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Bis zur letzten Luge

Bis zur letzten Luge

Titel: Bis zur letzten Luge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richards Emilie
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ihr klar, wie selten sie in den Jahren seit dem Tod ihres Vaters fröhliches Lachen gehört hatte.
    „Vielleicht sollte ich Ihnen nicht meine dunkelsten Geheimnisse verraten“, sagte er. „Einer Ihrer treuen Unterstützer könnte auf dumme Ideen kommen, wenn ich Ihnen das nächste Mal einen Vertrag vor der Nase wegschnappe.“
    „Treue Unterstützer?“
    „Jetzt tun Sie nicht so, als würden Sie nicht verstehen.“ „Aber ich verstehe wirklich nicht, Mr Gerritsen.“
    „Bitte nennen Sie mich Henry! Sie haben den Ruf, dass die Männer, die für Sie arbeiten, Ihnen in erstaunlicher Treue ergeben sind. Einigen von ihnen habe ich mehr Lohn angeboten, wenn sie zu mir kommen und für mich arbeiten. Fast alle haben das Angebot abgelehnt.“
    „Fast alle?“
    „Ich bin immer noch an einem Ihrer Angestellten interessiert – ich verrate allerdings nicht, um wen es sich handelt.“
    „Solange es nicht Tim ist …“
    „Sie sollten mir Geld zahlen, damit ich Ihnen Tim abnehme.“
    Sie schwieg. Die Loyalität zu Tim verlangte eigentlich von ihr, zu widersprechen, doch der gesunde Menschenverstand forderte, dass sie zuhörte.
    „Gilhooley tut Ihnen keinen Gefallen mit seiner zögerlichen, zurückhaltenden Handlungsweise“, sagte Henry. „Aber ich glaube, das wissen Sie längst.“
    Sie dachte über seine Worte nach. „Erzählen Sie mir von sich“, bat sie ihn. Sie hatten die Stadt hinter sich gelassen. Die sommerliche Hitze stieg vor dem Zugfenster in Wellen aus den Palmbüschen im Sumpf auf.
    „Ich habe Ihnen vermutlich schon alles erzählt, das Sie wissen müssen.“
    „Soll ich Ihnen erzählen, was ich über Sie weiß?“
    Er lehnte sich zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und drehte sich ein bisschen, sodass sie noch näher beieinandersaßen. „Das würde mich freuen.“
    Sie rückte nicht ab, obwohl sie sich vorstellen konnte, dass er es erwartet hätte. „Sie sind frech, aufdringlich und geneigt, immer den kürzesten Weg zu nehmen. Sie können skrupellos und zugleich charmant sein, was wahrscheinlich erklärt, warum Sie es in New Orleans so weit gebracht haben, obwohl Sie aus dem Nichts gekommen sind. Aus einem Grund, den ich nicht begreife, haben Sie beschlossen, dass es gut wäre, sich mich zum Freund zu machen. Aber ich sage Ihnen hier und jetzt, dass Gulf Coast Shipping nicht zum Verkauf steht.“ Sein Lächeln war breit und anerkennend. Sein Blick wirkte beinahe besitzergreifend, und Aurores Sinne waren mit einem Mal geschärft. „Und ich bin es auch nicht“, fügte sie hinzu.
    „Soll ich Ihnen jetzt erzählen, was ich über Sie weiß?“ „Ich lebe in einer Welt der Männer. Ich schätze, ich muss die Konsequenzen auf mich nehmen.“
    „Ihre Augen werden dunkler, wenn Sie wütend sind, und alles, was Gulf Coast bedroht, macht Sie wütend. Sie sind den Männern, die für Sie arbeiten, genauso treu und loyal ergeben, wie sie Ihnen – selbst zum Nachteil der Firma. Sie haben sonst nichts in Ihrem Leben, doch Sie haben entdeckt, dass Sie sich nicht an die Vergangenheit klammern können, ohne die Zukunft zu gefährden. Und Sie wollen und brauchen eine Zukunft.“
    Sie starrte ihn an. „Sie sehen nicht aus wie ein Voodoopriester.“
    „Sie sind eine sehr vielschichtige Frau. Aber wollen im Grunde genommen nicht alle Frauen das Gleiche?“
    „Und die Männer?“
    „Männer wollen Macht. Frauen wollen Liebe.“
    „Dann sollten Frauen und Männer lieber unter sich bleiben.“
    „Im Gegenteil. In einer Ehe gibt es Platz für Macht und Liebe.“
    „Wenn das wahr ist, warum haben Sie dann noch nicht geheiratet?“, fragte sie mutig. Die gesamte Unterhaltung ging so weit über die Grenzen der Höflichkeit hinaus, dass ihr nichts zu schockierend vorkam, um es zu fragen.
    „Bis jetzt habe ich noch nicht die Frau gefunden, die mir die Macht verschaffen kann, die ich mir wünsche.“
    „Und darf ich fragen, wer dieser Inbegriff der Frau ist?“ „Sie, meine Liebe.“
    Es war zu spät, um ihn zurechtzuweisen. Stattdessen lachte sie leise. „Sie bringen mich zum Lachen, Mr Gerritsen! Ich war mir nicht sicher, ob ich es immer noch kann.“
    „Wir beide wissen, dass ich es sehr ernst meine.“
    „Aber das hier ist das erste Gespräch, das wir je miteinander geführt haben.“
    „Ich weiß alles über Sie.“
    Einen Moment lang verspürte sie Angst. Dann setzte sich die Vernunft durch. Er konnte nicht alles wissen. Sie und Tim hatten alle Mühen auf sich genommen, um dafür zu sorgen, dass

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