Bis in den Tod
darüber reden und mich dann bei euch melden. Ich schätze, dass ihr die Party so bald wie möglich steigen lassen wollt.«
»Genau.«
»Ich werde mich bei euch melden«, wiederholte sie.
»Danke, Dallas.« Leonardo beugte sich zu ihr herab und küsste sie glücklich auf die Wange. »Und jetzt hauen wir ab und lassen dich in Ruhe.«
»Sie wird sicher ein Superstar werden«, kam Jess’ Prophezeiung. »Sie braucht nur ein bisschen Starthilfe.« Er zog eine Diskette aus der Tasche und überreichte sie Eve. »Das hier ist eine Kopie von ihrer Demoaufnahme.« Eine extra für den Lieutenant präparierte Kopie. »Sie sollten sie sich mal in aller Ruhe anhören. Ich finde, wir haben unsere Sache wirklich gut gemacht.«
Sie dachte an Mavis und sah ihn lächelnd an. »Das haben Sie bestimmt. Ich höre mir die Lieder sicher bald mal an.«
Endlich allein, programmierte Eve den AutoChef auf einen Teller mit dampfenden Nudeln mit einer frischen Sauce aus selbst gezogenen Kräutern und Tomaten. Immer wieder fand sie es verblüffend, dass es anscheinend nichts gab, an das Roarke nicht herankam. Sie verschlang das Essen, ließ das Badewasser ein und gab ein wenig von dem Badesalz hinzu, das er in Paris für sie gekauft hatte.
Der volle, romantische Geruch rief die Erinnerung an ihre Hochzeitsreise wach. Eve versank in der riesengroßen Wanne und seufzte selig auf. Mach einfach mal den Kopf frei, sagte sie sich und schob die Wand vor der Kontrollpanele auf. Sie hatte die Demo-Diskette bereits in das Gerät im Schlafzimmer geschoben und auf den in der Wand eingelassenen Bildschirm im Badezimmer eingestellt.
Ein zweites Glas Weißwein in den Händen, räkelte sie sich wohlig in dem dampfend heißen, schaumgekrönten Wasser, schüttelte dann jedoch den Kopf. Was zum Teufel machte sie hier in diesem eleganten Haus? Eve Dallas, eine Polizistin, die durch eine harte Schule gegangen, die als namenloses Kind verlassen und misshandelt in einer dunklen Gasse aufgefunden worden war, nachdem sie einen Mord begangen hatte, der jahrelang aus ihrer Erinnerung verdrängt gewesen war.
Noch vor einem Jahr hatte sie sich nur bruchstückhaft an ihre Vergangenheit erinnert und einzig für ihre Polizeiarbeit gelebt. Sie hatte es sich zur Aufgabe gemacht, für die Toten einzutreten, und war gut in ihrem Job. Das hatte ihr genügt. Sie hatte dafür gesorgt, dass es genügte.
Bis sie Roarke begegnet war. Der Anblick des glitzernden Rings an ihrem Finger rief nach wie vor eine gewisse Verwirrung in ihr wach.
Er liebte sie. Er wollte sie. Er, der kompetente, erfolgreiche, rätselhafte Roarke, schien sie sogar zu brauchen. Was das größte Rätsel für sie war. Und da sich dieses Rätsel einfach nicht lösen ließ, würde sie es eventuell eines Tages lernen, schlichtweg zu akzeptieren, dass es tatsächlich so war.
Sie hob das Glas an ihre Lippen, sank ein wenig tiefer in das wohlig warme Wasser, drückte auf den Knopf der Fernbedienung und sofort brachen grellbunte Farben und ein ohrenbetäubendes Getöse über sie herein. Damit ihr Trommelfell nicht platzte, senkte sie eilig die Lautstärke. Dann wirbelte Mavis, exotisch wie eine Elfe, berauschend wie ein reiner, sorgsam gereifter Whiskey, über den Monitor. Das Kreischen, das aus ihrer Kehle drang, war seltsamerweise durchaus reizvoll und passte ebenso zu ihr wie die Musik, mit der Jess ihren Gesang untermalt hatte.
Heiß, verwegen, rau. Eben typisch Mavis. Doch während Eve die Klänge in sich aufnahm, wurde ihr bewusst, dass sowohl die Musik als auch Mavis’ äußere Erscheinung mehr Schliff hatten als je zuvor. Oh, Mavis hatte als Sängerin schon immer Ausstrahlung gehabt, plötzlich jedoch hatte sie regelrechtes Charisma.
Eve nahm an, das lag einfach an der guten Produktion. An der Orchestrierung. Daran, dass sie von jemandem mit einem Blick für rohe Diamanten entsprechend geschliffen und mit einer passenden Fassung versehen worden war.
Eve merkte, dass Jess in ihrer Achtung stieg. Vielleicht wirkte er, wenn er mit seiner komplizierten Konsole angab, wie ein vorlauter kleiner Junge, aber es war offensichtlich, dass er sich auf seine Arbeit tatsächlich verstand. Vor allem schien er Mavis zu verstehen. Er schätzte sie als die Frau, die sie war, für das, was sie wollte, und hatte einen Weg für sie gefunden, möglichst gut zu machen, was von jeher ihr Traum gewesen war.
Lächelnd hob Eve ihr Glas und sprach in Gedanken einen Toast auf ihre Freundin. Es sah tatsächlich ganz so aus, als
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