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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Ministerpräsident für Ihr kostbares Leben verantwortlich bin. Ich flehe Sie an, auf Ihre hohe Person etwas Rücksicht zu nehmen.« Der König erwiderte nichts. Die üblichen Phrasen verschmähte er. Gleichgültig wandte er sein Roß und ritt im Schritt langsam zur Höhe zurück. Er hatte kein Mitleid mit seinem Ministerpräsidenten, als er die gefährliche Stelle verließ, sondern äußerte endlich unwillig: »Der oberste Kriegsherr steht da, wo er hingehört!« Der später Sadowa getaufte, mit Gnadenbrot belohnte Braune wieherte beistimmend, und Ottos Dunkelfuchs scharrte trotzig mit den Füßen. Was war da zu machen, da sogar die klugen Hanse einer Meinung waren! Inzwischen sandte Moltke einen Adjutanten an den General v. Manstein mit dem Verbot, die Brandenburger auch noch zum Vorstoß über den Holawald einzusetzen. Dieser derbe barsche Kriegsmann hatte gegenteiligen Befehl des Prinzen in Händen und zögerte unwirsch. »Order von General Moltke! Aber wer ist General Moltke!« So unklar lagen damals noch die Befehlsverhältnisse im preußischen Heere.
    »Da werden sie endlich offensiv!« rief Roon nach 1 Uhr. Doch der Stand des Pulverdampfes lehrte bald, daß der österreichische Gegenstoß sich brach. Brigade Kirchsberg des Erzherzogs Ernst zerschellte am Schnellfeuer vermischter thüringer und pommerscher Abteilungen am Waldrande. Sonstige Unternehmungen unterblieben völlig, das Korps Gablenz betrug sich schlaff. Allerdings mußten auch pommersche vorbrechende Reserven sich hinter das Regiment Kolberg zurückziehen. Aus Nechanitz, Problus, Prim schlugen auch schon Rauch- und Flammensäulen gen Himmel, wie aus anderen Ortschaften. Die Elbarmee war dort am Werke.
    »Da scheint die Schlacht anscheinend auch sehr in der Schwebe. Die Sachsen, nicht wahr?« fragte Otto den großen Schweiger.
    »Ja«, erwiderte Moltke kurz und führte das Fernglas zum Auge. Der Kronprinz von Sachsen bewies schon an diesem Unglückstage, wo er gegen deutsche Stammesgenossen seine tapferen Scharen ins Feld führte, daß der Prozentsatz von Talenten im Fürstenstande ein unverhältnismäßig hoher ist. (Friedrich Karl, Erzherzog Albrecht, Kronprinz Albert, lauter erstrangige Armeeleiter, würden prozentual mindestens hundert ähnlichen Talenten nichtfürstlicher Herkunft entsprechen. Es braucht nicht gesagt zu werden, daß höchstens ebenso viele von gleicher Bedeutung unter nichtfürstlichen Militärs auftraten.) Die sächsische Leibbrigade warf anfangs im richtigen Augenblick die rheinische Vorhut zurück. Bald darauf zerschlugen die forschen Rheinländer aber die österreichische Brigade Schulz im Walde von Prim, und bis zum Ufer konnte man am Aufblitzen der Schüsse und dem Wogen des Pulverdampfes erkennen, daß auch die westfälische Division glücklich eingriff. Doch bis nach 1 Uhr schienen auch dort die Preußen im Nachteil.
    Als die Krise ihren Höhepunkt erreichte, beobachtete Otto verstohlen Moltkes Haltung. Er konnte nichts daraus entnehmen als vollkommene Gleichgültigkeit. Um dies auf die Probe zu stellen, öffnete er seine weite Zigarrentasche und bot sie dem Schweiger an. Dieser dankte höflich warf einen prüfenden Blick auf die verschiedenen Sorten und wählte sich richtig die beste aus. Der Minister atmete auf. Dann konnte es wohl nicht verzweifelt stehen.
    »Wie der Kronprinz sich verspätet! Von Bonin nichts zu sehen!« kreuzten sich ängstliche unterdrückte Ausrufe, und ein Murren lief um. In der Richtung, von woher Korps Bonin kommen sollte, gähnte unverkennbare Leere. Plötzlich starrte Otto, das Fernrohr entsprechend verschiebend, auf einen viel entfernteren Raum am Horizont. »Was sind das für Linien?« Alle Gläser richteten sich dorthin. »Bah, das sind Ackerfurchen.« Der Minister beobachtete nochmals, als Landmann mit derlei vertraut, und sagte ruhig: »Es sind keine Furchen, die Zwischenräume sind nicht gleich, es sind avancierende Linien.«
    Ein Seufzer aus erlöstem Gemüte, ein Austausch freudiger Zurufe: der Kronprinz ist da! Otto vergaß, nach der Uhr genau festzustellen, wann dies geschehen sei.
    Man hat es offiziell später so dargestellt, als sei die II. Armee schon um 11 Uhr auf dem Kampfplatze sichtbar geworden und mittags in den Kampf getreten, wodurch verwischt werden soll, wie überaus gewagt und unsicher die ganze Anlage der Schlacht. Kaum entledigte sich Graf Finkenstein um 4 Uhr morgens seines Auftrages – er hätte auch ebenso gut sich bei dem Nachtritt den Hals brechen oder sonstwie

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