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Bisduvergisst

Bisduvergisst

Titel: Bisduvergisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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Süden fahren, den Sommer auf der Haut fühlen. Mich von Träumereien durch den Tag tragen lassen. Zarten Abendwind und einen Rotwein vor dem Einschlafen genießen. Und jemanden zum Lieben mitnehmen.
    »Haben Sie mit Ihren Recherchen in einen Termitenhügel gestochen?«, fragte ich und versuchte, meine Stimme heiter klingen zu lassen.
    »Das vermute ich.« Dicke, graue Wolken schoben sich vor die Sonne. »Wollen Sie mitschreiben, Frau Laverde?« Kreuzkamp sah mich an. »An meinem Buch?«
    Er schaffte es nicht. War ein Chaot, einer, dem es pressierte, einer, der die Disziplin nicht aufbrachte, um die gute Idee zu gedruckten Seiten zu machen. Das kannte ich zur Genüge.
    »Journalisten geben normalerweise keine Leckerbissen ab«, sagte ich.
    »Lassen Sie sich doch nicht so bitten! Ich hänge im Tagesgeschäft. Sie könnten sich ein paar Wochen freischaufeln.«
    »Ich arbeite nur gegen Bezahlung.«
    »Darüber einigen wir uns.«
    Ich sah ihn an. Die Fassade gefiel mir. Aber das, was dahinter lag, interessierte mich nicht besonders. Sein Angebot war dermaßen durchsichtig. Kreuzkamp war einer, der nur die kleinen Sachen schaffte. Seine Artikel auf den letzten Drücker fertig bekam und damit nie völlig zufrieden war. Einer, der sein Leben lang im Tagesgeschäft festkleben würde.
    »Ich denke darüber nach«, sagte ich und stand auf. Klopfte mir die Jeans sauber. »Man sieht sich.«
    »Gehen Sie zu Irma?«
    »Machen Sie es gut!«

21
    Nero ging zwischen Leitner und Yoo Lim Pak über die Luitpoldbrücke. Leitner bewegte sich wie ein alter Puma vorwärts: geschmeidig und schwerfällig zugleich, leicht vornübergebeugt.
    »Der Neugruber Herbert ist ein Fuchs«, sagte Leitner. »Einer, dem man nichts glauben kann. Hing oft in krummen Geschichten drin. Ein begabter, kluger Kopf. 30 Jahre jung. Hat schon als Bub den ersten Scheiß gebaut.«
    »Sein Großvater, Martin Neugruber, war einer der Nazigrößen der Stadt Landshut«, mischte Yoo Lim sich ein.
    Nero sah sie von der Seite an.
    Ihre Augen blitzten angriffslustig. »Ortsgruppenleiter. Angeblich hängt bei den Neugrubers auf dem Speicher noch heute ein Hitlerbild.«
    »Schmarrn«, gab Leitner zurück. »Die Bilder haben sie damals alle im Garten vergraben, als die Amis kamen.«
    Sie bogen zur Mühleninsel ab. Wieder brach die Sonne durch die Wolkendecke.
    »Martin Neugruber ist nach dem Einmarsch der Amerikaner von zwei Soldaten aus dem Haus geführt worden. Nach ein paar Tagen kam er zurück. Wurde entnazifiziert und war ziemlich schnell auch für die Besatzer tätig. Als Kammerjäger«, verkündete Yoo Lim.
    Nero lachte auf. »Als Kammerjäger?«
    »Ja, sein Sohn Peter hat das Geschäft übernommen. Der alte Neugruber ist 1994 gestorben. Ich glaube, die Fußwallfahrt nach Maria Brünnl hat nicht allzu viel bewirkt. Dort wird für schönes Wetter gebetet«, erklärte sie Nero. »Nicht nur wegen der Schnupfengefahr für die Gäste; es geht vor allem um die wertvollen Kostüme. 1971 sind sie schon einmal nach einem Wolkenbruch davongeschwommen.«
    »Das war ein Wasserrohrbruch«, widersprach Leitner. »Gib nicht so an! 1971 bist du noch in Abrahams Wurstkessel geschwommen.«
    Nero sah in die schlammige Isar. Ein gekrümmter Baumstamm trieb vorüber, er sah aus wie eine Seeschlange. Drüben am anderen Ufer lungerte ein Mann, der ihm bekannt vorkam. Er kniff die Augen zusammen. Eine Frau stand vor dem Mann. Eine Frau mit einem Hut. Hinter den beiden erstreckte sich die Silhouette von Landshut. Beschaulich, einladend, heiter, trotz des miserablen Wetters.
    »Wenn der Regen nicht bald aufhört, fällt uns das Lagerleben und alles ins Wasser«, sagte jemand, der ihnen entgegenkam.
    Nero blieb auf dem Ludwigswehr stehen. Yoo Lim redete und redete. Leitner brummte einsilbig dazu. Der Fluss stürzte tosend in die Tiefe, wenige Meter, aber die Wassermassen übertönten jede menschliche Stimme. Die beiden Kollegen gingen weiter. Nero starrte über den Fluss. Kea? Konnte das Kea sein? Verdammt, wenn die Sonne durch die Wolken lugte, blendeten ihn die Lichtblitze im Wasser. Er sah, wie die Frau davonging, und da erkannte er sie. An dem leicht wiegenden, resoluten Gang, weiblich, aber doch sehr geradlinig. Eine Frau, die wusste, wohin sie wollte.
    »Keller? Wo bleiben Sie denn!« Leitners Stimme. Laut, durchsetzungsfähig, kraftvoll. Nero ging weiter, fühlte die Gischt auf seinem Gesicht.
    »Ich komme.«
    Er schloss auf.
    Leitner und Yoo Lim besetzten einen Tisch unter einem

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