Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bisduvergisst

Bisduvergisst

Titel: Bisduvergisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
Vom Netzwerk:
zynisch!«
    »Geht Sie das was an?«
    Mein Alfa stand vor mir. Ich zückte den Autoschlüssel. Erste Regentropfen fielen auf uns herab. Sie wurden schnell mehr, wurden dicker, wurden zu Hagel. Zwei Frauen rannten an uns vorbei, hielten die Handtaschen über ihre Köpfe. Eh ich es mich versah, saßen Kreuzkamp und ich in meinem Italiener.
    »Toller Wagen.«
    »Der einzige Grund, warum ich Ihnen ein Dach über dem Kopf gewähre«, ich wies auf die pingpongballgroßen Hagelkörner, »ist meine Menschenfreundlichkeit.«
    Er hatte die Dreistigkeit zu lachen. »Keine Sorge, wenn es mir hier mit Ihnen zu ungemütlich wird, stürze ich mich aus dem Wagen.« Er drehte sich zu mir, legte den Arm um meine Kopfstütze und sagte: »Ich habe jemanden ausfindig gemacht. Den Sohn des Kammerjägers.«
    »Ein Manuskript für einen historischen Roman?«
    Er lachte. Ein schönes, perlendes Lachen. Ich sah ihm nicht ins Gesicht. Starrte auf meine Motorhaube und beobachtete die springenden Hagelkörner. Das würde Lackschäden geben.
    »Herbert Neugruber, der angebliche Freund von Julika. Ich habe mir gedacht … nun, es ist eine alte Erfahrung der schreibenden Zunft, dass die erste Idee oft die beste ist, nicht? Wir haben sie viele Male verworfen, holen sie am Ende aber wieder hervor, wenn alle anderen Einfälle missraten.«
    Yes, sir.
    »Also dachte ich mir, auch wenn Leitner mir steckt, dass der Neugruber gar nicht Julikas Lover war … warum sollte das bedeuten, dass er nichts mit dem Mord zu tun hat?«
    »Ermitteln Sie in Sachen Kriegskinder auch so präzise?«, warf ich ein.
    »Warten Sie, der Clou kommt noch.«
    »Darauf wette ich.«
    »Ich habe mir die Geschichte der Familie Neugruber genauer angesehen. Da ist Herberts Vater, Peter Neugruber, ein netter Kerl von 71 Jahren, der noch den Betrieb vom alten Martin weiterführt. Weil sein Sohn als Hallodri verschrien ist und sich an keine geregelte Arbeit gewöhnen kann.«
    »Oder weil der Altvordere ihn nicht ranlassen will.«
    »Mag sein«, gab Kreuzkamp zu.
    Ich wiegte den Kopf. Bisweilen erwiesen sich gerade vermeintliche Randerscheinungen als Kern der Geschichte. Ich musste das wissen. Im Gegensatz zu Kreuzkamp-Grant war ich in meinem Job erfolgreich. Ich wusste, dass ein Plot sich mitunter selbst strickte. Mich zur Tippse degradierte. Weil die Story sich unerwartet selbst erzählte, nachdem man sich wochenlang gequält hatte, ohne zu wissen, worauf sie hinauslaufen würde.
    »Mich machte neugierig, wer diese Familie wirklich ist. Was sie zusammenhält. Also habe ich ein wenig recherchiert.« Kreuzkamp ließ meine Kopfstütze los, zum Glück, denn die Mischung aus Aftershave und Schweiß, feuchter Baumwolle und Brunft begann im Auto ihre volle Wirkung zu entfalten, während die Scheiben beschlugen und die Hagelkörner zu platschenden Regentropfen mutierten. Ich öffnete mein Fenster einen Spalt.
    »Peter Neugruber ist 1938 geboren. Ich wollte ihn für mein Projekt gewinnen. Bei Kriegsende war er immerhin sieben Jahre alt. Aber ich habe …«
    »Sie haben sich verzettelt«, sagte ich niederträchtig. Ich musste den Mann dazu bringen, mich zu hassen. Nur so ersparte ich mir eine Niederlage in der Schlacht der Hormone und Drüsen.
    Stattdessen lachte er wieder. »Wie kommen Sie darauf? Halten Sie mich wirklich für so eine Napfsülze?«
    »Den Ausdruck muss ich mir aufschreiben.«
    »Tun Sie das. Also, Peter, Herberts Vater. Er führt noch das Geschäft, das er von seinem Vater übernommen hat: Von Martin Neugruber. Der ist seit 15 Jahren tot. Aber eine Figur, die es zu erforschen lohnt. Er war nämlich einer von Landshuts besonders eifrigen Nazis. Und es gibt Gerüchte, dass er in den letzten Wochen des Krieges die Wälder rund um diese hübsche kleine Stadt unsicher gemacht hat.«
    »Wie das?«
    »Schauen Sie nie Guido Knopp?« Er grinste über meine verwirrte Miene. »Den ZDF-Geschichtsmatador. Bereitet alle historischen Stoffe auf, die Deutschland nicht sehen will.«
    Der Regen ebbte ab. Ich öffnete die Fahrertür, um die frische Luft zu atmen. Nun ging es auch meinem Unterleib besser. Am besten, ich kippte Kreuzkamp gleich hier auf das Pflaster.
    »Damals sind eine Reihe von Leuten herumgezogen, die in letzter Minute sogenannte Volksschädlinge ausgerottet haben. Deserteure, Leute, die den Mund zu weit aufgemacht hatten. Leute, die von den Nazis als Defätisten beschimpft wurden. Die Moral unterwanderten oder wie man das nennen soll.«
    »Das soll dieser Martin Neugruber

Weitere Kostenlose Bücher