Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bis Sansibar Und Weiter

Titel: Bis Sansibar Und Weiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
ließ mich in meinen Sitzsack fallen.
    »Warum willst du das Schiff kaufen?«, fragte er, kaum dass ich richtig saß.
    Mit dieser Frage hatte ich wirklich nicht gerechnet. »Heraus mit der Sprache!«
    Sollte ich ihm von Linda erzählen? Sollte ich diesem Saufkopp erzählen, dass ich gerade dabei war, mich zu verlieben? Ich dachte ja gar nicht daran!
    »Ich will segeln«, antwortete ich.
    Er grinste. Seine Zähne waren braun, doch es fehlte, soweit ich das erkennen konnte, kein einziger. Schon erstaunlich bei einem Leben zwischen Schnapsflaschen und roter Pampe.
    »Landratte«, murmelte er verächtlich. »Kannst nicht Lee von Luv unterscheiden und willst segeln.«
    »Sie können es mir ja beibringen«, sagte ich.
    Bevor ich ausweichen konnte, griff er mich am Arm und zog mich zu sich heran. »Was wolltest du für die Annemarie zahlen?«, fragte er.
    »Sechshundert Euro«, antwortete ich und versuchte, mich aus seinem Griff zu befreien. Ich schaffte es nicht.
    »Sechshundert Euro für mein erstklassiges Schiff«, sagte er, und seine Stimme schwoll bedrohlich an. »Und dann soll ich dir auch noch Segeln beibringen? Bist du vom Wrackbarsch gebissen?«
    Damit brach das Gespräch ab. Der Kapitän wienerte mit seinem Ärmel am Schirm seiner Mütze herum, ich sah ihm dabei zu. Er kannte mein Angebot. Ich hatte nicht den geringsten Grund, es zu erhöhen. Wenn er mir sein Schiff nicht verkaufen wollte, musste er es eben bleiben lassen.
    Irgendwann stand der Kapitän auf. »Ich gehe«, sagte er. »Wenn du es dir überlegt hast, dann gib mir Bescheid.«
    »Was soll ich mir überlegen?«, fragte ich erstaunt. »Was wohl, du Knalltüte?«, schimpfte er. »Warum du die Annemarie kaufen willst natürlich!«
    Bevor ich etwas erwidern konnte, stapfte er schon zur Tür hinaus. Meine Mutter saß in der Küche und trank wie immer um diese Zeit Kaffee. »Sie auch?«, hörte ich sie rufen.
    »Kaffee? Da sage ich nicht nein, Madame«, antwortete der Kapitän.
     
    Zwei Stunden später verließ er das Haus. Meine Mutter und er hatten sich offenbar eine Menge zu erzählen gehabt. Ich hatte währenddessen auf meinem Bett gelegen und nachgedacht. Vor und zurück und hatte kein Ende mehr gefunden. Sollte ich dem Kapitän erzählen, dass ich die Annemarie kaufen wollte, um Linda eine Freude zu machen? Dass sie davon träumte, mit mir nach Sansibar zu segeln? Dass ich mit ihr um die Welt segeln würde, wenn sie mich darum bat? Dass ich mich in sie verliebt hatte und an nichts anderes mehr denken konnte? Dass mein Gehirn bisher ziemlich zuverlässig gearbeitet hatte und jetzt den einen oder anderen Aussetzer produzierte?
    Inzwischen war meine Großmutter aus der Stadt zurückgekommen. Sie hatte sich den ungefähr tausendsten roten Pullover gekauft, wie immer passend zu ihrem Ferrari. Ich bewunderte das neue Stück ausgiebig und lief dann zu meiner Mutter ins Arbeitszimmer. Sie zeichnete Dreiecke, die sich bei näherem Hinsehen in Osterhasen verwandelten.
    »Gute Idee«, sagte ich.
    Sie blickte hoch. »Wie bei den Weihnachtsmännern«, sagte sie. »Glaubst du, sie mögen es trotzdem?«
    »Bestimmt, Mama. Gerade deshalb werden sie es toll finden.«
    Ich setzte mich auf den Stuhl neben ihrem Schreibtischund sah ihr beim Zeichnen zu. »Geht’s dir besser?«, fragte ich irgendwann.
    »Ein bisschen.«
    »Ehrlich?«
    »Ganz ehrlich.«
    »Und DD?«
    Sie zuckte nur mit den Schultern und wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. Aber plötzlich legte sie ihren Zeichenstift hin. »Das Boot«, sagte sie.
    »Hat der Kapitän dir davon erzählt?«, fragte ich. »Du willst es kaufen, Marius. Ist es teuer?«
    »Ich hab dem Kapitän sechshundert Euro angeboten. Das ist fast alles, was ich auf dem Sparbuch habe«, antwortete ich.
    »Sechshundert Euro...« Meine Mutter dachte nach. »Das ist viel, oder?«
    »Für ein Schiff nicht, Mama. Für ein Schiff ist es sogar ziemlich wenig, glaube ich.«
    »Und wofür willst du es haben?«, fragte sie.
    Da begann ich zu erzählen. Ich konnte nicht anders, es brach einfach aus mir heraus. Ich begann mit dem Tag, an dem Linda in unsere Klasse gekommen war. Und ich hörte auf mit dem Besuch des Kapitäns in meinem Zimmer.
    »Der Käpt’n ist nett«, sagte meine Mutter, als ich schwieg. »Er versteht dich bestimmt.«
    »Du meinst, ich soll ihm dasselbe erzählen, was ich dir erzählt habe?«
    Sie nickte.
    »Auch das mit Sansibar?«
    Wieder nickte sie.
    »Weißt du eigentlich, wo Sansibar liegt, Mama?« Sie schüttelte den Kopf.
    »Bei

Weitere Kostenlose Bücher