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Bis zur letzten Luge

Bis zur letzten Luge

Titel: Bis zur letzten Luge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richards Emilie
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machte es ihn wütend, dass ich mich einmischte.“
    Aurore nahm im Morgenzimmer Platz. Mit vor der Brust verschränkten Armen blieb Phillip stehen und lehnte sich an die Wand.
    „Andererseits machte Henry beinahe alles wütend, das mit mir zu tun hatte“, fügte sie hinzu. „Er hatte damit gerechnet, dass er leichtes Spiel mit mir haben würde, aber da musste ich ihn in jeder Hinsicht enttäuschen. Er hatte mich nicht unter Kontrolle. Ich war auf die Grand Isle gereist, ohne dass er etwas davon gewusst hatte. Erst durch eine beiläufige Bemerkung von jemandem, der mich dort gesehen hatte, war er überhaupt darauf aufmerksam geworden.“
    „Deshalb hat er also Bescheid gewusst.“
    Sie lehnte den Kopf zurück und schloss die Augen. „In dieser Nacht war es besonders finster und still. Die neuen Büros von Gulf Coast befanden sich mitten in einer schlecht beleuchteten Gegend am Flussufer. Für gewöhnlich waren noch andere Leute auf der Straße – Männer wie Henry, die wie er lange arbeiteten und dadurch den größtmöglichen Profit aus dem Tagesgeschäft herausholen wollten. Aber als Henry schließlich die Firma verließ, war auch schon der letzte unermüdliche Kämpfer gegangen. Die Straßen waren menschenleer. Henry war selbst zur Arbeit gefahren. Nun eilte er zu der Ecke, an der er geparkt hatte. Doch er war nicht schnell genug. Ein Mann trat aus den Schatten.“ Sie öffnete die Augen und sah Phillip an. „Wann immer es in späteren Jahren besonders schlimm mit Henry war, habe ich mir den Überfall als gerechten Ausgleich dafür vorgestellt. Ich habe mir ausgemalt, wie es damals immer dunkler wurde. Wie die Stille plötzlich durchbrochen wurde, als eine Faust auf seinen Körper traf. Ich bin mir sicher, dass er sich gewehrt hat. Bestimmt hat er sofort die Fäuste gehoben, hat angetäuscht, ist von Seitezu Seite gesprungen. Trotzdem war er dem Angreifer, den er nicht erkennen konnte, nicht gewachsen.“
    „Rafe?“
    Sie antwortete nicht direkt auf die Frage. „Henrys Angreifer war ein Phantom. Blitzartig schlug der Unbekannte wieder und wieder zu. Schließlich stürzte Henry auf den Gehweg. Er rollte sich am Boden zusammen und schützte sich so gut wie möglich, während das Phantom auf ihn eintrat. Als die Schläge und Tritte irgendwann aufhörten, wurde er an genau der Stelle ohnmächtig. Erst sehr viel später in derselben Nacht fand man ihn dort. Es dauerte Wochen, bis er sich davon erholt hatte.“
    Schweigend dachte Phillip über alles nach, was sie ihm erzählt hatte. Er hatte Mitleid für Aurore empfunden, doch für ihren Ehemann empfand er keines.
    „Ich habe Rafe nie wiedergesehen.“ Mit festem Blick schaute sie ihn weiterhin an.
    „Was ist mit ihm passiert?“
    „Hast du deine Mutter jemals nach Chicago gefragt?“ „Meine Mutter spricht nicht gern über ihre Vergangenheit.
    Sie hat mir nicht einmal ihren richtigen Nachnamen verraten.“
    „Frag sie nach Chicago, Phillip.“
    „Und wenn sie so tut, als könnte sie sich nicht daran erinnern?“
    „Dann fragst du sie noch einmal. Denn nur sie kann dir diese Frage beantworten.“
    Nickys Karriere konnte nur als eindrucksvoll bezeichnet werden. Zunächst hatte sie in Europa große Erfolge gefeiert, in späteren Jahren hatte sie die Vereinigten Staaten erobert. Sie war mit den weltbesten Bands auf Tournee gegangen und hatte mit vielen Jazzgrößen und -ikonen des Rhythm and Blues auf der Bühne gestanden. Ihre frühen Plattenveröffentlichungenzählten inzwischen zu den Klassikern, die von sämtlichen Musikwissenschaftlern und Sammlern in Ehren gehalten wurden. Ihre neuesten Platten verkauften sich sehr gut, und das bewies, dass sie neben den Leuten, die sich bei ihren Auftritten im Club Valentine drängten, noch viele andere Anhänger besaß. Sie war nicht den Süchten erlegen, die in ihrem Beruf für gewöhnlich überall lauerten, und nach vielen Jahren hatte sie endlich einen Mann gefunden, der sie bewunderte und respektierte.
    Natürlich hatte sie auf ihrem Weg auch traurige Rückschläge erlitten. Vor Jake war sie mit zwei anderen Männern zusammen gewesen, und an diesen beiden Liebesbeziehungen wäre sie beinahe zerbrochen. Sie hatte Phillip ganz allein großziehen und durch einen gewaltigen, grauenhaften Krieg bringen müssen. Oft hatte sie dabei die Hoffnung verloren und daran gezweifelt, diese schweren Zeiten zu überleben.
    Und sie hatte zusehen müssen, wie ein Wahnsinniger ihren geliebten Vater umgebracht hatte.
    Genau diese

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