Bismarck 02
vorurteilslosen Beobachter hier keineswegs ein nachahmungswertes Beispiel. Da infolge der hastigen Improvisierung der Schlacht und der sich daraus ergebenden Unmöglichkeit für Friedrich Karl, sich gegen die feindliche Übermacht rechtzeitig Aufmarschraum zur Entwicklung der Reserven zu verschaffen, seine Kavallerie noch rückwärts der Bistritz stand, ließ sich voraussehen, daß man dem abziehenden Feinde, wenigstens im Zentrum, wenig Abbruch tun konnte.
Das Fußvolk der Korps Gablenz und Erzherzog Ernst blieb dort dauernd hinter Geländewellen verborgen, entzog sich daher jetzt durch raschen Abzug der Umklammerung der feindlichen Flügel. Überhaupt merkte man erst aus einer Abnahme des Frontalfeuers, daß ein Teil der furchtbaren feindlichen Artillerielinie bei Lipa nach der rechten Flanke zu abschwenkte. Sie überschüttete jetzt die Dörfer Chlum und Rosberitz mit einem Höllenfeuer, wo immer nur noch die vorderen sieben Gardebataillone das Gefecht nährten. Um ½ 4 Uhr wechselte Moltke einige Worte mit dem König, Adjutanten sprengten davon, auch die Brandenburger kamen in Fluß, mit entfalteten Fahnen schickte sich die ganze Macht Friedrich Karls an, die Hochfläche von Lipa zu ersteigen.
Mittlerweile brachen Gardefüsiliere, Gardejäger, Gardeschützen und zwei Bataillone zweites Garderegiment unter General Alvensleben in die Stellung des Korps Ernst ein, dessen Brigade Benedek im Lipawalde sich wütend wehrte, jedoch halbvernichtet auf Langenhof wich, während Reste der Brigaden Appiano und Fleischhacker auf Kistowes flohen. Die brave Artillerie behauptete zwar immer noch opfermutig ihren Posten, auch verteidigte das 3. Feldjägerbataillon das Dorf Lipa, von wo auch Teile des Korps Molinary und andere Versprengte heftig gegen die Westseite von Chlum feuerten, wo gegen die dortige Höhe eine Brigade des Reservekorps Gondrecourt kraftvoll vordrang. Doch ungefähr vier vermischte Kompagnien jagten durch Schnellfeuer auf 100 Schritt die feindliche Masse unter auflösenden Verlusten über die Chaussee Lipa-Rosberitz zurück. Bald darauf fiel Lipa, wo jetzt endlich auch sechs Kompagnien der Franz- und Alexander-Grenadiere mitwirkten. Noch auf 50 Schritt feuerten zehn Achtpfünder Kartätschlagen ab, bis sie ruhmvoll verloren gingen, die braunröckigen Kanoniere fast alle tot und verwundet.
Inzwischen brannte Rosberitz lichterloh, in das Brandraketen hineinzischten und ununterbrochen Granaten platzten. Das Füsilierbataillon des zweiten Garderegiments und vier Kompagnien vom ersten und dritten hielten das Dorf gegen vier Angriffe der verschiedensten Abteilungen, wobei Tschakos mit dem Doppeladler und Federhüte oft bunt durcheinander aus Ackerfurchen und Chausseegräben auftauchten. Das seitwärts im Freien stehende Bataillon Waldersee der Gardefüsiliere mußte sich freilich im Hohlweg nach Chlum vor dem schrecklichen Kreuzfeuer von kaiserlichen Batterien bergen. Gegen diese pflanzte sich erst jetzt die Gardeartillerie des Prinzen Hohenlohe auf, die bisher dem Fußvolke nicht folgen konnte, und nahm von Chlumer Höhen die in der Tiefe stehenden Reservekorps unter vernichtende Beschießung, litt aber sehr erheblich. Bisher nur mit einzelnen Bataillonen und Regimentern Rosberitz berennend, ermannte sich das bei Nachod schwergelichtete Korps Remming jetzt zu einem Gewaltstoß. Die Brigaden Jonak und Rosenzweig drangen mit drei Sturmsäulen ein, sechs Bataillone in den Westteil, die übrigen auf der Süd- und Ostseite. Trotz riesiger Verluste setzten sie ihren Willen durch. Nach fast einstündigem Ringen, bei welchem auch der Leutnant Prinz Anton Hohenzollern eine gräßlich schmerzhafte Todeswunde empfing und die Gardehünen mit Kolben und Bajonett sich ins Freie würgten, hatten die Kaiserlichen das Dorf. Am Hohlweg pflanzte jedoch Graf Waldersee die Fahne seines Bataillons auf und brachte im Verein mit Hohenlohes Batterien den auf Chlum fortgesetzten Angriff zum Stehen. Als die Musikkapellen der Regimenter den Sturmmarsch spielten und die Jägerhörner das Avanciersignal in die Lüfte schmetterten, liefen die Kaiserlichen mit anerkennenswertem Mute erneut an. Die Gardeartillerie, die sich verschoß und viel Bespannung verlor, mußte die Höhe räumen, doch behauptete die Gardedivision Hiller den Ort mit Salven und Schnellfeuer. Ein Feldjägerbataillon beendete seinen stürmischen Laufschritt mit ewiger schauriger Ruhe, fast gänzlich hingemäht. Es ging auf 5 Uhr, und jetzt erst langten die Vorhut des Korps
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