Bis ins Koma
Zimmerdecke.
»Ich meine«, beginnt Kilian zögernd, »mir täte es auch leid, wenn der Achmed das nicht schafft. Er will doch Pilot werden. Ohne Abi kann er das vergessen.«
»Geht dich das vielleicht einen Scheißdreck an!« Achmed springt auf und packt Kilians Kapuze, als wolle er ihn daran von seinem Stuhl hochziehen.
»Hey! Achmed! Lass ihn los! Bleib cool, ja! So läuft das hier nicht!«, sagt Marvel scharf. »Wir sind hier, weil wir für euer Problem eine Lösung finden wollen.«
Achmed lässt Kilian sofort los. Aber er setzt sich nicht wieder. Er bleibt stehen, schmollt wie ein kleiner Junge.
Kilian mustert Achmed von der Seite. »Ich würde ja mit ihm nachmittags den Stoff nachholen«, meint Kilian. »Würde mir echt nichts ausmachen. Ich hab schon manchmal Nachhilfe gegeben. In Mathe.«
Achmed lacht auf. »Du glaubst, ich zahl einem aus meiner
Klasse Geld? Damit er mit mir Hausaufgaben macht? Bist du doof?«
Kilian zuckt zusammen. Er presst seine Lippen zusammen, als würde er sie nie wieder aufmachen.
»Ich glaube nicht, dass Kilian Geld dafür will«, mischt Marvel sich vorsichtig ein. »Ich denke eher, Kilian würde sich freuen, wenn du dafür mal wieder mit ihm in den Tischtennisklub gehen würdest.«
Kilian errötet.
Achmed blickt kurz zu Kilian. Und wieder weg.
»Wo ist dieser Klub eigentlich?«, fragt Marvel, um die Verlegenheit zwischen den beiden zu überspielen.
»Friedrichstraße.« Das kommt wie aus einem Mund.
»Guter Klub?«, fragt Marvel.
Beide schauen sich kurz an, dann nicken sie.
»Hört sich irgendwie geil an«, grinst Marvel. »So als Idee. Ich meine: Der Kilian hilft Achmed, seinen Notendurchschnitt zu verbessern, und der Achmed trainiert dem Kilian beim Tischtennis ein paar Pfunde ab - und zeigt ihm, wie sein hammerharter Aufschlag geht.«
»Das brauch ich ihm nicht zu zeigen. Kilians Aufschlag ist mindestens genauso hammerhart«, entgegnet Achmed trocken.
Kilian errötet.
»Echt?«, fragt Marvel.
Achmed nickt.
»Also wäre Kilian gar kein schlechter Partner?«
Achmed zuckt mit den Schultern.
Kilian schweigt. Hin und wieder wirft er Achmed einen vorsichtigen Blick zu.
»Okay, Leute«, sagt Marvel und schaut von einem zum anderen. »Ihr könnt ja mal drüber schlafen. Kilian, du musst dir
überlegen, ob du dem Achmed die Sache mit der Hundekacke verzeihen kannst.«
»Klar kann ich das«, murmelt Kilian. »Aber nur, wenn er das Foto auf dem Handy löscht.«
Wortlos zieht Achmed das Handy erneut aus der Hosentasche und schiebt es zu Kilian rüber. »Mach es selbst, damit du mir glaubst.«
Kilian konzentriert sich auf das Display. »So«, sagt er, »weg.«
Er schiebt das Handy zu Achmed zurück, wuchtet seinen Körper mühsam in die Höhe und streckt Achmed die Hand hin. »Ich wette, wir kriegen deine Mathenote in zwei Monaten von Fünf auf Vier. Ich weiß genau, wo es bei dir hapert. Und in Englisch können wir das auch schaffen.«
»Kein Witz?«, fragt Achmed misstrauisch.
Kilian schüttelt den Kopf. »Kein Witz.«
Achmed zögert. Er blickt auf diese dicke, fleischige Hand. Schließlich ergreift er sie und schüttelt sie. »Na gut. Ein Versuch schadet ja nicht.«
Marvel sieht, wie Kilians Doppelkinn zittert. So als würde er gleich weinen. Vor Freude.
Am nächsten Tag wartet Frau Thieleke am Ende der Physikstunde auf ihn. Lächelnd streckt sie ihm beide Hände entgegen.
»Marvin! Ich frag gar nicht, wie du das wieder gemacht hast. Aber es hat großartig funktioniert! Kilian war heute Morgen bei mir, er hat gestrahlt wie ein Honigkuchenpferd. Er sagte, alles sei wieder gut.«
»Schön«, sagt Marvel.
Aber Frau Thieleke will ihn so schnell nicht gehen lassen. »War es denn schwer?«
Marvel überlegt. Dann schüttelt er den Kopf. »Nee. Eigentlich ganz leicht.«
4
E ine Woche später kommt Marvel pünktlich von der Schule nach Hause. Straight back home, wie die Jungs es sich versprochen haben, denn am nächsten Tag ist die Mathearbeit fällig, von der Mops gemeint hat, sie würden jede Stunde, in der sie nicht dafür gelernt hätten, bitter bereuen. Mops neigt zu großen Sprüchen, um ihnen Angst zu machen, und hat damit immer Erfolg. Mops ist ihr Mathelehrer.
Marvel hat sich fest vorgenommen, den Nachmittag ausschließlich damit zu verbringen, die Aufgaben der letzten zwei Wochen noch einmal durchzurechnen, mit der Stoppuhr. Er ist nicht schlecht im Lösen von Algebra-Aufgaben, aber zu langsam. Von sechs gestellten Aufgaben schafft er immer nur
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