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Bis zum Hals

Bis zum Hals

Titel: Bis zum Hals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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findet, und ich verstand, endlich, doch zum Mitlachen war’s mir irgendwie nicht lustig genug.
    Drogen. Weiß echt nicht, was ich da früher dran gefunden habe.
    »Mann, du solltest herkommen, dann würd dir die miese Laune vergehen. Ich hab mich hier mit diesen beiden Barmädels angefreundet, Spanierinnen, also die besorgen mir alles, einfach alles, und als du angerufen hast, da waren wir noch … bist du noch dran?«
    »Ja, aber ich muss Schluss machen, kann sein, dass jemand anr …«
    » Hey, da fällt mir ein, letzte Tage waren wir wandern, hörst du das? Dein Freund Pierfrancesco und wandern. Ha! Und es war geil, echt geil, die Gegend ist zwar scheißbergig, aber … geil, ja, und Tropical ist gar kein übles Bier, kann man sich dran gewöhnen, und die Luft hi …«
    »Sag mal eben, was für ein Netz hat die Vorwahl 0178?«
    »E-Plus, und die Luft hier – hör mal, wieso weißt du so was nicht? Weiß doch jedes Kind – die Luft hier, Kristof, ehrlich, die Luft hier, die ist zum Schlürfen, und die Mädels und das Meer – hab ich das Meer schon erwähnt? Brandung, Kristof, unglaublich, da möchte man Surfer sein und Sonnenunun-nuntergänge, da setzt du dich auf den Arsch, und dann, du müsstest sie sehen, Kristof, dir würden die Augen rausfallen, die eine tanzt auch, weißt du? Semi-professionell, und die andere, die hat ein Paar …«
    »Ich hasse dich«, unterbrach ich ihn. »Ich hasse dich, du blödes Arschloch, und ich wünsche dir und auch deinen semi-professionellen Thekenschlampen die Krätze an den Hals.« Und ich legte auf, doch nicht, bevor ich ihn nicht noch selig auflachen gehört hatte. Arschloch.
    Wahrscheinlich bumst er sie noch nicht mal, dachte ich. So wie ich den kenne, labert er ihnen nur nachts an der Bar einen an die Backe und geht tagsüber mit ihnen wandern. Trotzdem Arschloch.
    Ich warf Scuzzis Rechner an, schaffte es, E-Plus aufzurufen und mich bis zum Kundenservice durchzukämpfen, wo ich dann wie immer am System scheiterte. Alles, was ich wollte, war A: erfahren, ob mein ach so misstrauischer Gesprächspartner von vorhin namentlich registriert war, und B: mich erkundigen, ob es eine Möglichkeit gab, eine Liste sämtlicher von Dimitrijs Handy aus angewählten Rufnummern einzusehen. Doch nein. Sich bis zu den Feuerknöpfen amerikanischer Atomraketensilos durchzuhacken wäre wohl einfacher gewesen.
    Ich gab’s auf und wählte die Nummer des Katholischen Krankenhauses. Mein Freund der Pförtner verband mich ohne Umschweife mit der Pathologie, wo Dr. Korthner genauso zügig dranging.
    »Ah, Kryszinski. Kommen Sie doch mal eben rasch vorbei, wenn Sie Zeit haben. Ich muss Ihnen etwas zeigen.«
    »Hören Sie, Doktor, können wir das nicht am Telefon erledigen? Ich hatte einen langen Tag und …«
    »Ich auch. Trotzdem wate ich auch um diese Uhrzeit immer noch putzmunter und ohne mich zu beklagen bis zu den Knien im Blut. Also. Kommen Sie her oder nicht?«
    »Ja, ja. Bin unterwegs.«
    »Schön.«
    Ich wollte schon gehen, als mir in den Sinn kam, dass Anoushka mich ja in der Zwischenzeit zu erreichen versuchen könnte. Rechts vom Schreibtisch hing Scuzzis zweites, sein »Business«-Handy an der Lade.
    Ich rief ihn noch mal an und ließ mich von ihm Schritt für Schritt durch die Umstellung seines Anschlusses auf Rufumleitung führen.
    »Wann kommst du eigentlich nach?«, wollte Scuzzi noch wissen.
    »Sobald ich das ganze Zeugs vertickt habe, das du hier in deinem Schreibtisch bunkerst.«
    »Ah, toll. Nur mach mir bloß die Preise nicht kaputt.«
    »Was ist das für ein Geknalle bei dir?«
    »Feuerwerk. Wundervoll. Gigantisch. Riesenfete unten am Hafen. Gehen wir auch gleich hin. Fressen, saufen, quarzen, feiern bis in den Morgen. Echt schade, dass du nicht dabei sein kannst.«
    »Arschloch.«
     
    Kein Fressen, kein Saufen, kein Feiern für Kryszinski, kein Feuerwerk über der Ruhr City diese Nacht. Nur eine auch lange nach Einbruch der Dunkelheit kaum gemilderte Hitze und eine Luft, die sich einem auf die Atemwege legte wie verdampftes Schwermetall.
    Ich ließ den Wagen rollen, gedachte gallig all der Dinge, die mir das Leben zurzeit vorenthielt, und als ich mit der Liste durch war, die mit Alkohol begann und nach ein paar ausgedehnten, sich eng um den Oberbegriff Erotik schmiegenden Warteschleifen mit Zigaretten endete, kam der Smart auch schon wie selbstverständlich im Innenhof des Katholischen Krankenhauses zum Stehen. Ich stieg aus, klopfte an die Hintertür der Pathologie, und wer

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