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Bis zum Horizont

Bis zum Horizont

Titel: Bis zum Horizont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Paul Evans
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flüsterte Nicole.
    Christine klingelte zur vereinbarten Zeit an unserer Tür. Sie trug einen bunten Weihnachtspullover und Christbaumkugel-Ohrringe. Ihre Wohnungstür stand weit offen. »Könntest du mir vielleicht helfen, meine Kuchen herüberzutragen?«, fragte sie mich.
    »Sehr gern«, sagte ich. »Wie viele hast du denn gemacht?«
    »Drei. Apfel, Kürbis und Dörrobst.«
    »Den mit Dörrobst hast du nur gemacht, um mich zu ärgern, stimmt’s?«
    Sie lächelte. »Ich esse gern Dörrobst.« Dann fügte sie hinzu: »Und ich ärgere dich gern.«
    »Ich weigere mich, den Dörrobstkuchen zu tragen«, erklärte ich.
    Wir brachten die Kuchen herüber. Nicole stöhnte auf, als wir hereinkamen. »Die sehen ja fabelhaft aus.«
    »Danke. Ich backe sehr gern, ich habe nur niemanden, für den ich backen könnte.«
    Ich sah Nicole an. »Ich denke, ihr zwei solltet euch zusammentun.«
    »Das haben wir gerade getan«, erwiderte sie.
    »Hi, Bill«, sagte Christine, als sie in die Küche kam.
    »Hallo, Chris«, sagte Bill. »Ist das etwa Dörrobstkuchen?«
    »So ist es.«
    »Ich liebe gutes Dörrobst.«
    Christine warf mir einen Blick zu, und Nicole grinste. »Sieht aus, als ob das Dörrobst deinen Eierflip schlägt«, sagte Nicole.
    Ich zuckte die Schultern. »Über Geschmack lässt sich nicht streiten.«
    »Genau meine Rede«, erwiderte sie.
    »Und? Wie übersteht man als Diabetikerin ein Thanksgiving-Festmahl?«, fragte ich.
    »Heute bin ich keine Diabetikerin.«
    »Im Ernst?«
    »Das war ein Witz, aber ich werde mir ein bisschen mehr Insulin spritzen. Ich weiß, das ist nicht so gut, aber einmal im Jahr … Ich denke, ich werd’s überleben.«
    Eine halbe Stunde später war das Essen fertig, und wir setzten uns zu Tisch.
    »Mein Gott, was für ein Festmahl«, sagte Bill. »Eine solch üppige Tafel habe ich seit Junes Tod nicht mehr gesehen.«
    »Ich würde gern beten«, sagte Nicole. Sie streckte die Hände aus und ergriff meine und Bills Hand. Bill ergriff Christines Hand und Christine meine, sodass der Kreis komplett geschlossen war.
    Nicole senkte den Kopf. »Lieber Vater im Himmel, an diesem Tag bin ich dankbar für meine Freunde und für Alan und seine Fürsorge. Wir sind dankbar für diese Speise und für so vieles andere. Wir bitten um Segen für diejenigen, die Mangel leiden, und darum, zu ihnen geführt zu werden, um ihnen zu helfen. Und wir sind dankbar für diejenigen, die in unserem Leben fehlen. Amen.«
    »Amen«, sagte ich.
    »Amen«, sagten Bill und Christine.
    »Bevor wir essen, möchte ich gerne noch kurz etwas sagen, wenn es euch recht ist«, sagte Nicole.
    »Natürlich«, sagte Bill. »Eine Ansprache, eine Ansprache!«
    »Na ja, eine Ansprache ist es eigentlich nicht«, sagte sie. »In besseren Tagen war es in unserer Familie üblich, dass jeder eine Sache nannte, für die er besonders dankbar war, bevor wir essen durften. Ich würde es gerne genauso machen.«
    Wir waren alle einverstanden.
    »Alan, würdest du anfangen?«
    Ich sah in die Runde. Alle Augen waren auf mich gerichtet. »Sehr gern.« Ich richtete mich ein wenig auf. »Dies ist mein erstes Thanksgiving ohne McKale. Wenn man mich vor einem Jahr gefragt hätte, wofür ich am dankbarsten sei, dann hätte ich gesagt, McKale. Wenn man mich heute fragen würde, dann würde ich genau dasselbe sagen. Ich nehme an, manchmal können wir uns einfach glücklich schätzen, jemanden gehabt zu haben, den wir so sehr vermissen können.«
    Nicole lächelte wehmütig.
    »Ich bin dankbar dafür, dass ich heute mit euch allen hier sein darf, für dieses Essen und für dieses Zuhause. Ich bin dankbar dafür, dass es mir schon so viel besser geht. Vor allem bin ich dankbar für Nicole, dafür, dass sie sich um mich gekümmert und mir so viel Mut zugesprochen hat. Ich weiß nicht, ob ich es ohne sie geschafft hätte. Das war’s«, sagte ich.
    Bill nickte nachdenklich.
    »Ich mache weiter«, sagte Christine. Sie wandte sich an Nicole. »Ich bin dankbar dafür, dass du mich eingeladen hast, mit euch zusammen zu essen. Ich dachte, es würde wieder so ein trauriges, einsames Thanksgiving werden. Ich habe im Moment nicht so viel Geld und kann in den Ferien nicht nach Hause fliegen. Daher bin ich dankbar dafür, Freunde zu haben, mit denen ich zusammen Thanksgiving feiern kann.«
    »Amen«, sagte Nicole.
    »Und Sie, Bill?«, fragte ich.
    Bill sah auf seinen Teller, während er seine Gedanken sammelte. Dann blickte er hoch und sah in die Runde, bis er seinen Blick

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