Bis wir uns wiedersehen (German Edition)
setzen wollte, weil sie die Mails von früher gelesen hatte. Vielleicht sollte sie hier nicht herumspionieren und die Sache erst mit ihm besprechen? Oder sie ganz vergessen? Was, wenn ihre Mutter die Mails weggeworfen hätte, anstatt sie ihr zu schicken. Dann wäre sie vermutlich nie dahintergekommen, dass Charlie eigentlich Chuck war. Dann wäre alles beim alten geblieben, sie hätten vielleicht eines Tages geheiratet und niemand hätte sich etwas vergeben. Doch jetzt... Nein, sie musste Gewissheit haben. Auch wenn es um Charlie ging, der sie so oft überrascht hatte, der genau der Mann war, von dem sie immer schon geträumt hatte. Sie wollte nicht noch einmal wie das hässliche, dicke Dummchen behandelt werden, das sie einst war. Sie scrollte hinunter, bis sie beim Buchstaben H angekommen war und fand "Charles William Andrew Harrison" gleich unter "Rebecca Ann Hall" als zweiten in der Liste. Sie klickte auf den Namen und wartete eine gefühlte Ewigkeit, bis sie auf die nächste Seite geleitet wurde. Dann sah sie es. Ein großes Foto von Charlie, wie es damals wohl im Jahrbuch abgedruckt worden war. Er war es unverkennbar. Es war der Mann, den sie jetzt liebte, und der Junge Student, in den sie vor fünfzehn Jahren verliebt war. Unter dem großen Foto fanden sich mehrere kleinere, Bilder aus dem Football-Trainingscamp, Bilder vom Abschlussball mit Mrs. White neben sich, das Herz gebrochenteat Bilder vom Schulabschluss. Und unter den Bilder ein gelb hinterlegter Link, der besagte: "Interview mit Charles Harrison, Staatsanwalt in Manhattan, zum Thema Gewalt und Drogenproblematik an amerikanischen High Schools in der Gegenwart". Scarlett klickte den Link an und fand sich als nächstes auf der Homepage der New York Times. "Gewalt und Drogenproblematik an amerikanischen High Schools in der Gegenwart", lautete die fett gedruckte Schlagzeile. Darunter stand klein "von Charles Harrison" und gleich daneben in einem kleinen Kasten neben dem Artikel ein Foto von Charlie, in seinem Büro. Er trug einen grauen Anzug, saß hinter seinem Schreibtisch. Eines dieser Pressefotos, wie er sie zu Hauf besaß.
Er war es also. Charlie war Chuck, der Typ, der ihr das Herz gebrochen hatte und wegen dem sie einst in Erwägung gezogen hatte, sich das Leben zu nehmen. Lange saß sie reglos auf dem Sofa und versuchte, eine Erklärung dafür zu finden, warum Charlie wieder in ihr Leben getreten war. Welche Absicht er hatte, warum er ihr nicht gesagt hatte, wer er war, als sie ihm davon erzählt hatte, dass eigentlich er - also Chuck - dafür verantwortlich war, dass sie geworden war, wer sie jetzt war. Sie konnte diesen Umstand nicht einfach ignorieren. Auch wenn es kurz vor Mitternacht war, sie wollte die Angelegenheit aus der Welt schaffen. Jetzt sofort. Egal, wenn sie die ganze Nacht wach war und direkt von Charlies Haus ins Krankenhaus fuhr. Sie wollte Gewissheit haben die Sache klären. Aufgeregt schnappte sie ihr Handy und wählte seine Nummer.
Wenige Stunden zuvor, am Nachmittag desselben Tages, war Bob Sanders in seinem Büro gesessen, hatte an einem Stück kalter Pizza genagt und sich durch einige Schriftsätze gearbeitet, als seine Gegensprechanlage sich zu Wort meldete und seine Sekretärin Sophie verkündete, eine Miss Barrows würde hier sein und dringend mit ihm sprechen wollen. Bob kannte niemanden mit diesem Namen, erinnerte sich auch an keinen Termin mit einer Dame dieses Namens und sagte Sophie dennoch, sie sollte sie herein bringen.
Er staunte nicht schlecht, als Wendy, Charlies Exfreundin vor ihm stand und fragte sich für einen kurzen Moment, was für eine Rolle sie tatsächlich in seinem Leben gespielt hatte, wenn er seinem besten Freund noch nicht einmal ihren vollen Namen gesagt hatte. Wendy trug ein knappes, blaues Jeanskleid, weiße hochhackige Stiefel und ihr blondes Haar fiel in großen Locken über ihre Schultern. Sie war stark geschminkt und duftete nach einem Parfum, das er nicht kannte."Wendy, was machst du hier", fragte Bob und schloss die Tür hinter ihr.
"Ich will Charlie zurückgewinnen", sagte Wendy unverblümt und klang dabei wie eine gehörnte Ehefrau, die ihren Exmann bis aufs letzte Hemd verklagen wollte. Sie sah sich kurz in Bobs Büro um und setzte sich dann auf einen der beiden Stühle, die vor seinem Schreibtisch standen.
"Du willst...was?"
"Ich will Charlie zurück. Ich habe ihn letzte Woche mit einer alten Kuh im Kino gesehen und ich will ihn wiederhaben!" Sie
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