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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Napoleon vorgestellt zu werden.«
    »Ja, Napoleon III.!« Der schöne weichliche Mund krümmte sich. »So ähnlich seinem Onkel wie ich dem Herkules! Sie verstehen das angepaßte Zitat?«
    »Aus Hamlet. Eure Königliche Hoheit unterschätzen vielleicht den jetzigen Träger des großen Namens.« »Mag sein. Aber er ist doch so ... so wurzellos, ein Mensch ohne jede Herkunft. Als Wittelsbacher legt man auf solche Dinge Wert. Mein Ideal ist der Roi-Soleil, Ludwig der Große. Bewundern Sie ihn auch?«
    »Er war geschickt in Wahl seiner Handlanger«, gab Otto zögernd seine Meinung ab. »Den Beinamen ›der Große‹ kassierte die Nachwelt.«
    »Weil die Kanaille alles Große haßt.« Der Jüngling kniff die schönen Augen ein, sie sahen so ganz schief aus, bekamen etwas Grausam-Lüsternes. »Die römischen Cäsaren wußten, wie man mit ihr umzuspringen hat.« Er schaute in jeder Pause des Gesprächs über seine Mutter, die Königin, zur Decke empor, als weilten seine Gedanken gottweißwo. Wie aus einem Traume erwachend, fügte er wildfremd mit veränderter Stimme, ganz im schleppenden Ton eines prinzlichen Hofgesprächs hinzu: »Exzellenz tragen da viele schöne Orden. – Wie alt sind Sie? – Schon 48? Ich wollte sagen: erst! Sie haben sich einen bedeutenden Ruf erworben. – Sanssouci soll sehr hübsch sein. Gefällt Ihnen Nymphenburg? – Ja, es ist passabel. Doch denke ich an viel großartigere Bauten, die mir vorschweben. – Sie tranken wohl besseren Champagner in Frankreich? Unser Bier ist mit Recht berühmt.« Mit solchen Brocken glaubte er seiner Pflicht genügt zu haben.
    Nachdem er noch die Floskel zusetzte: »Ihr Souverän, mein hochverehrter Oheim, sieht vorzüglich aus«, drehte er Otto halb die Schulter zu und bezeugte deutlich seine Langeweile. Fortwährend sah er zur Decke, den Flügen seiner Einbildungskraft hingegeben, die ihm bezaubernde Bilder von griechischen Göttern vormalten. – –
    König Wilhelm machte nochmals Station unterwegs bei seiner Schwägerin, der Königinwitwe in Wildbad. Diese begeisterte sich für den Fürstentag und beschwor den Minister, dies öffentliche Zeugnis fürstlicher Solidarität zu fördern. Otto hörte ruhig zu und erwiderte dann trocken: »Entschließt sich der König zu solchem Schritt, so werde ich natürlich in Frankfurt seine Anordnungen ausführen, aber als Minister kehre ich dann nicht nach Berlin zurück.«
    Königin Elisabeth entsetzte sich. »Wie, Sie wollen Ihren Abschied nehmen? Sie, unsere beste Stütze im Kampf wider den Umsturz?«
    »Sehr gnädig von Eurer Majestät, mir das zuzusprechen. Mein Ehrgefühl als Preuße verbietet mir, einen Plan zu unterstützen, der uns für lange ruinieren würde. Wir würden dann eben bleiben, was und wo wir sind, und uns selber das Tor für schönere Aussichten verschließen.«
    »Wenn das so ist –! Ich habe unbedingtes Vertrauen zu Ihnen. Sie beruhigen mich so, daß ich fortan kein Wort mehr zugunsten des Fürstentages vor Seiner Majestät äußern werde.« Auf der Fahrt von Wildbad nach Baden überzeugte er endlich den König.
    »Erkennen Eure Majestät denn nicht die Geringschätzung in diesem förmlichen Überfall? Der Kaiser ladet Sie kurzerhand ein wie einen letzten überzähligen Gast, nachdem schon alle anderen Fürsten verständigt. Sie durften wahrlich verlangen, daß Sie zuerst angegangen wurden. Das ist schon keine Einladung mehr, das ist nur eine Ladung eines alten Deutschen Kaisers an einen Vasallenherzog.«
    Dem König stieg die Röte ins Gesicht. »Das ist wahr, in diesem Lichte sah ich es nicht. Übrigens säßen wir ja wieder zwischen zwei Stühlen. Der Zar schrieb mir eigenhändig, er wolle Österreich den Krieg erklären und rechne auf meinen Beistand.«
    »Unnötig, denn die ganze Polenaktion wird im Sande verlaufen.«
    »Auch nach der letzten Drohnote vom 1. August seitens der Westmächte?«
    »Rückzugskanonade. Sie werden Österreich allein lassen, sobald es ernst wird. England will keinen neuen Krimkrieg, hatte an damaligen Opfern genug, Napoleon hat kein Interesse daran, Österreich zu stärken, dem er ja doch noch Venetien abnehmen möchte. Keinesfalls dürfen sich aber die Dinge von 1854 und 1859 wiederholen, wo Preußen dastand wie der Esel zwischen zwei Heubündeln, ungewiß, wohin er sich schlagen sollte. Rußland darf nie wieder an unserer Freundschaft irre werden. Gewiß wollen wir uns nicht für die polnische Frage schlagen, aber wir müssen uns wenigstens anstellen, als wollten wir

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