Bis ins Koma
er ihn auch nicht wegnehmen.
»Dann geh ich wohl besser«, stellt Miranda fest.
»Quatsch!« Bully zieht Miranda zu sich herunter. »Sei doch kein Spielverderber. Ist gerade so nett. Tanz doch noch mal. Du machst das super.«
Miranda schaut Marvel an.
Marvel lächelt. »Ja, stimmt«, sagt er.
Bine schmiegt sich immer näher an Marvel und dann beugt sie sich vor und drückt ihre Lippen auf seine Lippen. Extra für Miranda. Marvel spürt es und es ärgert ihn, aber es ist irgendwie ja auch witzig, wie zwei Frauen sich plötzlich um ihn reißen. Und wie immer, wenn er nicht weiß, was er machen soll, macht er nichts. Marvel reißt die Augen auf, aber als Bines Zunge sich zwischen seinen Zähnen durchbohrt, gibt er auf und schließt die Augen.
Als er die Augen wieder öffnet, ist Miranda weg.
Mauki tanzt mit irgendeiner Blondine. Bully erkundigt sich,
wo man hier rauchen kann, und Jojo bestellt noch eine Runde Drinks.
Bine wühlt begeistert mit ihren Fingern in Marvels Haaren. »Ich hab meiner Mama immer gesagt, irgendwann lern ich mal jemanden vom Film kennen. Ich wusste es. Meine Mama hat sich totgelacht, als ich das sagte. Schade, dass ich ihr das hier nicht erzählen kann.«
»Wieso?«, fragt Marvel. »Kannst du doch.«
»Nee«, Bine schüttelt den Kopf. »Geht nicht.«
»Wieso denn nicht?«
»Särge haben keinen Netzanschluss.«
Gegen vier Uhr morgens - Marvel kann schon lange keinen vollständigen Satz mehr sprechen - schließt das MOVES und Marvel kapiert nicht, wo die Zeit geblieben ist: Eigentlich hatten sie vorgehabt, eine richtige Szene-Tour zu machen. »Um die Häuser ziehen«, wie Bully es genannt hat.
Aber das ist irgendwie nichts geworden. Sie sind gleich im ersten Schuppen hängen geblieben und das hatte vielleicht auch was mit Bine zu tun. Bine ist jetzt Marvels Groupie. Bine macht aus ihm einen Star, obwohl er noch keiner ist.
Als der Kellner kommt, um die leeren Gläser einzusammeln und die nächste Bestellung entgegenzunehmen, hält Bine ihn am Ärmel fest und brüllt: »Das hier ist Marvin Keller! Wenn du ein Autogramm willst, melde dich bei mir. Ich bin seine Managerin.« Und wenn dann wirklich jemand kommt und ein Autogramm will, schüttelt sie den Kopf und sagt: »Leider. Heute ist er rein privat hier.«
Marvel grinst. Er liegt auf dem Polster, weil das Senkrechtsitzen anstrengend ist. Bines Hand ruht auf seinem Oberschenkel und die Stelle, wo ihre Hand ist, glüht. Bine hat silbern schimmernde Fingernägel und an jedem Finger einen Ring.
»Nie gehört«, sagt der Kellner, ohne auch nur einen neugierigen Blick auf Marvel zu werfen. »Der ist also berühmt?«
»Aber Hallo!«, ruft Bine.
»Na toll«, sagt der Kellner. »Und wieso?«
»Er ist der Star in der neuen Serie auf PROFIVE!«
Marvel schüttelt grinsend den Kopf. »Red kein Quatsch. Ich bin kein Star …«
»Ich hab keine Zeit für die Glotze«, sagt der Kellner. Jemand zieht ihn von hinten, um ihm ein leeres Glas in die Hand zu drücken.
Bine mustert den Kellner, abfällig, enttäuscht. Sie hätte sich gewünscht, dass ihre Mitteilung mehr Furore macht. »Du hast wohl auch nicht die Stiele an die Kirschen gemacht, was?«, sagt sie.
Der Kellner reagiert anders, als sie es erwartet. »Ich bring dann die Rechnung«, sagt er.
»Hey!« Marvel bemüht sich, seinen Arm in die Höhe und seinen Oberkörper mehr in die Senkrechte zu bringen. Die Lichtblitze der Discokugel blenden ihn und er fällt wieder zurück. »Ich hab Durst!«
»Warte, ich kümmer mich.« Bine schießt hoch und spurtet dem Kellner hinterher.
Marvel beobachtet sie durch die halb geschlossenen Augen. Wenn er sich vorstellt, er müsste so rennen wie Bine, würde er das garantiert nicht schaffen. Er spürt seine Beine ja kaum noch. Seine Gelenke sind wie Pudding.
Bine fasst den Kellner am Arm. »Hey, mein Freund hat noch Durst. Bring uns noch mal das Gleiche, ja?«
»Einen Hauscocktail und eine Cola-Rum?«
»Exakt.«
»Und wer zahlt?«, fragt der Kellner misstrauisch.
Bine reißt die Augen auf. »Mein Freund natürlich.«
Marvel sitzt jetzt einigermaßen aufrecht, sieht aber alles doppelt und checkt nichts mehr. Wenn er den Kopf in die Richtung dreht, wo er Bully zuletzt gesehen hat, verschwimmt alles vor seinen Augen.
»Wo sind die anderen?«, fragt er, als Bine zurückkommt und sich neben ihm in die Polster wirft.
Bine kratzt mit den silbernen Fingernägeln ein bisschen an seiner Jeans.
»Lass das«, nuschelt er und versucht ihre Hand
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