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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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müssen. Trotz solcher Überstürzung bestand das improvisierte Ministerium am 9. November die Kraftprobe und kündigte die bevorstehende Auflösung der Versammlung an, ohne daß es außer ungeheurem Lärm zu Gewalttaten kam. Mit einer Protestdeputation der Majorität ließ sich der König nachher auf keine Erörterungen ein.
    »Die Entscheidung schwebt auf des Schwertes Schneide, Wrangel muß mit allen Truppen einrücken«, drangen verschiedene Royalisten in den Ministerpräsidenten, mit dem Rauch soeben konferierte.
    »Wenn Sie meinen! Dann bitt' ich um sofortigen Befehl Seiner Majestät, mich mit Wrangel in Verbindung zu setzen. Was meinen Sie, Manteuffel?«
    »Erlaucht müssen um Schutz durch die Armee ersuchen, weil die Behörden bedroht sind. Das ist die Handhabe.«
    »Kommt es zum Kampfe, um so besser!« betonte Bismarck. »Die Furcht vor all dem, was man Barrikade nennt, ist leere Einbildung. Man weicht vor der Drohung mit etwas Ungeheurem und Unfaßbarem, was in Wirklichkeit gar keine Macht hat. Das ist heut allgemein so in Deutschland. Die Dynastien unterschätzen sich und überschätzen die Machtmittel der Revolution. Sind Majestät wieder in die deutschen Angelegenheiten vertieft?«
    »Janz jehörig!« Rauch zog den Mund schief. »Det Hemd is mich aber näher als der Rock. Det janze deutsche Reich kann mich in Rauch ufjehen, wenn nur Preußen uf seinem Posten stehenbleibt.«
    »Mein Programm ist auch der schlichte soldatische Gehorsam«, erklärte Brandenburg, dessen Erziehung im Waffenrock ihm ruhige Zuversicht einflößte. Der illegitime Hohenzoller macht ja schon den Befreiungskrieg mit.
    »Ich bin zu allem bereit, was dem königlichen Willen genehm. Also jetzt bitt' ich um eine Portion Wrangel-Eis, um die hiesige Hitze abzukühlen.« –
    Dem König fiel es wie gewöhnlich schwer, raschen Entschluß zu fassen. Bismarck, der Rauch begleitet hatte und ehrerbietig im Hintergrund stand, hörte ihn ächzen.
    »Ich werde dies Parlament doch nur vertagen und nachBrandenburg verlegen, außerhalb des Druckes der schlechten öffentlichen Meinung meiner guten Berliner.«
    »Ach, die Rolle dieser lichtscheuen Versammlung ist doch ausgespielt!« verlautbarte sich Gerlach.
    »Noch nicht. Wir sprechen noch darüber. Ich brauche sie noch als Hebel für die deutschen Sachen. Der deutsche Beruf Preußens steht doch wieder im Vordergrund.«
    »Bei mir nicht,« räusperte sich Rauch vernehmlich, »halten zu Gnaden, mir pressiert's mit der Order an Wrangel. Es ist nicht viel Zeit zu verlieren, wenn wir blanke Bahn machen wollen.«
    »Ach Sie oller General!« Der König nahm seinem Günstling solche dreisten Einreden nicht übel. »Kümmern Sie sich um Ihr militärisches Ressort! Ich als Großpolitiker habe andere Stimmen zu hören. Ist die Armee auch ganz zuverlässig?«
    »Unbedingt.« Bismarck trat vor. »Dafür verbürge ich mich. Ich habe die Truppen im März genau beobachtet.«
    »Sie, Herr Ultra, setzen natürlich Ihren werten Kopf zum Pfande für alles, was Ihnen in den Kram paßt«, rief der König ärgerlich. »Was man hofft, glaubt man. Doch mag's so sein.«
    »Die Truppen brennen darauf, die Scharte auszuwetzen, die – Majestät gestatten die untertänigste Einwendung, daß manche den Rückzug vor Dänemark bitter empfinden.«
    »Duell einer Dogge mit einem Schwertfisch! Da konnte man doch nicht zupacken. Sei dem wie ihm wolle, ich stimme ja bei, Wrangel mag kommen, doch wir setzen so viel aufs Spiel, die teuer erkaufte Popularität in Deutschland. Wir müssen moralische Eroberungen machen. Ein Gewaltstreich kann alles verderben. Wir sind so schön im Zuge. In Frankfurt bereitet sich Großes vor, überall wirkt man in nationalem Sinne. Da ist z. B. in Sachsen Herr v. Carlowitz, ein sehr beredter Mann.«
    »Am beredtesten sind meist die Gewehre«, warf Gerlach hin. »Alle hohen Pläne Eurer Majestät sind undurchführbar, wenn man in Berlin nicht reinen Tisch macht. Die Majorität der Kammer wird sich nicht gutwillig fügen.«
    »Da haben Sie recht.« Der König versank in Nachdenken.
    Da riß Rauch plötzlich die Uhr aus der Tasche und zeigte auf das Zifferblatt. »In 20 Minuten geht mein letzter Zug nach Berlin. Da werden also Euer Majestät schon die Gnade haben, mich zu befehlen, ob ich dem Jrafen Ja sagen soll oder Nee oder ob ich melden soll, dat Euer Majestät weder Ja noch Nee sagen.«
    Friedrich Wilhelm stand verdutzt vor dieser disziplinarisch nur halbgedämpften Gereiztheit. Selbst ermüdet durch das

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