Bis zum bitteren Tod (German Edition)
war noch nicht einmal entfernt an der schottischen Geschichte interessiert, so reich und turbulent sie auch gewesen sein mochte. Er war hier, um die Sicherheitsvorkehrungen für das Military Tattoo auszukundschaften. Es war seine letzte Chance, Arnold Morgan zu eliminieren, bevor die amerikanische Regierung ihn nach Washington zurückbefahl.
Er zahlte zehn Pfund für die Eintrittskarte und stieg auf dem steilen Weg, der durch das Castle führte, hinauf zu den hohen Wällen, von denen aus man einen fantastischen Blick über die ganze Stadt hatte. Er wanderte bis zur One O’Clock Gun, die außer sonntags jeden Tag abgefeuert wurde und mit ihrem mächtigen Donner die Touristen erschreckte.
Entlang der Wälle kam er an der St. Margaret’s Chapel vorbei, der Argyle Battery, am Governor’s House, dem Gefängnis und der Great Hall. Von der großen geschwungenen Front der Half-Moon Battery, wo im 16. Jahrhundert die Artillerie den Ostflügel des Castle verteidigt hatte, ließ er den Blick nach unten schweifen. Es war steil. Überall war es steil. Über ihm erhob sich der Schicht für Schicht auf dem schwarzen Gestein errichtete Bau, der die Stadt beherrschte. Und diese Woche zumindest würde das Gebäude so schwer bewacht sein wie fünf Jahre zuvor eine US-Kaserne in Bagdad.
Überall, wohin er kam, traf er auf junge Soldaten, die zu zweit oder in Gruppen Dienst schoben. Alle trugen die Standardwaffe der britischen Armee, die SA80, ein halbautomatisches, kurzläufiges Gewehr mit 25-Schuss-Magazin und 5.56er Kaliber.
Als reine Sicherheitsmaßnahme blieb er stehen und versuchte – mit geringem Erfolg – eine naiv-ignorante Miene aufzusetzen.
»Entschuldigen Sie«, sprach er den Corporal der Scots Guards an, »ist die Waffe wirklich geladen, mit richtigen Kugeln?«
»Aye, Sir, das ist sie.«
»Ist das nicht gefährlich?«, erwiderte Ravi.
»Na, das soll es ja auch sein«, antwortete der Corporal.
Ravi schüttelte in gespielter Entrüstung den Kopf und machte sich auf den Weg nach unten, zurück zum Eingang. Ein roter Royal-Navy-Hubschrauber kreiste in diesem Moment kurz über dem Castle und ging daraufhin langsam auf dem großen Platz hinter der Kaserne nieder, dem größten Gebäude auf dem alten Felskomplex.
Die Fläche war für die Ankunft des amerikanischen Navy-Commander Rick Hunter in Begleitung Lady MacLeans, der Vorsitzenden des Festivals und Ricks persönliche Begleiterin, vom Militär kurzzeitig geräumt worden.
Annie MacLean hatte beschlossen, auf dem hohen Terrain zu landen, damit Rick die exakte Anordnung des Tattoo zu sehen bekam. Sie zeigte ihm den Blick über die Esplanade, die aufgebauten Tribünen und vor allem die königliche Loge, wo sie am Dienstagabend allesamt sitzen würden.
Sie zeigte ihm die steilen Wände der Half-Moon Battery, von denen sich die Mitglieder der 42 Royal Marine Commando abseilen würden, bevor sie zur Esplanade herabkämen, um für das Finale Aufstellung zu nehmen.
Rick gefiel es ganz und gar nicht. »Das alles wird die ganze Zeit in Dunkelheit liegen?«, fragte er.
»Alles. Bis auf die königliche Loge«, erzählte sie ihm. »Das Militär wird die Marines anstrahlen, wenn sie sich an den Mauern abseilen. Damit soll demonstriert werden, wie man eine befestigte Stellung einnimmt.«
Rick gefiel die Sache nicht, vor allem, weil große Bereiche des Geländes für ihn nicht einsehbar waren. Und Arnold würde, während er die Parade abnahm, aller Voraussicht nach im Scheinwerferlicht sitzen. Seine Silhouette würde sich die gesamte Zeit über deutlich abzeichnen. Das Einzige, was ihn etwas zuversichtlicher stimmte, war die Präsenz der zahlreichen bewaffneten Wachen, allesamt bestausgebildete Soldaten.
Der Navy-SEAL hatte mit den Briten früher bereits zusammengearbeitet und wusste, welch vorzügliche Soldaten sie waren. Wie immer er die Sache betrachtete, es würde nahezu unmöglich sein, an Admiral Morgan heranzukommen, ohne entdeckt oder erschossen zu werden. Arnold würde immer von fünf persönlichen Leibwächtern, ihm eingeschlossen, und einer Phalanx bewaffneter Polizisten umgeben sein.
Nachdenklich stand Rick an der Brustwehr der Half-Moon Battery und versuchte die Entfernung vom Fuß der Mauer und von den an den Seiten der Esplanade errichteten Tribünen zu Arnold einzuschätzen.
Es fiel ihm auf, dass der Bühnenbereich leicht abschüssig und der Boden sehr uneben war. Er versuchte sich einen Attentäter vorzustellen, der über die Esplanade auf den Admiral
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