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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Husarentschakos, die weißen Reitmäntel und die hechtgrauen oder braunen Offiziersüberröcke der Kaiserlichen sah: der Krieg hatte auch Erinnerungen alter Waffenbrüderschaft im preußischen Heere geweckt und so die alte Vorliebe für Österreich gesteigert. Das mußte jede antiösterreichische Politik lähmen. Die Mittelstaaten aber, ohnehin gegen den neuen Kurs Preußens eingenommen, waren weniger denn je gesonnen, zugunsten einer Führerrolle des verhaßten nordischen Großstaates aus ihrer Souveränität zurückzutreten, welche sie keineswegs im Geiste eines einstigen deutschen Herzoges gegenüber dem Reichsoberhaupt auffaßten. Sie hielten für ihr gutes Recht, sich nach Gutdünken auch mit dem Auslande zu verbünden, ohne deshalb den Vorwurf des Landesverrates auf sich zu laden. Wer sich über solche Schamlosigkeit ereifert, vergißt nur, daß einst die Herzoge von Lothringen, Champagne, Flandern auch sich nach Belieben als Vasallen Frankreichs oder des deutschen Kaisers wechselnd auf die eine oder die andere Seite schlugen. Denn wo man ihnen freie Hand läßt, treiben fast alle Fürsten nur dynastische, nie vaterländische Politik. An ihrem eigenen Thronrechte liegt ihnen hundertmal mehr als an allen Rechten deutscher Nation. So dachte Otto mit stillem Ingrimm. Doch wenn er auf seinen eigenen Herrscher blickte, kam ihm der Zweifel: solltest du dich nicht getäuscht haben? Gibt es unter den deutschen Fürsten nicht vielleicht noch andere deutsche Männer?
    *
    Auf Rückreise nach Berlin machte der König auf dem Hamburger Bahnhof Station, um dort das Abendessen einzunehmen. Vor dem Bahnhofe hatte man den Platz festlich erleuchtet und die Hamburger Bürgerwehr marschierte dort auf mit Spielleuten und Fahne. Von allen Straßen wogte das Volk heran, konnte jedoch zum abgesperrten Perron nicht durchdringen. Aber eine eigentümliche Phalanx rückte an, lauter preußische verwundete Offiziere mit Binden, Bandagen, Stöcken und Krücken. An ihrer Spitze bat der Hauptmann v. Gerhard: »Wir ersuchen höflichst, uns durchzulassen. Wir sind der Gnade verlustig gegangen, von unserem obersten Kriegsherrn in Parade besichtigt zu werden, und möchten uns hier wenigstens ihm präsentieren.« »Passiert.« Die Bürgerwehr öffnete eine breite Gasse. Da hinkten und wankten die verwundeten Helden von Düppel die Treppe zum Bahnhof hinauf und stellten sich in Reih und Glied. Viele schnauften und zitterten, des Gehens seit lange ungewohnt.
    In der Vorhalle tönte eine scharfe Stimme: »Was wollen die Herren hier? Was wünschen Sie?«
    Es war Edwin Manteuffel, dicht im Mantel vermummt. Doch Gerhard, der durch seine Gemahlin Beziehung zum Hofe hatte, erkannte ihn und trat vor, Hand am Helme salutierend. »Exzellenz, wir Schwerverwundeten bitten um die Ehre einer Meldung bei Seiner Majestät.«
    »Hauptmann v. Gerhard, nicht wahr? Ich bitte die Herren, mir ihre Namen zu nennen.« Er ging und kehrte hastig zurück: »Folgen Sie mir! Seine Majestät wird die Gnade haben, Ihre Meldung entgegenzunehmen.«
    Des Königs blaue Augen blickten freudig und teilnehmend. »Ich danke Ihnen, meine Herren, daß Sie sich in Ihren Schmerzen aufgemacht haben, Ihren König zu grüßen. Das tut mir wohl.« Jeden fragte er nach seiner Verwundung und den Ort, wo sie geschah. Ein paar österreichische Offiziere hatten sich angeschlossen und gewannen einen Eindruck fürs Leben, tiefbewegt von der erhebenden Menschlichkeit des hohen Herrn.
    »Welch ein Monarch!« rief ein Lichtenstein-Husar, als die huldvoll Entlassenen auf die Vorhalle hinaustraten. Da rief eine Stimme: »Hauptmann v. Gerhard!« Manteuffel kam hinter ihm her und flüsterte: »Sie müssen zu Seiner Majestät zurückkommen.«
    Gerhard, später als Gerhard v. Amyntor sich als Schriftsteller versuchend, ein hochgebildeter Typ des echt preußischen Offiziers, hatte eine Natzmer geheiratet, eine gleichfalls hochgebildete Dame, und da ein Natzmer einst dem Prinzen von Preußen nahestand, so war das Paar bei Hofe wohlangesehen. Man beachte wohl, daß alle, die König Wilhelm und sein Sohn einer besonderen Gunst würdigten, geistig und moralisch hochstanden, mit sehr geringen Ausnahmen.
    »Nun, mein lieber Gerhard, Sie haben also für Preußens Ehre geblutet. Ich gratuliere Ihnen dazu. Dieser Krieg hat gezeigt, daß Preußen noch immer sich auf sein braves Heer verlassen kann. Wie waren Ihre Westfalen?«
    »Herrlich, Majestät. Voll altpreußischem Patriotismus.«
    »Es ist erhebend, das zu hören.

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