiedenen Bedingungen verhielt, wie sie auf äußere Einwirkungen reagierte, wie sie entstand und wie sie starb. Dennoch wusste er nichts, denn die wichtigsten Fragen konnte er nicht beantworten:

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