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Bis in den Tod hinein

Bis in den Tod hinein

Titel: Bis in den Tod hinein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincent Kliesch
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nicht kann. Sagen wir, er würde eigentlich gern seine verhasste Mutter umbringen. Entweder lebt die Mutter aber schon gar nicht mehr, oder es wäre dem Sohn aus anderen Gründen schlicht nicht möglich, sie zu töten. In solchen Fällen kommt es manchmal vor, dass Männer Frauen ermorden, die sie an ihre Mutter erinnern.«
    » Das bedeutet aber auch, dass diese Killer niemals auf die Idee kommen würden, ihren Briefträger zu ermorden«, setzte Boesherz den Gedanken fort und nahm beiläufig einen der in Folie eingeschweißten Kekse, die neben der Thermoskanne auf einem Tablett lagen. Seine Augen flogen dabei über die Danksagung am Ende des Buches.
    » Es sei denn, der Briefträger ähnelt seiner Mutter! Ich merke, Sie beginnen sich mit dem Thema auszukennen.«
    » Ich bemühe mich, Frau Expertin«, entgegnete Boesherz charmant, legte das Buch beiseite und versuchte dann vergeblich, den eingeschweißten Keks aus seiner Verpackung zu bekommen. » Wissen Sie, im Rheingau trifft man nicht allzu oft auf Serienmörder. Da kann man schon froh sein, wenn überhaupt mal irgendjemand einen Mord begeht.«
    Bartholy überlegte kurz, wie sie reagieren sollte. Schließlich antwortete sie: » Mögen Sie mich deshalb nicht? Weil Ihre Chefin mich Ihnen bei Ihrer ersten echten Serienkillerjagd zur Seite gestellt hat? Haben Sie Angst, die Lorbeeren teilen zu müssen?«
    Endlich hatte Boesherz es geschafft, die Packung zu öffnen. Mit einem Ruck zog er die Folie auseinander, wobei der Keks in mehrere Teile zerbrach, von denen einige zu Boden fielen.
    » Ich kann wohl davon ausgehen, dass Sie ohnehin planen, die Lorbeeren für sich allein einzuheimsen. Am Ende der Danksagung stellen Sie ein weiteres Buch in Aussicht. Sie wollen über Jack schreiben, wenn das hier überstanden ist, oder?«
    Bartholy lächelte verlegen.
    » Um ehrlich zu sein, ja. Der Fall reizt mich schon sehr, und ich habe mich noch in keinem meiner Bücher mit nur einem einzigen Serienmörder auseinandergesetzt. Und jetzt bin ich an dessen Ergreifung auch noch persönlich beteiligt. Bisher bin ich ja immer erst ins Spiel gekommen, wenn die Killer schon gefasst waren. Jetzt live dabei zu sein, wie es passiert, darauf Einfluss zu haben– das ist schon was Besonderes für mich. Muss ich zugeben.«
    » Sie genießen das. Es verschafft Ihnen einen Kick.«
    Linda Bartholy spürte, dass das Eis zwischen ihr und Boesherz langsam zu schmelzen begann. Mit einem Zwinkern antwortete sie daher: » Sie wissen doch, was die Menschen immer über Psychologen sagen: Die sind alle selbst verrückt. Na ja, da muss wohl was dran sein.« Als sie den skeptischen Blick ihres Gegenübers bemerkte, fügte sie selbstbewusst hinzu: » Seien Sie doch froh: Motivierte Mitarbeiter sind die besten!«
    » Im Gegensatz zu übermotivierten«, antwortete Boesherz und bückte sich nach den heruntergefallenen Krümeln. » Warum nehmen Sie eigentlich an, dass ich Sie nicht mag?«
    » Ich hatte das Gefühl, subtile Zeichen gedeutet zu haben.«
    » So subtil wie Ihre Tuscheleien mit meiner Kollegin?«
    Bartholy konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.
    » Frau Holzmann hat sich nur in den höchsten Tönen über Sie geäußert!«, versicherte sie dem Kommissar.
    Boesherz legte jetzt nicht nur die aufgehobenen Kekskrümel auf einer Untertasse ab, sondern auch gleich den Rest des Gebäcks. Allein der künstliche Geruch beim Öffnen der Packung hatte ihm die Lust auf den Verzehr des Gebäcks verleidet.
    » Sie haben über meine Kleidung gesprochen und darüber, dass ich gern Opern höre«, stellte er dabei fest. » Ihre Blicke sind gleichzeitig erst zu meiner Krawatte, dann zu meinem Mantel gegangen, danach hat Olivia ihren Blick von mir abgewandt und Ihnen etwas ins Ohr geflüstert, auf das hin Sie für zwei Sekunden lautlos gesungen haben, vermutlich, ohne es selbst zu merken. Eine Passage aus der Zauberflöte ?«
    Bartholy nickte fasziniert.
    » Papagenos Arie vom Vogelfänger, woher wissen Sie das?«
    » Die Wahrscheinlichkeit war am höchsten. Die Zauberflöte kennt jeder, der sonst keine Opern kennt. Welche Musik bevorzugen Sie denn?«
    Linda Bartholy fiel auf, dass in der Frage ein Unterton von freundlicher Annäherung mitschwang. Sie entschied sich jedoch, dies zunächst zu ignorieren. Entschlossen stellte sie ihre Wasserflasche ab und wechselte demonstrativ den Tonfall, als sie wieder auf Jack zu sprechen kam.
    » Fangen wir mit der Nazipistole an. Fast jeder Serienmörder ist das Produkt schwerer

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