Bis zum letzten Mann
nickte zögernd. »Aber selbst, wenn Sie ihn versetzt hätten, hätte dies seine Autorität doch untergraben. Das könnte ihn zum Verrat verleiten. Es sei denn Sie würden ihn gleichzeitig auch noch befördern.« Sie schnitt eine angewiderte Grimasse.
»Oder«, bemerkte Jasek, »ich könnte Sie versetzen.«
»Und welcher der anderen Obersten würde mir eine faire Chance geben?«, fragte sie ungläubig.
Er zuckte die Achseln und blieb vor einem Besprechungszimmer stehen. Von der anderen Seite der leicht geöffneten Tür dröhnte Joss Vandels tiefer Bariton auf den Gang. Hier stand kein Posten. Falls es ein Agent der Republik oder des Lordgouverneurs bis hierher schaffte, also an den besten Sicherheitskräften vorbei, die sich GioAvanti leisten konnte, hätte ein weiterer Posten auch nichts mehr geholfen.
Dann deutete er mit einer Kopfbewegung auf die Tür, durch die Oberstleutnant Wolf vorausgegangen war. »Alexia hat sich nach Ihnen erkundigt«, gab er zu. »Sie braucht bei den Tharkanischen Ulanen erfahrene Leute.«
Er hielt die Chance, dass Tamara Duke dieses Angebot annahm, für etwa ebenso groß wie die, dass sein Vater plötzlich dem Archon des Lyranischen Commonwealth die Treue schwor oder der Exarch der Republik aus freien Stücken die Isle of Skye wiederherstellte. Doch ab und zu wurde selbst das Unwahrscheinlichste wahr.
Aber nicht diesmal.
»Nein.« Tamara schüttelte den Kopf. »Bei Petrucci weiß ich, woran ich bin. Und bei Parkins auch, was das betrifft. Ich bekomme das in den Griff.« Sie stockte kurz, dann fragte sie: »Sie hätten mich auf jeden Fall gebeten, ihn zu behalten, oder?«
Ihr offen ungläubiger Gesichtsausdruck ließ ihn auflachen. Das war gut. Die letzten Tage hatten wenig Gelegenheit zur Heiterkeit geboten. Er beugte sich nahe genug zu ihr hinüber, um ihre parfümierte Seife zu riechen. Ihre Augen weiteten sich und er lächelte sie an. »Ja, Tamara, Sie haben Recht. Aber ich wollte, dass Sie selbst darauf kommen.«
»Warum, Jasek?« Es war fast geschnurrt, so als sonne sie sich in seiner Wärme.
Vorsicht ... »Weil ich sichergehen wollte, dass zwischen uns alles in Ordnung ist, bevor ich Sie zu dieser Kommandeursbesprechung einlade.«
»Mich einladen? Jetzt?«
»Wir rücken sofort nach Skye aus«, erklärte er ihr. »Nach einem kurzen Zwischenhalt auf Zebebelgenubi.«
»Was? Warum?«
»Ein paar Highlander sitzen dort in der Falle«, beantwortete er ihre Frage bewusst im wörtlichsten möglichen Sinne, obwohl er genau wusste, dass sie nicht so gemeint war. »Wir hoffen, Sie aus den Krallen der Falken retten zu können.«
»Nein, ich meine, warum soll ich bei der Besprechung dabei sein? Warum jetzt?«
Er las es in ihrem Gesicht, ganz gleich, wie sehr sie sich auch unter Kontrolle zu haben glaubte. Wenn es um ein Pokerface ging, war Tamara Duke verglichen mit Niccolö GioAvanti eine blutige Anfängerin. Für Jaseks geübten Blick war sie dagegen ein offenes Buch. Der Widerschein seiner Nähe. Die plötzliche Überraschung, zu einer Kommandeursbesprechung eingeladen zu werden. Und der aufflammende Stolz.
Und die unvermeidlich folgende Hingabe - die Verehrung.
Nachdem er sie heruntergeputzt hatte, war es jetzt an der Zeit, sie wieder aufzubauen und die Loyalität, die sie an ihn band, zu zementieren. Niccolö nannte das >Persönliche Zeit<. Jaseks Vater hätte es schlicht als Menschenführung bezeichnet.
Er wusste, was es wirklich war, und verspürte nur einen Hauch von Selbstverachtung dafür, wie er ihre Gefühle und Erwartungen ausnutzte, als er ihre Hand jetzt nahm und drückte. »Aus demselben Grund, aus dem ich Sie nach Towne geschickt habe«, antwortete er. »Weil ich Sie hier und jetzt genau dort brauche.«
Angesichts ihres träumerischen Blickes und der offenen Körperhaltung war sich Jasek ohne jeden
Zweifel sicher, dass sie von seiner Antwort einzig und allein »Ich brauche Sie« gehört hatte. Er ließ ihre Hand los, als er die Tür öffnete, denn er hatte kein Interesse daran, Alexia die Zwänge seiner Position unter die Nase zu reiben.
Ihr eisiger Blick vom anderen Ende des Konferenztisches herüber machte deutlich, wie überflüssig es gewesen wäre.
Wenn neu erworbene Staaten gewohnt sind, frei nach ihren eigenen Gesetzen zu leben, gibt es drei Möglichkeiten, ihren Besitz sicherzustellen: erstens durch ihre Verwüstung.
Der Fürst, Niccolö Machiavelli
Belletaria, Kreis Venicio, Kimball II Präfektur IX, Republik der Sphäre
16. September 3134
Das
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