Bis zum bitteren Tod (German Edition)
Mannschaft: Ruderführer, Steuermann, Wachen und in diesem Fall der Bootsmann. Sie alle aber standen unter dem Kommando von Bob Wallace, der erst vor kurzem zum Commander befördert worden war, ein ehemaliger U-Boot-Fahrer und Kampfschwimmer, der sein Lebtag noch nicht auf einem Bergungsschiff gewesen war.
Daneben fanden sich 16 weitere Kampfschwimmer unter dem Befehl von Chief Petty Officer Mark Coulson, einem US-Navy SEAL, der kurz vor Mitternacht vom SEAL-Stützpunkt in Virginia Beach zur Werft in Norfolk eingeflogen worden war. Mitgebracht hatte er LPO Ray Flamini, einen Mini-U-Bootfahrer und Unterwasserspezialisten. Dazu gab es ein Navy-Spezialteam für Bergungsarbeiten, Männer, die mit den Stahlkabeln umzugehen wussten, die an den beiden großen Kränen vorn und hinten befestigt und in der Lage waren, 65 Tonnen Gesamtgewicht zu heben.
Die meisten von ihnen schliefen und würden das auch während der gesamten 14-stündigen, 160 Meilen langen Fahrt hinaus in die Chesapeake Bay und dann den dunklen, stillen Potomac River hinauf in Richtung Washington D. C. tun. Dann aber würde es mit dem Schlaf vorbei sein. Es handelte sich um einen dringenden Auftrag, der schnell und verschwiegen zu erledigen war.
Langsam fuhren sie an der nach Westen ausgerichteten Marinebasis vorbei, drehten 18 Grad nach steuerbord und näherten sich der Zufahrt zur Chesapeake Bay. Als sie schließlich nach Norden abdrehten, zeichnete sich backbords die dunkle Silhouette von Fort Monroe ab. Die Gewässer wurden rauer, dazu kam die anschwappende Bugwelle eines Frachters, der durch die auflaufende Flut schnitt.
Die großen schweren Lastkähne achtern hoben sich gewaltig, bevor sie in die Wellentäler sackten, während die Rudergänger das Steuerrad nach backbord schwangen, damit die trägen, schwimmenden Frachtplattformen in Linie blieben.
Die Grabber führte sie hinaus in die nach Norden verlaufende Wasserstraße, und nach zwei Stunden hatten sie die Bucht durchquert und zogen an Cape Charles an der Ostküste Virginias vorbei. Kaum vier Stunden später überquerten sie die unsichtbare Grenze, an der alle nach Norden bestimmten Schiffe in die Gewässer des Bundesstaates Maryland einliefen. Acht Glasen wurden auf der Brücke des Bergungsschiffes geschlagen, wodurch der Beginn der Vormittagswache signalisiert wurde: Es war acht Uhr an diesem klaren Wintermorgen. Die Sonne allerdings stand noch immer tief steuerbords achtern, als sie 45 Grad nach backbord drehten und auf die breiten Gezeitengewässer der Potomac-Mündung zuhielten.
Point Lookout, das wie eine schwarze Schlange auf einem silbernen Teppich aus der langen Halbinsel Marylands hervorragte, zeichnete sich klar im Morgenlicht ab. Die Gewässer waren ruhiger, und backbords der drei Schiffe erstreckte sich über 40 Meilen die lange, buchtenreiche Küste Virginias nach Norden bis hin zu der großen S-förmigen Kehre, wo der Fluss sich verengte und stellenweise auch tiefer wurde.
Ein gewaltiger Wasserweg. Von seiner eisigen, sprudelnden Quelle hoch oben in den Appalachen oberhalb des Shenandoah Valley legt allein der südliche Quellfluss des Potomac 270 Kilometer zurück, bevor er Harper’s Ferry erreicht und nach Osten in Richtung Washington abbiegt, um die letzten 270 Kilometer seiner Reise ans Meer anzutreten.
Die Grabber und ihre Begleitschiffe hatten noch 100 Meilen im hellen Tageslicht vor sich. Auf der gesamten Route bewahrten sie absolute Funkstille. Gelegentlich passierten sie einen Frachter, der nach Süden unterwegs war. Es wurden keinerlei Begrüßungs- oder andere Signale ausgetauscht. Mittags wechselte die Wache. An Bord des Bergungsschiffes gab es für alle ein Essen, die Männer auf den Lastkähnen begnügten sich mit Rindfleisch-Sandwiches und Schokolade, dazu gab es heißen Kaffee.
Der Nachmittag zog sich dahin, fröstelnde Kälte machte sich bemerkbar, lange bevor die Sonne unterging. Um 15 Uhr hatten sie ihre Geschwindigkeit auf acht Knoten reduziert, und der Steuermann beobachtete intensiv das GPS und rief die Daten aus. Als sie Quantico passierten, nahm Commander Bob Wallace Kontakt mit der Luftwaffenbasis des Marine Corps auf dem Turner Field auf.
Langsam kamen sie am Chicamuxen Creek steuerbords vorbei und dann, sie trieben fast, zog die flache Halbinsel Stump Neck vorüber, auf der das Navycenter für Seekriegsführung lag. Hier befahl Commander Wallace eine Kursänderung. Die USS Grabber drehte 38 Grad nach links, hin zur Mitte des Stroms, und nahm Kurs
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