Bis Sansibar Und Weiter
ist eine verdammte Revolution! So ein Geschenkpapier gab’s noch nie! Wir setzen einen neuen Trend! In Mailand und New York werden sie über uns reden!« Er hustete. »Moment, ich brauche eine Zigarette.«
Aus dem Hörer tönte das Klicken eines Feuerzeugs, dann ein tiefer Atemzug.
»Wollen Sie damit sagen, dass der Computerausdruck schnipselig aussieht?«, fragte ich aufgeregt.
»Du hast es erfasst!«, rief er und hustete erneut.
»Schnipselig – das ist gut, das Wort merke ich mir! Ich schicke dir gleich mal unser Muster zu. Einverstanden?«
»Einverstanden.« In meinem Kopf breitete sich von einem Moment zum anderen eine unendliche Ruhe aus. Das Wunder war geschehen, es hatte tatsächlich geklappt. Wenn jetzt nicht noch was Unerwartetes passierte, brauchten wir uns bis zum nächsten Sommer keine Sorgen mehr zu machen. Mama musste nicht putzen gehen und ich keine Zeitungen austragen. Vielleicht konnten wir sogar endlich das Dach neu decken und die Dachrinnen reparieren lassen.
»Prima«, sagte ich, als ob ich mit der Nachricht gerechnet hätte. »Sehr gut.«
»Ich schicke deiner Mutter in den nächsten Tagen einen Vertrag für eine ganze Geschenkpapierserie. Und alles bitte schnipselig, ja? Die Herren vom Vorstand sind begeistert. Mal schauen, vielleicht wird das Papier Teil unserer Corporate Identity.«
»Von was bitte?«, fragte ich.
Jan Jansen lachte. »Das ist das, woran man unser Unternehmen überall erkennt. Wie der Mercedes-Stern, weißt du«, erklärte er. »Jemand sieht das verdammte Geschenkpapier und denkt im selben Moment: Aha.«
»Aha.«
»Und jetzt habe ich zu arbeiten«, beendete der Mann das Gespräch. »Herzliche Grüße und ein großes Kompliment an deine Mutter, ja?«
Damit legte er auf. Wenn ich es richtig mitgekriegthatte, hatte er nur zweimal »verdammt« gesagt. Der Typ besserte sich.
»Du strahlst ja so«, sagte meine Großmutter, die während des Gesprächs vor meinem Bett gestanden und wahrscheinlich nur Bahnhof verstanden hatte. »Was wollte der Jansen?«
Ich sprang auf, packte Oma um die Hüften und versuchte, sie hochzuheben. Natürlich funktionierte das nicht. Trotzdem blieb mein Versuch nicht ohne Folgen. Oma verlor das Gleichgewicht und fiel rückwärts auf den Schreibtischstuhl, der mit einem hässlichen Quietschen unter ihr zusammenbrach. Ein Blick genügte, und ich wusste, dass er hinüber war.
»Egal!«, rief ich. »Kaufen wir eben einen neuen!«
Oma rappelte sich hoch und rieb ihren Po. »Du hättest mich umbringen können!«, rief sie empört. »Bestimmt habe ich mir was gebrochen!«
Ich gab ihr einen Kuss. »Hast du bestimmt nicht, Oma«, sagte ich. »Außerdem fällst du weich.«
Meine Großmutter schnappte nach Luft. »Jetzt werd nicht auch noch unverschämt, Marius!«
In diesem Augenblick meldete der Computer, dass eine E-Mail angekommen war. Die Nachricht war von Jan Jansen. Er hatte das Geschenkpapier als pdf-Datei mitgeschickt. Nachdem ich sie ausgedruckt hatte, musste ich unserem Auftraggeber zustimmen: Das Papier sah einfach fantastisch aus.
Auch Oma war begeistert. »Wer hat das gemacht?«, wollte sie wissen.
»Mama«, antwortete ich. »Und ein bisschen ich.« Dann erzählte ich ihr, wie ich die Schnipsel von Mamas Entwürfen zusammengeklebt und weggeschickt hatte. »Und jetzt kriegen wir einen Vertrag für eine ganze Serie mit schnipseligem Geschenkpapier«, sagte ich zum Schluss.
Meine Großmutter gönnte mir eine ihrer atemberaubenden Umarmungen, holte ihr Portmonee aus der Tasche ihrer Strickjacke und gab mir vierzig Euro. Das sei fürs Porto, sagte sie. Den Betrag hätte ich schließlich ausgelegt. Außerdem dürfe ich mir was wünschen und es könne ruhig was kosten.
Mama schlief, als wir in ihr Zimmer stürmten. Vielleicht tat sie aber auch nur so. Jedenfalls freute sie sich über die guten Nachrichten. Sie legte den Computerausdruck vor sich auf die Bettdecke und sah ihn lange an. Dabei liefen ihr Tränen die Backen hinunter. »Das Papier ist wunderbar«, flüsterte sie schließlich. »Das hast du prima gemacht, Marius.«
»Ich hab nur geklebt. Die Weihnachtsmänner hast du gezeichnet, Mama«, sagte ich und fügte hinzu: »Tut mir Leid, ich brauche einen neuen Schreibtischstuhl. Der alte ist unter Oma zusammengekracht.«
»Weil du mich umgestoßen hast, du Lümmel!«, rief meine Großmutter lachend und packte mich an den Oberarmen. Ich wand mich geschickt aus ihrem Griff und flüchtete, so schnell ich konnte, in mein Zimmer.
Als
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