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Bis unter die Haut

Bis unter die Haut

Titel: Bis unter die Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Hoban
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unterhalten müssen.«
    Deswegen wollte er sie unbedingt begleiten. Ihr hätte klar sein müssen, dass sie nicht die Einzige ist, die Redebedarf hat. Trotzdem ist sie nervös. Was will er ihr sagen? Ihr Herz klopft im Stakkato, als sie sich auf eine der Treppenstufen sinken lässt, ohne die Studenten wahrzunehmen, die an ihnen vorbeieilen.
    »Geht’s dir nicht gut?« Er sieht plötzlich besorgt aus, fast so wie gestern, als er ihren zerschnittenen Arm gesehen hat. Und als sie ihn jetzt genauer betrachtet, wird ihr klar, dass seine Gelassenheit nur gespielt ist. Er hat dunkle Ringe unter den Augen, seine Haare sehen zerzaust aus. Seltsam, dass ihr das nicht schon auf dem Weg hierher aufgefallen ist. Alles in allem wirkt er ziemlich mitgenommen.
    »Blöde Frage.« Er lacht und setzt sich neben sie. »Natürlich geht es dir nicht gut.«
    Willow spart sich eine Antwort darauf, aber sie merkt sehr wohl, dass sein Atem nach frischem, süßem Apfel duftet.
    »Warum …? Ich meine … warum hast du es ihm nicht gesagt?«, bringt sie schließlich stammelnd hervor.
    »Weil ich dir mein Wort gegeben hab«, sagt Guy und zuckt die Achseln. »Aber das heißt nicht, dass ich nicht trotzdem nach wie vor der Meinung bin, dass ich es ihm eigentlich sagen müsste. Oder dass ich es mir nicht noch einmal anders überlegen kann. Wir müssen uns unterhalten und uns über ein paar Grundregeln Gedanken machen.« Er steht auf und greift nach ihrer Hand, um sie auf die Füße zu ziehen. »Na komm, jetzt gehen wir erst mal zu dem Drachen Miss Hamilton und erzählen ihr, dass ich dringend deine Hilfe im Magazin brauche. Dort oben können wir dann ungestört reden.« Er schiebt sie am Pförtner vorbei in das Gebäude.
    Willow lächelt, weil das Wort Drache Miss Hamilton ziemlich treffend beschreibt. Aber wie sich herausstellt, ist sie gar nicht an der Ausleihtheke. Willow trägt sich in den Dienstplan ein und begrüßt den Kollegen, der statt Miss Hamilton dort arbeitet, bevor sie sich wieder Guy zuwendet.
    »Und jetzt?« Sie seufzt. Ihr ist klar, worüber er sprechen will, und es ist das Letzte, worauf sie Lust hat, aber sie weiß auch, dass sie nicht darum herumkommen wird. Schließlich hält er alle Trümpfe in der Hand.
    »Jetzt gehen wir ins Magazin«, antwortet Guy entschlossen. »Du kannst mir sogar wirklich bei etwas helfen.« Er zeigt ihr einen Zettel voller Buchsignaturen. »Ich muss ein paar Sachen recherchieren.«
    Willow betrachtet den Zettel. Selbst wenn sie nicht schon seit ein paar Wochen in der Bibliothek arbeiten würde, hätte sie gewusst, wo die entsprechenden Bücher zu finden sind. Sie hat schließlich unzählige Nachmittage damit verbracht, mit ihrem Vater das Magazin zu durchstöbern.
    »Okay«, sagt sie, während sie auf den Aufzug zugehen. »Die ganzen Bücher von deiner Liste findest du im Dachgeschoss.«
    »Warum suchen wir nicht erst meine Sachen zusammen«, schlägt Guy vor, während sie das schwach beleuchtete Magazin betreten, »und reden dann in Ruhe über … na ja … du weißt schon …« Er hält kurz inne, und Willow spürt, dass er sich genauso unbehaglich fühlt wie sie. »Darüber, was mit dir los ist«, fährt er fort. »Was wir tun können.«
    Oh bitte.
    Willow hat das Gefühl, einem dieser Möchtegerntherapeuten aus dem Nachmittagsfernsehen zuzuhören. Einem von der Sorte, die einem Ratgeber andrehen wollen, mit denen man sich angeblich kinderleicht sein Selbstwertgefühl zu rückerobern kann.
    » Wir tun gar nichts«, sagt sie.
    »Ach nein?« Er zieht die Brauen hoch und folgt ihr in einen der schmalen Gänge. »Sorry, aber so läuft das nicht, Willow. Wenn ich deinem Bruder nichts erzählen soll, musst du mir dafür ein paar Dinge versprechen. Du kannst nicht einfach so in mein Leben spazieren, mich so dermaßen aus dem Tritt bringen und dann erwarten, dass alles nach deiner Nase läuft.«
    »Na schön.« Sie zuckt mit den Schultern. Was bleibt ihr anderes übrig. »Dann lass uns zuerst nach deinen Büchern schauen, okay?« Sie bleibt vor einer verstaubten Regalreihe stehen, zieht ein paar Bände heraus und reicht sie ihm.
    Sie schaut nach, welches Buch als Nächstes auf seiner Liste steht, und hält einen Moment lang inne, bevor sie danach greift. Ihr wird schwindelig. Auf einmal ist ihr viel zu warm. Ihre Haut fängt an zu jucken. Sie atmet ein paarmal tief ein und aus, um sich wieder zu beruhigen, aber es nützt nichts. Lass gut sein , denkt sie und stützt sich an einer der Regalstreben ab. Und

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