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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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stänkern?«
    »Er behauptet, Bismarck habe die ganze Angelegenheit dem kleinen Kabinettsrat Abeken aufgehalst und ihn instruiert: ›Machen Sie mit Schleswig-Holstein, was Sie wollen, nur daß kein Krieg draus wird.‹«
    Roon lachte herzlich. »Der kriegsscheue Bismarck! Lassen Sie sich doch keine Bären aufbinden! Die Mobilmachung ist in der Stille angeordnet. Wir dürfen uns nicht überrumpeln lassen, irgendeine neue Wendung könnte zu Verwicklungen führen. Unsereins kennt nur Macht-, nicht Rechtsfragen in solchen Fällen.«
    »Aber haben wir die genügende Macht? England steht schon gegen uns. Dänemarck müsse in unangetastetem Besitz bleiben. Man wird wohl wieder so ein Londoner Protokoll zusammenkleistern und für immer den Brei verderben, denn viele Köche – man kennt das Sprichwort. Und wenn wir nicht dem Herzog Ernst nachfolgen, der sein Koburg, ferner Weimar, Baden, Bayern, Oldenburg zur Anerkennung des Augustenburgers bewog, so werden die Holsteiner ins dänische Lager übergehen, weil sie sich preisgegeben glauben. So denkt auch der Historiker Professor Droysen, den Sie ja wohl kennen.«
    »O ja! Ich habe das Vergnügen in der Kammer,« machte Roon mißmutig. »Die Weisheit dieser Herren ist mir nicht maßgebend.«
    »Er nennt Holstein das norddeutsche Elsaß und fürchtet auch für das norddeutsche Straßburg, Hamburg, das werde auch noch an Dänemarck fallen.«
    Roon wurde dunkelrot. »Wenn ich das erlebte, schösse ich mir eine Kugel vor den Kopf. Doch was bilden Sie sich ein! Straßburg stahlen die Franzmänner sozusagen wie ein Dieb in der Nacht, als Deutschland völlig zerrissen war, und sie waren eine Großmacht, heute leben in Deutschland 35 Millionen Menschen, die sich von dem hochnäsigen Dänenzwerg nichts gefallen lassen. Und unter diesen Menschen bürge ich für einen, das ist der Ministerpräsident selber.«
    »Ihr Freund, Exzellenz, ich weiß. Aber wie lange wird er denn bleiben? Er war schon zweimal auf der Wippe,« verbreitete Bernhardi schadenfroh, der zur liberalen Hofkamarilla gehörte. »Wären Herzog Ernst oder der Kronprinz oder Fürst Hohenzollern nach Berlin gekommen, so hätte ein leichter Druck genügt.«
    »Ihn zu beseitigen? Gott verzeihe denen, die daran arbeiten!« Roon gab sich einen Ruck, daß sein Säbel rasselte. »Dann wären wir ganz aufgeschmissen. Übrigens gehört Fürst Hohenzollern zu seinen Gönnern, und der Koburger schweift nach Höherem als Ministerstürzen, er möchte deutscher Wahlkaiser werden durch Mandat sämtlicher Vereine, Schützengilden, Kegelklubs und Landtagszubehör. 0 Gott! Er möchte Wohl mit seiner Leibkompagnie und mit einem Wald von schwarzrotgoldenen Fahnen in Kiel einziehen. So denke ich mir Hermann den Cherusker. Wenn er nur eine Rolle spielt, dann mag uns alle der Teufel holen.«
    »Ich habe nichts dagegen, daß Sie diesen hohen Herrn so schroff beurteilen. Aber das ändert nichts an Ihres Freundes erschütterter Stellung. Bernstorff schimpft in London mächtig, man habe sich vom Bundestage ins Schlepptau nehmen lassen, Goltz in Paris wütet über Heraufbeschwören von Gefahren.«
    »Und beide haben, wie Bernstorffs Äußerung zeigt, keinen blauen Dunst davon, was Bismarck will.«
    »Weiß er es selbst? Max Duncker sagte mir vorhin, in Berliner Kreisen betrachtet man die Mobilmachung als bloße Polizeimaßregel gegen die Schleswig-Holsteiner Begeisterung, die man bei uns ersticken wolle.«
    »Die Wahnwitzigen!« murmelte Roon. »Adieu, Herr v. Bernhardi, ich muß zum Vortrag bei Majestät.« –
    Inzwischen saß der bestgehaßte Mann in Preußen vor seinem Arbeitstische und hämmerte im Schweiße seines Angesichts am Fundamente großer Werke, während die Welt um ihn her klatschte und quatschte. Daß er so gut wie alle gegen sich hatte, beirrte ihn wenig, nachdem ihm der Meisterstreich gelang, Österreich als Karrengaul mit anzuspannen, um den verfahrenen Wagen aus dem Dreck zu ziehen. Er hatte Freund Rechberg, seinen alten Feind, richtig breitgeschlagen, mit Preußen gegen die Schreihälse bundestäglichen Deutschtums Hand in Hand zu gehen. Jetzt stellte er ihm wieder in eine Depesche eindringlich vor, daß den Bundesgliedern jede Einigkeit Preußens und Österreichs ein Horror sei. Hiernach würde bei jedem Kriege, in den ein deutscher Staat verwickelt wird, das ganze liebe Bundespalais einstürzen, und wen die Decke dann begräbt, läßt sich voraussehen: die Schwächeren, die Kleinstaaten. Nur durch gegenseitige Schonung kann es

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