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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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gönnt, sondern in Wien.«
    Die anderen schauten verlegen drein und wußten nicht recht, was sie sagen sollten. Das schien doch ein recht dunkles delphisches Orakel.
    *
    »Was dieser Bismarck im Schilde führt, weiß er wohl selber nicht!« Der große Fortschrittsmann Max Duncker und Herr v. Bernhardi trafen sich zufällig in Josths Konditorei am Leipziger Platz, wo jeder für sich seine Schokolade löffelte.
    »Er spielt zweifellos ein Doppelspiel. Doch gegen wen ist er falsch? Vielleicht auch nur gegen sich selber, weil er uferlos ins Weite treibt.«
    »Wie begründen Sie das?« frug Bernhardi.
    »Dem König hat er gesagt, der erste Kanonenschuß werde das Londoner Protokoll zerreißen, deshalb müsse immer feste kanoniert werden. In London aber führt er eine andere Sprache. Da stellt er Palmerston vor, das Besetzen Schleswigs sei nur so gemeint, um nachher auch Holstein an Dänemark zurückzuerstatten, wenn es nur einigermaßen klein beigäbe.«
    »Nun, da Sie so gut unterrichtet sind, Verehrtester, das stimmt allerdings. Mir wird aus Kiel von Augustenburger Seite das gleiche geschrieben.« Es wäre ja schrecklich, wenn man nicht ebenso gut informiert wäre. So plaudert man sich gegenseitig aus, um nur ja den Ruf zu genießen, daß man die »Primeur« habe. »Das Wichtigste ist heute, daß unsere blauen Jungen die Feuertaufe empfingen. Der lange Frieden schadete also nichts, man kann mit ihnen was ausrichten. Was sagt denn Ihr Herr Bruder, der Major?«
    »Der ist im siebenten Himmel und bekommt einen neuen Orden, weil er wieder mal öffentlich eine Ansprache hielt: Seine Majestät, unser allergnädigster Herr, Wilhelm der Siegreiche, er lebe hoch!« lächelte der Fortschrittsmann. »Wir sind die feindlichen Brüder, aber vertragen uns gut. Zuguterletzt habe ich auch ein preußisches Herz, wir alle freuen uns eigentlich, daß Bismarck fest auftrat. Schwer hat er's übrigens. Palmerston möchte ihn erneut isolieren, Österreich von uns trennen. Und der König will loyal mit dem Augustenburger verfahren, im Staatsrat sprach er sich scharf für Einsetzung des Herzogs aus.« »Woher wissen Sie denn das, Verehrtester?« frug Bernhardi mißtrauisch.
    »Man hat so seine Quellen. Bismarck zieht offenbar die Sache in die Länge, damit die Gewohnheit in ihr Recht trete, wenn die Lande erst mal von uns okkupiert sind. Er hofft wohl auf Zeitgewinn für bessere Konjunktur.«
    Die Belagerung der Düppeler Schanzen auf Halbinsel Sundewitt schritt fort. Umsonst spie das Kriegsschiff Rolf Krake feurigen Geifer. Auch die kleine preußische Marine bestand ehrenvoll ein Seegefecht bei Rügen. Die Militärs wollten unbedingt die Grenze Jütlands überschreiten, auch ohne Österreichs Beistimmung. Der alte Wrangel hatte die ihm eigentümliche Dreistigkeit, an den König unchiffrierte offene Telegramme zu richten, worin er die gröbsten Beleidigungen ausstieß und den leitenden Minister für reif zum Galgen erklärte.
    »Ich kann es nicht zugeben,« betonte Otto fest. »Unser Zusammengehen mit Österreich würde zunichte gemacht, und wir brauchen es jetzt noch.«
    »Aber es liegt auf der Hand, daß wir nur so Dänemark zu raschem Nachgeben zwingen, und das ist doch auch wohl wichtig«, warf Roon ein.
    »Unter diesem Gesichtspunkt werde ich mich bestreben, vermöge meines guten persönlichen Einvernehmens mit Minister Rechberg und dem Gesandten Karolyi den Einmarsch auch für Österreich plausibel zu machen.« So geschah es.
    Während dieser ganzen Zeit bis Mitte April versuchte England, sich tückisch einzumischen. Ohne jede Spur von Verständnis für die Sachlage, historisch und juridisch, schwelgte John Bull in jener wohlfeilen Sentimentalität, mit der er sich über leidende Mitmenschen dahinten weit in der Türkei erbarmt und ihnen etwa für recht viel Kaufgeld Waffen verabreicht, im übrigen aber nicht den kleinen Finger, wohl aber den geschäftigen Mund rührt. Presse, Publikum, Regierung zerbrachen sich förmlich die Zunge im Jammer über das Heldenvolk der treuherzigen Danskes und die Schlechtigkeit der Räuber. Erst hieß der Protest Vermittelung, dann Protokoll, dann Konferenz, dann Waffenstillstand. Alles prallte wie Tropfen an einem Regenmantel, wie Knallerbsen an einem Harnisch, an dem unglaublichen Menschen ab, der in einem Lande, wo Englands Prinzeß Royal als Kronprinzessin zu residieren sich herabließ, keinen Funken Ehrerbietung für die ältliche Matrone Britannia bewahrte. Und als die Dänen sich endlich dazu

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