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Bis ins Koma

Titel: Bis ins Koma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Blobel
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mitgenommen?«
    Hab ich doch gar nicht, würde Marvel am liebsten erwidern. Sie hat sich doch selbst eingeladen, vergessen? Aber er hält den Mund. Er will keinen Stress mit Miranda. Sie sind Nachbarn und sie müssen auch noch die nächsten Jahre miteinander auskommen. Er hat seiner Mutter versprochen, immer nett und höflich zu den Nachbarn zu sein. Und spätestens Montagmittag nach der Schule wird er im Treppenhaus wieder über sie stolpern.
    Dann, als die Musik eine Pause macht, sagt Mauki: »Weißt du, was ich nicht kapiere?«
    »Was denn?«, fragt Miranda spitz.
    »Einen bezahlten Drink zurückgehen lassen! Wieso hast du ihn nicht Marvel gegeben? Oder mir?«
    »Meine Güte! Ist dieser Scheißalkohol so wichtig?« Miranda schreit plötzlich, und als Marvel sie besänftigen will, fuchtelt sie wild mit den Armen, sodass sie Marvel fast das Glas aus der Hand schlägt: »Könnt ihr nur Spaß haben, wenn ihr diesen Scheißalkohol trinkt?«
    Die Jungen blicken sich tief in die Augen. Lange.

    »Ich glaub nicht, was ich eben gehört habe«, murmelt Jojo.
    »Sie kapiert es einfach nicht!«, heult Bully. »SIE KAPIERT ES NICHT!« Hilfe suchend schaut er Marvel an.
    »Wieso? Ich kapier es ganz genau!«, entgegnet Miranda trotzig. »So schwer ist das ja nicht.«
    Mauki lässt sich stöhnend in die Kissen fallen. »Du hast deinen Kopf wohl nur zum Haareschneiden.«
    »Kommt, lasst doch«, sagt Marvel abwehrend, »ist doch egal.«
    »Kannst du ihr mal sagen«, stöhnt Bully, »dass wir einfach nur Spaß haben wollen? Welchen Buchstaben in SPASS versteht sie nicht?«
    Marvel spürt, dass die Stimmung kurz vorm Kippen ist. Nun wird er auch sauer. »Ich hab Schnauze gesagt!«, brüllt er. »Und zwar sofort!«
    »Nein! Nicht Schnauze. Ich werde jetzt mal grundsätzlich …« Jojo holt tief Luft und Marvel fürchtet schon, dass Jojo jetzt sagen wird, er sei immer schon dagegen gewesen, dass Miranda mitkommt, und er habe das Gefühl, dass sie ihre schöne Party kaputt machen will, und so weiter.
    Aber da kommt der Kellner. Mit einer Flasche Cola light und einem Glas mit Eiswürfeln. Miranda lächelt den Kellner an, als sei er der Lakai, der ihr die Königinnenkrone auf einem seidenen Kissen überreicht. »Oh! Danke! Total lieb!«, zwitschert sie, als sie ihm die Cola abnimmt. »Auch kein Alkohol drin?«
    »Worauf du wetten kannst«, entgegnet der Kellner.
    Miranda schaut in die Runde und fragt: »Frieden?«
    Die Jungen nicken mit verkniffenen Gesichtern.
    »Dann Prost«, sagt Miranda, »auf euch!«
    »Passt schon«, knurrt Marvel. Und das klingt so, als hätte er gesagt: Wieso haust du nicht einfach ab? Weißt du nicht, wo der Ausgang ist?

    Miranda scheint genau das zu ahnen. Sie zieht ein Gesicht, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen, aber die Jungs kümmern sich nicht darum, schlürfen ihre Cocktails und lassen die Stimmung auf sich wirken. Ohne dass sie es abgesprochen hätten, ist allen klar, dass man Miranda jetzt einfach übersehen muss. In so was haben die Jungs Übung, besonders wenn sie als Clique auftreten.
    Aber das Gespräch ist irgendwie versiegt, versandet. Die Stimmung ist weg. Keine Scherze mehr, nicht mehr die üblichen Sprüche, mit denen sie sich antörnen. Sie hängen in den Polstern, machen auf cool, die Beine weit von sich gestreckt, und gucken sich irgendein Mädchen aus, eins, das besonders enge Hüfthosen anhat oder ein Arschgeweih oder so.
    Sie gucken nicht alle auf die gleiche Frau, aber sie machen das gleiche Gesicht.
    Miranda lächelt tapfer und nuckelt an ihrer Cola.
    Die Musik geht jetzt auf Schmusekurs und nun kann man die Leute auf der Tanzfläche noch besser beobachten. Ein Mädchen tanzt für sich allein, mit geschlossenen Augen, das Gesicht zur Decke. Manchmal so wild, dass die anderen Abstand halten, um nicht ihre Fäuste abzukriegen. Ein anderes Mädchen bewegt sich auch bei hämmernden Bässen mit einem seligen Lächeln und ausgebreiteten Armen, als wolle sie fliegen. Ein Pärchen tanzt so eng, als wäre es mit Pattex zusammengeklebt.
    Ein Mädchen mit leuchtend roten Haaren und einer weißen Jeansjacke über einem orangefarbenen Top tanzt immer in der Nähe, geradezu um sie herum. Sie lässt Marvel nicht aus den Augen. Einmal schaut Marvel zu ihr hin, da hebt sie sofort den Arm und lächelt. Marvel lächelt zurück, aber rührt sich nicht. Das Mädchen tut, als würde sie etwas in die Luft schreiben, und sieht ihn dabei fragend an, aber Marvel versteht nicht, was sie meint.

    Miranda

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