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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Mitleid. Ein armer Tropf! Man begreift, daß er gern gehen möchte. Aus uferlosen Plänen kommt steuerlose Irrfahrt. Er irrlichtert herum und findet nirgends Anschluß. –
    In Berlin wußte man freilich bald, daß es bei Missunde nicht so glatt ging, wie Prinz Friedrich Karl in schwungvollem Tagesbefehl seinem Korps versicherte. »So staunenswerte Erfolge in sechs Tagen«, aber es waren ja gar keine, auch nicht Übergang über die schwanke Schiffsbrücke bei Arnis unter Gefahr durch Eisschollen und Kanonenboote bewog die Dänen zum Abzug, sondern Verkettung anderer Umstände. Der neidische alte Wrangel gab für Missunde eine halbe Schlappe zu verstehen, doch Prinz Kraft Hohenlohe-Ingolfingen hörte den Feldherrn seinen Leuten beibringen, sie hätten gesiegt. So ließ er den moralischen Faktor nicht herabdrücken und beredete die Einbildungskraft, daß die Preußen etwas Ungewöhnliches getan hätten. Deshalb taten sie später wirklich etwas Ungewöhnliches, weil sie nun mit gehobenem Gefühl ins Gefecht gingen.
    Natürlich fing aber gleich die deutsche kritiksüchtige Nörgelei an. Beim Ministerpräsidenten fanden sich Roon, Edwin Manteuffel, Oberpräsident Senft v. Pilsach ein. Letzterer tadelte: »Keine Silbe über die Österreicher, die sich so auszeichneten! Muß unsere Bundesgenossen verschnupfen. Auch setzt er die Westfalen hinter den Brandenburgern zurück, was nicht sein darf. Ich hab' es Seiner Königl. Hoheit brieflich zu Gemüte geführt.«
    Roon runzelte die Stirn. »Bisher haben die Österreicher den Vortritt, und wir hinken nach. Wir brauchen Auffrischung des Waffenruhmes, und die Armee wird jedes Opfer bringen, weil sie dies weiß.«
    »So ist es«, fiel Manteuffel ein. »Für uns bleibt das wichtigste Kampfziel ein neues Ansehen der preußischen Waffen. Mir scheint der Prinz etwas zu vorsichtig, er tut ja, als spiele er um seinen Kopf, aus übergroßem Verantwortungsgefühl.«
    »Das möchte doch wohl mit Feldherrnnaturen verträglich sein,« meinte Otto. »Er will Opfer sparen, und regelrechte Beschießung der Befestigungen soll vorausgehen.«
    »Wrangel freilich, der hitzköpfige alte Herr, schreibt mir, der Sturm würde auch heute schon gelingen. Könnte er doch an diesem Ehrentag, die Waffen in der Hand, seinen Tod finden, dann wäre er der Glücklichste von allen! So schreibt er wörtlich, er neigt zum Pathos.«
    »Meinen tut er's ja wohl,« lächelte Otto. »Er denkt an sein Vorbild Blücher und kennt als Achtzigjähriger so wenig Furcht wie als Achtzehnjähriger. Merkwürdig, wie der Krieg alles Bessere im Menschen herausholt! Der gute Feldmarschall war doch hier eigentlich unerträglich mit seiner faden Popularitätshascherei auf der Straße.«
    »Er soll militärisch unmöglich sein,« murmelte Roon. »Man wird ihn schonend beseitigen, er verkindischt noch und schwärmt immerfort von altertümlichen Bajonettangriffen. Es gibt Reibungen genug im Hauptquartier.«
    »Nun, bin ich auch kein Weißhaariger, so will ich doch mit meinen grauen Haaren ins Feuer«, rief Manteuffel.
    »Eigentlich müßte jeder dabei sein, alt und jung, wo es endlich mal wieder um Preußens Ehre geht. Das ist eine Schicksalsstunde.«
    »Daß sie kam, verdanken wir Ihnen.« Roon drückte Otto die Hand. Manteuffel nickte anerkennend, so wenig er seinen alten Bekannten leiden konnte, und fuhr fort: »Ich werde dem Prinzen ein wenig ins Gewissen reden, wie ich es ihm schon schrieb. Sein Korpsbefehl hat verletzt, er soll jetzt erst beweisen, daß er napoleonische Sprache anwenden darf. Die Augen der Welt sind auf Düppel gerichtet und strenge auf ihn, ob er was kann. Nur keine pedantische Langsamkeit, ihm ziemt das Zauberwort: ich will.« Tatsächlich schrieb er dem Prinzen in scharfem Ton, Streber waren sie alle nicht, diese altpreußischen Männer.
    Roon wandte jedoch ein: »Moltke, unser kommender Mann im Generalstab, warnt vor Überhastung. Die Dänen würden Düppel nicht leicht aufgeben, die Entscheidung brauche Zeit, ein guter Reiter werde seinem Roß nicht halsbrecherischen Sprung zumuten.«
    »Abwarten und Tee trinken!« lachte Otto fröhlich. »Unsere Aktien stehen gut. Die Hauptsache ist, daß wir nicht umsonst fechten. Schade nur, daß bei uns selbst in gewissen Lagern die Neigung besteht, gratis Feuer zu fressen.«
    »Das lassen wir Ihre Sorge sein, dabei fahren wir gut«, betonte Roon.
    »Ich hoff' es. Nicht in London, nicht in Gotha, nicht am Dönhofsplatz wird entschieden werden, wem man den Kampfpreis

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