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Bis zum Horizont

Bis zum Horizont

Titel: Bis zum Horizont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Paul Evans
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später wich der See Weideland und Wiesen, auf denen Kühe standen. Ein Schild verkündete, dass dies das Tor zum Nationalforst des »Pfannenstiels« von Idaho war.
    Die Sonne ging schon langsam hinter mir unter, als ich den Rastplatz des Fourth of July Pass erreichte. Ich war müde und wollte mir einen Platz zum Zelten und Abendessen suchen. Ich verließ den Highway an der Abfahrt, die in einem T endete. Ich wusste nicht, welche Richtung ich einschlagen sollte. Das obere Schild zeigte nach rechts zu einem Rastplatz für Kraftfahrzeuge, der irgendwo einen langen und steilen Hügel hoch außerhalb meiner Sichtweite lag. Auf dem Schild darunter stand MULLAN TREE. Der dazugehörige Pfeil zeigte nach links auf eine abschüssige Asphaltstraße, die meinen erschöpften Beinen weitaus einladender erschien. Ich entschied mich für links.
    Ich hatte keine Ahnung, dass die Entscheidung, die ich gerade getroffen hatte, so viele Leben beeinflussen würde.
    Ich überquerte die Straße und stieg eine leichte Anhöhe zu einem Kiesweg hoch. Ein braunes Schild der Forstverwaltung erklärte, dass der Mullan Tree eine Drehkiefer war, in die vor über 150 Jahren Soldaten des Generals John Mullan etwas geschnitzt hatten. Die Inschrift erinnerte an die Fertigstellung der Mullan Military Road, des ersten größeren Highways im Pazifischen Nordwesten, der zwischen Fort Benton, Montana, und Fort Walla Walla, Washington, verlief. (Der Name Mullan sollte mir schon bald sehr vertraut sein, denn, wie ich feststellte, hatte General Mullan dazu geneigt, alles nach sich selbst zu benennen.)
    Die Straße teilte sich erneut, und ein Schild an der linken Abzweigung informierte mich darüber, dass sich der berühmte Baum weiter oben am Berg befand. Leider sagte das Schild nichts darüber, wie hoch oben an der Straße der Baum tatsächlich stand. Während ich die steile Anhöhe hochblickte, kam ich zu dem Schluss, dass ich weder die Beine noch die Neugier oder das Tageslicht hatte, um auf Erkundungstour zu gehen. Daher nahm ich die rechte Abzweigung, die etwa fünfzig Meter hinter der Gabelung auf einem kleinen Rastplatz mit einer großen steinernen Statue General Mullans endete. Ich beschloss, dort mein Lager aufzuschlagen.
    Vom Kiesweg ging es einen Abhang hinunter zu einem kleinen, ebenen Bereich mit einem Toilettenhäuschen und ein paar Picknicktischen. Die Luft war kalt und schwer von Moosgeruch. Die ZELTEN-VERBOTEN-Schilder überall schreckten mich nicht ab. Ich bezweifelte, dass irgendjemand die Einhaltung dieses Verbots auf diesem abgelegenen kleinen Rastplatz kontrollierte, und selbst wenn, konnte ich mein Zelt leicht in der dichten Vegetation verstecken.
    Ich kehrte zurück zu den Picknicktischen und baute mein Zelt hinter einer kleinen Baumgruppe auf, wo es selbst am helllichtem Tag von der Straße aus nicht zu sehen war.
    Ich war am Verhungern. Die Sandwichbrötchen, die ich mir in Cœur d’Alene gekauft hatte, waren auf die Hälfte ihrer ursprünglichen Größe zusammengedrückt worden, aber sie schmeckten noch immer ganz passabel. Ich schnitt ein paar dicke Scheiben von der Salami und dem Pecorino ab und bestrich das zerdrückte Brot mit Mayonnaise und Senf aus den kleinen Saucenpäckchen, die ich unterwegs in einer der Fastfood-Buden mitgenommen hatte. Ich verschlang das Sandwich rasch und machte mir gleich noch eines.
    Ich hatte das zweite Sandwich eben aufgegessen und war dabei, in mein Zelt zu klettern, als ich einen Wagen näher kommen hörte. Er spritzte den Kies auf, fuhr an meinem Lagerplatz vorbei und kam dann schlitternd zum Stehen. Als die Türen aufgingen, wurde ein wildes Stimmengewirr laut, hauptsächlich Basstöne. Dazwischen war die hellere Stimme einer jungen Frau zu hören. Die Insassen des Fahrzeugs lachten und redeten aufgeregt, und ich nahm an, dass es sich um ein paar betrunkene Collegeschüler handelte.
    Der Platz lag inzwischen gänzlich im Schatten, und ich war hinter einer dunklen Wand aus Bäumen verborgen. Ich war mir sicher, dass ich keinen Grund zur Besorgnis hatte, aber nach dem Überfall auf mich war ich dennoch nervös. Ich griff in meinen Rucksack und holte die Pistole meines Vaters heraus. Ich nahm den Ladestreifen aus der Seitentasche des Rucksacks, in der ich ihn separat aufbewahrte, und schob ihn ins Magazin. Nur zur Sicherheit.
    Dann hörte ich die Frau schreien: »Lasst mich in Ruhe!«
    Auf ihren Schrei folgte das Zuschlagen von Türen und noch mehr Gelächter.
    »Hört schon auf!«, brüllte

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