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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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fruchtlose Hin- und Herreden, platzte er los: »Na, dann meinetwegen, ja!«
    Blitzschnell machte Rauch seine militärische Verbeugung und rannte mit langen Beinen davon. Die Anwesenden gerieten in freudige Bewegung. Der König schwieg eine Weile, wie betroffen von seiner eigenen Entschlossenheit, die man dem Überrumpeltenabzwang. »Da hat er nun seinen Willen! Sturmschritt, tambour battant ! Dieser Rauch! Spricht nicht richtig deutsch und spricht doch Fraktur in unserer geliebten Muttersprache. Hat mehr gesunden Menschenverstand wie wir alle, mein bester Bismarck – klüger wie Sie war er schon immer«, warf er dem armen Gerlach seine Ungnädigkeit ins Gesicht und verließ rasch das Zimmer. Gerlach zuckte betrübt die Achseln, doch focht die Ungerechtigkeit seine fromme Ergebenheit nicht an, den König von Gottes Gnaden umwob ihm ein Heiligenschein.
    »Sie werden sehen, Wrangel wird friedlich verhandeln und die Bürgerwehr zu freiwilligem Abzug bringen. Er ist schlau, trotz seiner soldatischen Derbheit, und kennt die Scheu Seiner Majestät vor jeder Brutalität«, raunte er Otto zu.
    »Ich halte das für einen politischen Fehler. Wird Berlin mit Sturm genommen, so stärkt dies die Monarchie. Fällt es bloß durch Kapitulation, so haben wir die alten legalen Scherereien. Die Rechtsfrage ist ja theoretisch zweifelhaft, denn an einem Königswort darf man nicht drehen und deuteln, und ein Staatsstreich bleibt es ja. Entweder oder! Mein Universitätsfreund Schramm, der jetzt in Berlin das große Wort beim Janhagel führt, sprach mal was von Blut und Eisen. Staatsstreiche brauchen Blut, das ist ein ganz besonderer Saft. Doch als Christen müssen wir uns freudig drein ergeben, wenn es nicht dazu kommt.« –
    Die Nationalversammlung konnte kein Blut sehen! Ihr Präsident v. Unruh leitete zwar eine platonische Gegenwehr ein, sich der befohlenen Auflösung wiedersetzend und das Volk zur Steuerverweigerung auffordernd. Aber als General Wrangels Truppen von allen Seiten einrückten, erlosch jeder bewaffnete Widerstand. Die Deputierten trieb man aus dem Konzertsaal, eine Versammlung im Schützenhause sprengten Gewehrkolben auseinander, die Bürgerwehr lieferte freilich erst sehr allmählich und zwangsweise die Waffen ab. Wrangel proklamierte das Standrecht und nahm Verhaftungen vor. Die Bauern aus Belzig, Teltow, Havelland drohten den bösen Großstädtern. Der König rief und alle, alle kamen, die bisher nicht den Mund aufgetan.
    Die Sozialisten arbeiteten später bis auf heutige Tage, wo bei jeder Feier für die Märzgefallenen die Verleumdung sich wiederholt, mit der Legende: Die lauen zweideutigen Bürger hätten die »Freiheit« verraten, weil ihnen das Geschäft über alles ging und das rote Gespenst umherschlich. Für die Hochfinanz vom Schlage der geadelten Frankfurter Bankierfamilie Bethmann-Hollweg und außer den Plutokraten für weite Kreise der besitzenden Bourgeoisie traf dies zu. Doch der eigentliche Kern der Bürgerschaft wäre zum Kampfe entschlossen gewesen, wenn nicht gerade die Arbeiter sich nach der alten Ordnung zurücksehnten, weil beim Stocken des Erwerbslebens die tägliche Löhnung wegfiel und bürgerliche Almosengelder nicht ausreichten,da man den Schwindel der Pariser »Nationalwerkstätten« noch nicht erfand. Die von Otto erwarteten Gewaltszenen, wenn es bei den Haussuchungen an die Maschinenbauer und einige Teile der Königsstadt kam, blieben daher aus. Vielmehr schrieb er, wohl mit viel Übertreibung, an Nanne: »Die Arbeiter lassen König und Militär hochleben und wollen, daß der König wieder allein zu befehlen habe.«
    In Potsdam ging es hoch her. Vom Himmel schneite es, doch er hing voller Geigen. Man mußte tausend bewaffnete Bauern nach Hause schicken, die »ihrem guten König gegen die verfluchten Berliner, das hochnäsige Pack«, helfen wollten. Früher hatte sich keine Hand gerührt. Majestät unterhielt sich mit Bauerndeputationen, bewirtete sie mit Malaga und riß leutselige Witze. Der Prinz von Preußen grüßte sehr heiter seinen Kumpan, den Schönhauser, mit der Hand, um den sich eine dichte Gruppe jauchzender Edelleute versammelte. »Gestern hat Wrangel einen Demokratenklub aufgehoben und 50 Kerle vors Kriegsgericht gestellt. Der versteht's mit seinem Belagerungszustand.« Man erzählte lachend, wie der alte Knabe, weil man ihm Repressalien gegen seine Frau androhte, auf dem Kreuzberg beim Einrücken knurrte: »Soll mich doch wundern, ob sie ihr gehängt haben.« Ein Uckermärker

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