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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Treffpunkt an. »Sie werden begreifen, daß ich in Ihrer und meiner exponierten Stellung dabei das Geheimnis wahren muß.« Otto ging darauf ein, weil er die wirtschaftlichen Kenntnisse des Mannes hoch anschlug. Doch aus der Unterredung nahm er keine andere Frucht mit fort, als daß Varnbüler zwar großdeutsche Gesinnung im Sinne wirtschaftlichen Zusammenschlusses, aber sonst nichts Reales vorschwebte.
    Wollte mich nur sondieren, wohl in österreichischem Auftrag! dachte Otto, als er bei der gleichfalls zur Kur angelangten Großfürstin Helene nachdenklich eine sehr gute Nachtischzigarre rauchte. Die gescheite Großfürstin fragte ihn scherzend: » A fig for your thoughts , wie die Engländer sagen. Warum so nachdenklich? Ach, Ihnen liegt wohl die polnische Frage im Magen?« Er nickte. Daß ihn die deutsche Frage viel näher beklemmte, verschwieg er natürlich. »Der Zar ist empört über Österreichs Note vom 18. Juni mit den sechs Punkten. Das heißt uns die Pistole auf die Brust setzen. Gortschakows Empfehlung eines gemeinsamen Handelns von Rußland, Österreich und Preußen betreffs ihrer polnischen Untertanen hat man hochfahrend abgelehnt.«
    »Ich weiß, Österreich sei mit England und Frankreich zu eng verbunden und einverstanden, um eine Sonderverhandlung mit anderen zu pflegen.«
    »Unter uns, der Zar ist zu ernsten Maßregeln entschlossen. Mich sollte nicht wundern, wenn er den Degen zieht, und dann werden Sie ja wohl bald etwas davon hören.« Sie sah ihn forschend an. Otto verbeugte sich und antwortete nicht.
    Ja, ja. Rußland wird ein Bündnis antragen. Aber das fällt uns gar nicht ein. Laß erst sehen, ob Rechberg den Vertrauenswechsel, den wir damals aufeinander zogen, einlösen will. In Gastein wird man den König bearbeiten wollen. Ich muß mich sputen, daß ich rasch aus der Lawine von Nebensachen mich loswickele, die in Berlin mich überfallen wird. –
    Das tat er, und befand sich schon am 19. Juli in Nürnberg. In Berlin gab ihm der neue französische Botschafter Talleyrand (arger Name!) ein Diner, suchte ihm dabei auf den Zahn zu fühlen. »Es ist Eurer Exzellenz gewiß bekannt, daß Ihre Gesandtschaft in Paris gewisse Vorschläge entgegennahm?«
    »Offiziell nicht daß ich wüßte! Graf Goltz hat nichts amtlich depeschiert.«
    »Es ist ja auch nur unoffiziell geschehen durch General Fleury, nicht dem Gesandten selber gegenüber, sondern einem anderen Mitglied Ihrer Gesandtschaft.«
    »Ich erinnere mich undeutlich. Irre ich nicht, soll Preußen den Vermittler spielen und dem Zar ein Eingehen auf die berühmten sechs Punkte anraten.«
    »Also sind Eure Exzellenz doch gut unterrichtet. Die offizielle Einleitung würde ja wohl auch durch meine Hände gehen. Darf ich ganz im allgemeinen und ohne Verbindlichkeit fragen, wie Sie darüber denken?«
    »Das kann ich zurzeit nicht sagen, da ich offiziell nichts weiß.«
    »Schon recht. Preußen würde sich hier doch ein europäisches Verdienst erwerben. Wenn Sie den Zar bestimmen –«
    »Der Zar hat seinen eigenen Willen. Nichtsdestoweniger werde ich den Fall in Erwägung ziehen. Gewiß würde da Preußen eine sehr schöne Stellung als Vermittler einnehmen.«
    »Ich sehe, Sie erfassen unsere wohlmeinende Absicht. Ich bitte, mich in Kenntnis zu setzen, wenn Sie, Herr Ministerpräsident, sich definitiv entschließen.« –
    Das fehlte mir gerade! Goltz hat sich vermutlich wieder eingemengt, um eine politische Rolle zu spielen, und dem Empereur Avancen gemacht, während der selber wohl schon die Sache dick hat. Ich werde mich hüten, im Pariser Sinne zu arbeiten und den Zar zu verschnupfen. –
    In Gastein fühlte er sich wohl wie ein Fisch im Wasser. Wasserfälle, hohe Berge! Konnte er doch immer mit Byron von sich sagen: »Für mich sind hohe Berge ein Gefühl.« Leider fand er seinen geliebten König in trübster Laune. Der sonst ziemlich gesellige Greis suchte die Einsamkeit für sein verwundetes Herz, weil ihm erst jetzt die Unbotmäßigkeit des Kronprinzen in ihrem ganzen Umfang bekannt wurde. Er sah nicht die schneebepuderten Spitzen, die Silberfäden der Bäche, den tollen Walzer der Ache über Stock und Stein. In sich gekehrt sah er nur Preußen, Zerwürfnis im Innersten. Otto dagegen schwelgte in dichterischer Schilderung des schmalen Tales an Nanne. Er fand das glückliche Gleichnis, die Bäche stürzten sich in eiliger Hast herab, als fürchteten sie, zu spät zu kommen zum großen Fall, den sie mit der Ache zusammen dicht vor seinem Hause

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