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Bis in den Tod hinein

Bis in den Tod hinein

Titel: Bis in den Tod hinein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincent Kliesch
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verbrannt, ihr eigenes Leben riskiert, das soziale Netz ausgenutzt, Tiere gequält und einander angelogen. Ich finde, er sollte sich jetzt langsam mal für jemanden interessieren, der seine Mitmenschen materiell oder auch körperlich schädigt. Durchstöbern Sie die Zeitungen doch mal nach Gewaltverbrechern aus Berlin. Möglichst Mehrfachtäter, die findet er am interessantesten. Und sie sollten älter als dreißig sein, das waren seine Opfer bisher alle. Mit dieser Altersgruppe identifiziert er sich, weil er ihr selbst angehört.«
    Boesherz schien mit Bartholys Antwort nicht zufrieden zu sein. Mit einem Blick, als habe er sie soeben auf die Probe gestellt, ging er einen Schritt auf sie zu und sagte: » Das war nicht die Antwort, die ich gemeint habe.«
    Bartholy erkannte nun, worauf Boesherz eigentlich angespielt hatte.
    » Natürlich, entschuldigen Sie. Also, ich bevorzuge etwas leichtere musikalische Unterhaltung als die Oper. Waren Sie schon mal in einem Musical? Im Theater des Westens läuft Tanz der Vampire. Das ist gleich neben dem Bahnhof Zoo. Vielleicht haben Sie ja Lust, mal mit mir da hinzugehen?«
    Boesherz betrachtete noch einmal Linda Bartholys Foto auf dem Buchcover und lächelte charmant, als er antwortete: » Ach wissen Sie, ich habe ja sogar schon Bärbels Currywurst überstanden. Also, möglicherweise könnte ich mich auf dieses musikalische Abenteuer einlassen. Zunächst denke ich aber, dass wir es bei einem Glas Wein belassen sollten. Heute Abend bei mir?«
    Bartholy schien überrascht.
    » Für so etwas haben Sie Zeit?«
    » Vielleicht entwickeln Sie ja einfach bis dahin ein präzises Täterprofil von Jack. Dann wäre das Treffen dienstlich.« Und nachdem er seine Uhr aus der Westentasche gezogen, sie geöffnet und die Zeit überprüft hatte, fügte er hinzu: » Hauptsache, Sie ziehen sich nicht allzu dienstlich an.«

25
    » Schön haben Sie es hier. Sehr ordentlich.«
    Sonja Wendorff hatte noch vor der Haustür ihre Schuhe ausziehen müssen. Eilig war sie mit ihren unterkühlten Füßen in die Pantoffeln geschlüpft, die Anselm ihr gereicht hatte. Nun sah sie sich mit großen Augen in dem außergewöhnlich gepflegten Eingangsbereich um.
    » Wie alt ist das Haus?«
    » Einhundertachtundsechzig Jahre«, antwortete Anselm, während er mit Gesten versuchte, Sonjas Aufmerksamkeit von dem Kübel abzulenken, den er mitten im Flur abgestellt hatte. » Ich habe leider nicht viel Zeit, aber für einen Kaffee reicht es noch. Folgen Sie mir doch bitte.«
    Anselm führte seinen Gast durch das Wohnzimmer hindurch, wobei er die wichtigsten Möbelstücke, Gemälde und Kunstgegenstände aus der Familiensammlung der Drexlers mit wenigen Worten vorstellte. Die ehemalige Terrasse hatte Paul Drexler schon vor einiger Zeit zu einem Wintergarten umbauen lassen. Sein Sohn hatte ihn dazu gedrängt, denn Anselm saß nicht gern im Freien. Die Natur mit ihren Fliegen, Laubblättern und Vögeln ließ sich nicht kontrollieren, und Anselm hasste diesen Umstand.
    » Der Chef hat mit mir gesprochen«, begann Sonja, nachdem sie sich nach einigem unverfänglichen Small Talk schließlich gesetzt hatten. Anselm hatte seinem Gast und sich zuvor eine Tasse Kaffee aus der Küche geholt. » Er sagt, Sie hätten ein paar Vorschläge, wie ich meine Arbeit noch besser machen könnte.«
    Drexler war überrascht. Er hatte nicht ernsthaft darauf gehofft, dass seine Beschwerde tatsächlich zu einer Reaktion führen würde. In diesem Punkt war er schon viel zu oft enttäuscht worden. Dass es sein Vorgesetzter nun aber offenbar verstanden hatte, sich des Problems erfolgreich und allem Anschein nach auf diplomatische Weise anzunehmen, überraschte ihn.
    » Es steht mir ganz sicher nicht zu, Sie zu kritisieren, aber mir scheint, Sie beschränken Ihre Tätigkeit auf das Suchen nach Tippfehlern«, begann er nun, während er seinen Löffel aus dem Kaffee nahm, ihn mit seiner Serviette abtrocknete und ihn dann vorsichtig auf der Untertasse ablegte. » Die Arbeit, die man Ihnen anvertraut hat, wird heutzutage gern unterschätzt. Wir gehören möglicherweise zu einer aussterbenden Gattung, und das sollten Sie nicht als Bürde, sondern als Privileg sehen.«
    Sonja hatte ihren Kaffee ebenfalls umgerührt und zog jetzt auch ihren Löffel aus der Tasse.
    » Mein Großonkel sagt immer, es gibt keine unwichtigen Arbeiten«, entgegnete sie, während sie ihren Löffel auf der Untertasse ablegte, ohne ihn zuvor mit ihrer Serviette gesäubert zu haben. » Was

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