Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
Vom Netzwerk:
Erzliberalen, aber es ist tief und wahr gesagt.« Prokesch stand da in der Haltung eines Denkers, der bei der Vorsehung eine gut fundierte Anstellung hat. –
    Der Kronprinz gab sich mit der ihm eigentümlichen herzenswarmen Liebenswürdigkeit, dem Vater gegenüber reuig und zerknirscht, dem Minister gegenüber bescheiden. »Ich gebe zu, daß fremde Einflüsse auf mich einwirken. Meine politische Vorbildung reicht eben nicht aus, wegen meiner Fernhaltung von den Geschäften. Das werden Sie geradeso gut einsehen wie ich mein Unrecht.«
    »Ich werde mich bemühen, Königliche Hoheit, Sie stets zu dem Staatsrat heranzuziehen und auf dem Laufenden zu erhalten. Wenigstens werde ich in diesem Sinne bei Seiner Majestät vorstellig werden.«
    »Ich danke Ihnen. Kein Mißtrauen mehr!« Er schüttelte ihm die Hand. –
    Eine angenehme Amerikanerin aus den Nordstaaten, mit der er eine Badebekanntschaft schloß, sprach eifrig auf ihn ein bezüglich der Nachrichten vom amerikanischen Kriegstheater: »Lassen Sie sich nicht betören! Die Leute glauben hier allgemein, die Konföderierten seien sozusagen staatstreue Konservative, die sich gegen eine Revolution zur Wehr setzen. Das Umgekehrte ist wahr. Es sind Rebellen, die sich unserer rechtmäßigen Regierung nicht fügen wollen. Unser Bürgerkrieg hat keinen anderen Zweck, als was Ihre Landsleute die Einheit nennen.«
    »Nur daß bei uns die Sezession viel älteren Datums ist und sich im Rechte glaubt.«
    »Nun, dann passen Sie auf: man wird Sie geradeso wie uns revolutionär nennen. Die Negersklaverei ist übrigens ein sehr altes Unrecht und gilt auch als von Gottes Gnaden.«
    »Wie unsere Kleinstaaten von Rheinbunds Gnaden. Ich zweifle nicht, daß Ihre Auffassung zutrifft, ich selbst hatte sie schon früher. Also werden wir bestimmt nicht die Partei der Sezessionisten nehmen, die Ihnen einen amerikanischen Einheitsstaat verkümmern wollen.«
    »Wirklich nicht? Das wäre prächtig. Sie wissen, England und Frankreich begünstigen die Südstaaten.«
    »Aus guten Gründen, die aber nicht die unseren sind. Ich hoffe, Seine Majestät zu bewegen, daß wir die Konföderierten als kriegführende Macht nicht anerkennen und ganz für die Union optieren.«
    »Das wird Ihnen die Union nie vergessen. So lieblich von Ihnen! All Ihre Landsleute in Amerika fechten unterm Sternenbanner.«
    »Das beachte ich natürlich sehr. Die Deutsch-Amerikaner sind meist Feinde der deutschen Dynastien, aber sie sollen inne werden, daß ihr altes Vaterland zu Ehren kommen wird. Wir wollen das Band mit ihnen nicht zerschneiden.« –
    Ende August machte sich der König nach Baden-Baden auf und besuchte zunächst in Nymphenburg die Königin von Bayern, da König Max schon zum Frankfurter Fürstenkongreß vorausreiste. An der Galatafel saß der Königin ihr Sohn, Kronprinz Ludwig, gegenüber, und hatte den preußischen Staatsmann als Nachbarn. Der lang aufgeschossene bleiche Jüngling fiel auf durch eine romantische Schönheit der mit dichten Locken umrahmten Stirn und feingeschnittenen Züge. Dagegen trugen seine eigentümlichen dunkeln Augen, obschon schwärmerisch und glänzend, einen seltsamen Ausdruck, den man nicht recht entziffern konnte. Auch die Form dieser Augen entzog sich einer genauen Bezeichnung, sie waren mandelförmig, also mehr orientalisch, aber nicht geschlitzt, und hatten etwas Schielendes. Bei seiner Verwandtin, der Kaiserin von Österreich, trat entschiedene Ähnlichkeit mit ihm nicht nur in den stolzen, anmutigen Gesichtszügen, sondern auch in den Augen hervor. Otto wußte nicht recht, was er aus diesem Gesicht und überhaupt dem Wesen des jungen Fürsten machen sollte. Dieser richtete an ihn freundlich, aber nachlässig die üblichen Fragen, und ein Tischgespräch wollte nicht in Gang kommen. Es belebte sich erst, nachdem der Kronprinz heftig dem Champagner zusprach und mehrmals ungeduldig sein Glas nach rückwärts hielt, wenn es nicht schnell genug gefüllt wurde.
    »Sie kommen aus den österreichischen Bergen? Sie sollten einmal die bayerischen kennen lernen. Wunderbar! Der Königssee, märchenhaft!« Bei all solchen dithyrambischen Hyperbeln leuchteten die seltsamen Augen in sehnsüchtigem Glanz. »Lieben Sie Musik?«
    »Leidenschaftlich.«
    »Und ich! Mein großer Vorfahre Ludwig I. bevorzugte die bildenden Künste. Ich weniger, nur die Architektur zieht mich an. Man nennt sie ja gefrorene Musik. Kennen Sie Versailles?«
    »Ziemlich gut. Ich hatte die Ehre, dort zuerst dem Kaiser

Weitere Kostenlose Bücher