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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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übrigens ziemlich zahm geworden, weil das untere Volk sich zu gefährlich regt. Auch wird ja die sonstige äußere Lage immer toller. In Frankfurt am Main will man mit Gewalt ein deutsches Reichsparlament durchsetzen. Jakobinischer Unfug!«
    Zehntausend Mann Bürgerwehr standen aufmarschiert rings um das Schloß, wo die Sitzung glatt und kühl verlief. Es gelang Bismarck, den liberalen Führer v. Vincke zu überzeugen, daß öffentlicher Dank an die Barrikadenkämpfer unpassend sei. »Da stimme ich mit Ihnen überein. Aber Ihre Fraktion will ja Dank für die Truppen beantragen, und das geht erst recht nicht.«
    »Das werden wir fallen lassen, dafür lassen Sie mich sorgen.«
    »Gut. Natürlich wird eine Adresse votiert werden, um dem König unsern Dank auszusprechen für –«
    »Die Selbstaufopferung des Königtums. Ich werde dagegen protestieren, doch im übrigen das Programm akzeptieren, aber nur, weil ich mir nicht anders zu helfen weiß. Das neue Ministerium Camphausen datiert zwar erst vom 29. März, aber es scheint haltbar, und wir werden es unterstützen.«
    »Sehr gut. Dann sind wir also im Grunde ein Herz und eine Seele. Freut mich sehr, denn Ihrer Opposition kann ich Achtung nicht versagen. Ich empfinde ja auch manches schmerzlich, die Ereignisse sind uns über den Kopf gewachsen.«
    »Nun ja, die Vergangenheit ist begraben, die Monarchie warf selber Erde auf ihren Sarg.«
    »Ich bitte Sie, die Monarchie besteht ja doch fort, kein Mensch denkt daran sie abzuschaffen.«
    »Das wäre auch noch schöner. Aber sie anzutasten! Und in einer Zeit, wo monarchische Gewalt not tut, um die ganze wankende Gesellschaftsordnung zu stützen. Merken Sie denn nicht, wie die Anarchie überall den Boden unterhöhlt? Das Bürgertum wird sich wundern, wie bald die Jakobinermützen des Pöbels auftauchen.«
    »Sie waren immer ein Schwarzseher. Ein frischer Hauch geht durch Deutschland. Über Frankfurt am Main steht der Stern von Bethlehem.«
    »O! Solche geschmackvolle Blasphemie rührt mich nicht. Ichsehe dort höchstens die Ochsen und Esel im Stalle, doch weder Stern noch Jesuskind. Doch abwarten!«
    Die beiden Männer schieden mit einem Händedruck. Als die Adresse votiert wurde, bestieg Bismarck die Tribüne und sprach in wenigen wohlgesetzten Worten seine Ansicht aus. Er schloß: gelinge es wirklich, auf dem neuen Wege »ein einiges deutsches Vaterland zu erlangen«, dann werde er dem Urheber der neuen Ordnung danken, »jetzt aber ist es mir nicht möglich«. Ein Weinkrampf, der alle Welt in Erstaunen setzte, verhinderte ihn am Weiterreden und er verließ die Tribüne, ohne daß aber feindselige Kundgebungen gegen ihn erschollen. Die Stimmung der gemäßigten Liberalen schlug schon um, man scheute und haßte den Radikalismus, von dem man sich überrumpeln ließ. Das gewerbsmäßige Revolutionieren dunkler Elemente machte sich überall fühlbar. So wuchsen sich die Ereignisse auch in Berlin in ungeahnter Weise aus. Das verschrobenste innerpolitische Verhältnis trat ein. In Deutschland und Österreich siegte überall die Revolution auch gegen die Armee, nur in Preußen erwies letztere sich als überlegen und rief den Übergriffen ein Halt zu. Auch die Landbevölkerung hielt allerorts zur Krone. Doch so gewaltig wirkte der geistige und moralische Druck der Städte, die ausnahmslos zum Liberalismus übertraten, daß die tatsächliche Macht des Königtums ihm vorerst zwischen den Fingern zerrann. Die von der Presse und von Agitatoren verbreiteten Märchen, der Thronerbe, Prinz von Preußen, habe vorbedacht den Berliner Straßenkampf herbeigeführt, nahm zuletzt auch das Landvolk für bare Münze. In dieser Hinsicht wenigstens lag die geschichtliche Wahrheit ganz auf seiten der Royalisten, wenn sie umgekehrt eine heimliche Vorbereitung der Barrikaden durch meist ausländische Emissäre behaupteten. Aber diese unlautere Quelle der Berliner Bewegung das Volk aufzuklären und den Urgrund der Verdächtigungen aufzudecken, lehnte aber General Prittwitz stillschweigend ab, als Bismarck solche Aufforderung im Namen der Altmärker Ritterschaft an ihn richtete. Anderseits machte sich aber beim ganzen Adel und beim Schönhauser selber eine Einschüchterung bemerkbar, die sich beruhigt mit der neuen Ordnung abzufinden suchte. In einer Polemik gegen die Magdeburger Zeitung, die ihn reaktionärer Umtriebe bezichtigte, versicherte er, daß der Adel gern seine unbedeutenden gutsherrlichen Privilegien auf Würdigere übertragen werde. Das sei

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