Bis wir uns wiedersehen (German Edition)
ich dich immer vermisse, wenn ich nicht bei dir sein kann", schmeichelte Scarlett.
"Ich vermisse dich auch. Möchtest du nicht raus zu mir fahren? Ich weiß zwar nicht, wie lange das hier noch dauert, aber allzu lange kann es nicht mehr werden. Ich wäre bestimmt so gegen Mitternacht zu Hause...!"
"Ich würde wirklich nichts lieber als das tun", sagte Scarlett. "Doch ich habe Carries Frühdienst morgen übernommen, da sie in Leos Schule Elternsprechtag haben. Ich schätze, es würde zu stressig werden, wenn ich heute noch nach Long Island fahre!"
Charlie seufzte. Er wollte sie unbedingt bitten, zu ihm zu ziehen. Dann würden sie dieses ewige organisieren von Treffen, und vereinbaren, wer wann zu wem fuhr, hinter sich haben, und sich jeden Tag nahe sein können.
"Aber hey, wir haben nächsten Woche vier ganze Tage in Portland", versuchte Scarlett ihn aufzumuntern, als sie einen kurzen Blick auf den Kalender in ihrem Eingangsbereich warf, auf dem in großen, roten Lettern "Portland" eingetragen war. "Kein Krankenhaus, kein Gericht, keine Meetings, keine Patienten und keine Termine. Nur du und ich. Und meine Eltern, meine Großeltern...und...ach ja, ich sollte dich vorwarnen, meine Mum ist ganz versessen darauf, deine Eltern kennen zu lernen, seit ich ihr verraten habe, dass du auch aus Portland stammst!"
"Großes Schwiegerelterntreffen", lachte Charlie. Es machte ihm keine Angst, Scarletts Familie kennen zu lernen und er freute sich schon darauf, sie seinen Eltern vorzustellen. Seine Mutter hatte ihn schon des öfteren gefragt, wann er denn nun endlich sesshaft werden wollte, wann er seinen Eltern endlich ein Mädchen vorstellen würde, doch er hatte das alles immer mit einem Lächeln abgetan. Nicht im Traum hatte er daran gedacht, eines seiner Mädchen mit zu seinen Eltern zu nehmen. Mit keiner von ihnen war es ihm jemals ernst genug, um sie seiner Familie vorzustellen. Doch bei Scarlett war es anders. Und das, obwohl ihm immer noch ein Geständnis auf den Lippen lag, das er ihr unbedingt machen musste.
"Ich habe also keine Chance, dich heute noch zu sehen", versuchte er es noch einmal.
"Heute leider nicht, mein Schatz", antwortete Scarlett. "Aber morgen steht doch noch, oder?"
"Natürlich. Ich hol dich um sieben bei dir zuhause ab!"
"Wunderbar. Ich freue mich!"
"Und ich mich erst! Scarlett?"
"Ja?"
"Ich liebe dich!"
"Ich...liebe dich auch!"
Sie hatten erst vor wenigen Tagen begonnen, das große L-Wort zu benutzen und es fühlte sich für beide gut an. Es war weder seltsam noch zu früh, es war einfach gut, so wie es war.
Ihr Blick fiel als erstes auf eine große, braune Kiste, die Dwayne in ihrem Foyer vor dem Spiegel abgestellt hatte. Sie trat darauf zu und las den Absender. Die ordentliche Handschrift ihrer Mutter hatte sich in den letzten Jahren nicht verändert. Sie zog die Kiste durch das Foyer ins Wohnzimmer, wo sie sie erst einmal stehen ließ. Dann holte sie sich ein Glas Wein und ein Teller von den leckeren Lachshäppchen, die ihre Haushälterin in dem Delikatessenladen an der Ecke besorgt hatte, öffne schon einmal bessere Tage gesehenffatte die Kiste und tauchte in ihre Vergangenheit ab.
Die Kiste war ordentlich gepackt mit allerlei Relikten aus Scarletts Kindheit und Jugend. Sie fand das T-Shirt, dass sie vor vierundzwanzig Jahren im Sommercamp bemalt hatte, ganze Stapel von alten Schulheften mit Aufsätzen und Hausaufgaben aus der Grundschule und der High School ebenso wie Zeichnungen und Basteleien aus der Schule. Ihre Mutter hatte ihr das Armand eingepackt, dass sie als vierzehnjährige für die Backstreet-Boys geknüpft hatte und das sie immer bei sich getragen hatte, bis sie die Backstreet Boys eines Tages nicht mehr leiden mochte. In der Kiste befand sich auch noch ein ganzer Stapel Tagebücher, die Scarlett in der Zeit zwischen Zwölf und achtzehn Jahren geführt hatte. Verzückt nahm sie jenes, das sie als erstes zu schreiben begonnen hatte. Es war ein kleines, quadratisches Buch mit einem Plasitkeinband, auf dem sich einige Pferde auf einer Weide tummelten. Sie schlug es auf und tauchte in ihre Vergangenheit ab, geschrieben in der krakeligen Handschrift und aus der kindlichen Sicht einer zwölfjährigen. Sie las von Zankereien mit ihren Stiefbrüdern und von ihrer unfairen Mutter, sie las davon, wie sehr sie die Schule hasste und davon, wie sehr sie sich auf die Ferien freute. Das Tagebuch, dass sie als vierzehnjährige
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