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Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte

Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte

Titel: Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Toten Hosen
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verhängten Lokalverbots. Aber das mußte natürlich noch an Ort und Stelle gefeiert werden, mit Bier, ohne Geld, und da wurde die Aufhebung des Lokalverbots sofort wieder aufgehoben.
    Zecheprellen war Sport und ziviler Widerstand, wenn wir fanden, daß ein Laden seine Gäste neppte. Es ging ganz einfach: Wir standen alle gleichzeitig auf und rannten hinaus und immer weiter. Es gab in München einen angehipten Laden für Filmhochschul-Absolventen und Grafik-Designer, wo sich winzige Essensportionen auf riesigen Tellern verloren. Hier türmten wir, kamen Monate später wieder und wurden von einem Kellner erkannt, der unsere damaligen Bestellungen haarklein rezitieren konnte. Schon gut, sagten wir, heute zahlen wir alles. Bestellten, aßen, tranken, kotzten und rannten wieder weg.
    Mit einem ausrangierten Sechs-Zylinder-Opel, der bergab dreiundsiebzig fuhr, gurkten wir von Nürnberg nach

    Faust und Elmar als die wahren »Wildecker Herzbuben« auf der »Menschen, Tiere, Sensationen«-Tour 1992
    Wilhelmshaven, von Offenbach zum Timmendorfer Strand, von Göttingen nach Freiburg und von der dänischen Grenze nach Kassel - alles von einem Tag auf den nächsten. Wir hatten mit Bollock gerade den ersten und einzigen Roadie engagiert, der Jahre später auch mal den Fahrer abgab; alle Clan-Mitglieder mußten bei uns irgendwann mal fahren.
    Bollock lebte mehr oder weniger im »Ratinger Hof« und wurde von uns angeworben, indem wir da für ihn einen Brief abgaben: Ob er nicht mitkommen wolle, wenn er sowieso nichts anderes zu tun hätte. Und in »Faust« und Elmar aus Wanne-Eickel hatten wir endlich zwei PA-Verleiher gefunden, die gewillt waren, mit Punkbands zu arbeiten. Die nicht immer und überall gleich hysterisch »Meine Endstufe, meine Endstufe!« kreischten, wenn wir mal richtig aufdrehten.
    Aber warum eigentlich? Ich meine, wenn mir das Zeug gehört hätte, ich hätte es vielleicht nicht an Typen wie uns verliehen. Vielleicht weiß ja Faust, wie und womit wir Faust damals ködern konnten.
    »Komm zu den Hosen, haben sie gesagt«, »Sex, Drogen und Rock’n’Roll.« Alles Lüge. Na ja, nicht alles. Gab schon Sachen, die waren genial. Aber wird doch sowieso alles geschnitten und zensiert, weiß ich ganz genau.
    Wie ich die Hosen kennenlernte, war ich zum ersten Mal so ein bißchen bodenständig mit meiner Anlage. Die Leute in Herne haben gedacht, jetzt holt er sich von seiner Erbschaft sofort zwei Kilo und ’n Daimler, aber dann hatte ich auf einmal Mischpult und Mikrofone und sowas, völlig durchgedreht. Ich hab ja vorher nie wat länger als drei Monate mit Begeisterung gemacht, aber bei den Jungs hier bin ich bis heute dabeigeblieben und war immer davon überzeugt, daß dat Bombe ist.
    Ich war mal in ’ner Wanner Band, Piet Kröte’s Peepshow, da spielte der Müller, der die Kneipe hat, wo ich jetzt donnerstags zapf, Gitarre - für mich noch immer einer der welt-besten Gitarristen, aber eben auch so ’n Wanner Loser. In der Band hab ich angefangen zu mischen. Zuerst stand ich nur daneben, dann saß ich mit einer Arschbacke dabei und hatte schon einen Arm drin. Und wie ich dann die Knete geerbt hatte, kaufte ich mir das ganze Zeug und mischte erstmal lokale Bands - Pussy Krull Band, Conditors und so. Da war auch Elmar involviert, der mein Partner wurde und in diesem Essener Musikgeschäft arbeitete, wo ich einkaufte und Jochen sich manchmal Sachen auslieh. Und da kam Jochen mal an und sagte: »Ich hab da so ’n paar Chaoten, die kommen mit der Technik nicht klar und sind immer besoffen und so bunt angezogen und kriegen sich immer mit den PA-Leuten inne Haare, willst du nicht mal?« Und als wir das dann versuchten, war dat Liebe auf den ersten Blick, irgendwie.
    Ich stand schon immer auf so Durchdreher; ich hab '69 nicht die Beatles oder die Stones gehört, sondern Zappa, Col-losseum, Mahavishnu Orchestra und Floyd zur Zeit von »Ummagumma«. Ich hab mit meiner Anlage viele Hausbesetzer - und Independent-Konzerte gemacht, für mich war Chaos ganz normal. Aber wenn wat kaputt ging, hab ich auch gesagt »Dat muß bezahlt werden hier«, und dann wurde das auch bezahlt. Ich hatte aber keine Hifi-Paranoia. Mittlerweile sind achtzig Prozent solcher Leute welche, die beschallen einfach einen Raum - Hauptsache, die Knete stimmt. Da gibt es wenige, die das als Kunstform ansehen. Das Beste war, wie ich zum ersten Mal die Hosen mischte, in ’ner Pausenhalle von ’ner Schule in Düsseldorf. Da kam Trini an und meinte: »Die

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