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Bis ins Koma

Titel: Bis ins Koma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Blobel
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wegzuschieben. »Sag mir lieber, wo die anderen sind.«
    Bine lacht. »Ist das so wichtig?« Sie beugt sich vor und küsst ihn. »Ich bin doch da. Reicht das nicht?«
    Marvel schließt grinsend die Augen. »Doch«, nuschelt er.
    Das Grinsen geht aus seinem Gesicht gar nicht mehr weg. Vielleicht weil er seine eigenen Gesichtsmuskeln nicht mehr unter Kontrolle hat. Alles rutscht ihm irgendwie weg, die Gedanken, die Pupillen, die Arme, mit denen er sich auf den Polstern abstützt.
    Marvel ist breit.
    Seit Bine da neben ihm sitzt, kriegt er irgendwie gar nichts mehr auf die Reihe, sondern muss nur noch grinsen, weil das alles so irre ist.
    Marvel will sich ausschütten vor Lachen. Aber als er sich vorbeugt, ist ihm auf einmal, als wolle da kein Lachen rauskommen, sondern der Inhalt seines Magens. Die - wie viel waren das eigentlich - Cocktails, die er in sich reingeschüttet hat. Wenn er jetzt darüber nachdenkt, waren sie viel zu süß. Eklig süß eigentlich. Kommt einem richtig hoch, bei dem Gedanken an den Zucker.
    Als er husten muss, kriegt er im letzten Augenblick noch die Hand vor den Mund, weil sonst mit dem Husten gleich was mitkommt.

    »Ist dir etwa schlecht?«, fragt Bine fassungslos.
    Marvel nickt. Das Grinsen auf seinem Gesicht bleibt.
    »Echt schlecht?«, fragt Bine.
    Marvel nickt. Er sitzt vornübergebeugt und versucht, das Husten in den Griff zu kriegen. Wenn er den Hustenreiz besiegt, dann muss er auch nicht kotzen.
    »Was haste denn getrunken?«, fragt Bine. So als habe sie nur Cola im Bauch. Dabei weiß Marvel genau, dass sie zu jeder Cola auch einen Rum hatte.
    »Musst du kotzen?«, fragt Bine. Sie fragt das mitfühlend.
    Marvel nickt. Es ist ihm peinlich. Aber besser, er sagt jetzt die Wahrheit, wo es noch geht. »Mir ist superschlecht«, nuschelt er.
    Bine springt auf und zieht ihn hoch. Sein Kopf fällt nach hinten und einen Augenblick fühlt es sich an, als springe ein Nackenwirbel aus der Verankerung. Er kriegt keine Luft. Er reißt die Augen auf.
    Bine sieht ihn an. Sie gerät in Panik. »Komm, gib Gas! Ab aufs Klo!«, ruft sie. Sie zieht an seinen Armen und irgendwie kriegt sie ihn hoch.
    Als Marvel steht, ist ihm, als versuche er auf einem fliegenden Teppich zu balancieren. Der Teppich kippt mal nach vorn, mal zur Seite, mal bäumt er sich auf. Wie soll man da das Gleichgewicht halten? Marvel fällt auf Bine, diese kleine, drahtige Person, und Bine stützt ihn.
    Marvel würgt, hustet, schluckt. Bine schiebt ihn in Richtung Klo. Marvel geht mit ausgestreckten Armen wie ein Blinder, der seinen Stock vergessen hat.
    »Rechts!«, brüllt Bine. »Geradeaus!«
    Das MOVES ist schon fast leer. Hinter der Bar räumen sie auf, aber der Kellner hat sie im Blick. »Hey!«, ruft er. »Ihr habt noch nicht gezahlt!«
    »Meinem Freund ist schlecht!«, brüllt Bine zurück.

    Der Kellner kommt wieselflink hinter dem Tresen vor. Er stellt sich den beiden in den Weg. »Wolltet ihr einfach abhauen?«, keift er, in der Hand die Rechnung.
    Bine schnappt sich den Zettel. »Erst kotzen - dann zahlen«, sagt sie.
    Aber da macht der Kellner nicht mit. »Nee, nee, so läuft das nicht«, sagt er. »Ihr zahlt genau jetzt!«
    Marvel bleibt schwankend stehen. Die Augen geschlossen, konzentriert er sich aufs Auspendeln. Irgendwann, denkt er, muss es doch vorbei sein. Irgendwann muss ich doch wieder gerade stehen.
    »Okay«, nuschelt er. »Ich zahl das. Meine Kohle …« Er tastet mit der rechten Hand nach seiner Gesäßtasche. »Hol mal raus. Wie viel ist es denn?«
    Der Kellner nennt eiskalt eine Summe, aber die Zahl sagt ihm nichts.
    Bines Finger krabbeln an seinem Po herum und sie fingert in seiner Tasche, bis sie ihm endlich die Geldbörse vors Gesicht hält. »Hier«, sagt sie. »Dein Geld.«
    Marvel schließt sofort wieder die Augen. »Kann nicht«, sagt er. »Zahl du.«
    Der Kellner wartet. Er hat die Arme vor der Brust verschränkt, er ist stocknüchtern. Mit einem Jägerblick sucht er das Lokal nach weiteren Zechprellern ab. Damit hat er Erfahrung. Als wenn Marvel die Zeche prellen wollte.
    Bine zieht zwei Hunderteuroscheine aus seiner Geldbörse. »O Mann«, stöhnt sie. »Mit deiner Kohle kommt man ja bis nach Malle!«
    Der Kellner schnappt sich die zwei Scheine und sagt kalt: »Bei uns kommt man damit nur bis aufs Klo.«
    »Hey, glaubst du, der Rest ist Trinkgeld?«, schreit Bine ihm nach. »Macht ihr das Licht hier mit dem Hammer aus?«

    Der Kellner hebt nur im Weggehen den Stinkefinger.
    »Was ist das denn

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