Bismarck 02
Luftfärbung und die dicke Atmosphäre verwischten alle Umrisse und dämpften den Schall. Es war General v. Alvensleben, der zuerst den Höhenrücken überschritt. Graf Bismarck-Bohlen ritt erfolglos mit seinen Schwadronen an, erst um 2 Uhr entwickelte sich die Garde mit ihrem Vordertreffen zwischen Horenowes und Maslowed, während die Schlesier über Trotinamühle und Sandrasitz die Brigade Henriquez von der Elbbrücke bei Lochenitz abzudrängen suchten. Schon konnte Benedek nicht dorthin seinen Rückzug nehmen, von Josefstadt abgeschnitten. Eine ärgere Kopflosigkeit als die Nichtbewahrung dieser wichtigsten Flanke kann man sich nicht denken, die gewaltigen Reserven blieben eine halbe Meile davon entfernt und rührten sich nicht vom Platze. Der Kronprinz kam aber nicht mal rechtzeitig, um den Abmarsch der Brigaden Thom und Saffran von Horenowes, der fast aufgeriebenen Brigaden Poeck und Brandenstein aus dem Swiepwalde zu sprengen. Eine mächtige Geschützfront stellte sich bei Chlum entgegen wo die noch frischen Brigaden Erzherzog Josef und Appiano die Schanzen besetzten. Diese ungarisch-slowakischen Truppen hatten kein Herz zu der Sache und ergriffen teils das Hasenpanier, teils gaben sie sich massenweise gefangen, als die Garden in unwiderstehlichem Sturme die Schanzen und Chlum eroberten. Nur der deutsche Batteriechef v. d. Gröben, der mit seiner ganzen Mannschaft fiel, wahrte hier die österreichische Waffenehre. Otto konnte jetzt durchs Fernglas feststellen, welcher Wirrwarr auf der Chlumer Hochfläche, deren höchster Punkt die Kirche bildete, sich verknäuelte. Die Kürassierdivision Holstein brach neben dem Dorfe Rosberitz hervor, ihre Brigade Schindlöcker zerstob aber vor Schnellfeuer, man sah die Weißmäntel der Reisigen im Pulverrauch rückwärts entschwinden. Aus dem Lipaer Holze stürzte ein ruthenisches Regiment im Rücken des ersten Garderegiments nach Chlum hinein und stieß die Eroberer teilweise hinaus, deren Hauptzahl sich schon auf Rosberitz hinabwälzte und auch hier den Feind vertrieb. Nach wütender Gegenwehr erlagen auch die Ruthenen und 4., 8., 27., 30. Jäger wurden auf Langenhof versprengt. Schon früher fielen 28 Geschütze in die Hände der Sieger, jetzt erneut 19, während Alvensleben die von Kistowes abziehende Brigade Fleischhacker zersprengte und ihr 8 Stücke abnahm. Ein schlesisches Bataillon erbeutete gleichfalls in der Elbniederung 13 Geschütze, doch blieb das berühmte deutsche Regiment König der Belgier im Besitze des Brückendorfes Lochenitz.
3 Uhr vorüber! Otto atmet hoch auf. Als die Garden den Kirchhügel von Chlum krönten, war da nicht ein Klirren in der Luft, als berste Kyffhäusers eiserne Pforte? Doch wenn der Wind den Dunstschleier hob, konnte er deutlich wahrnehmen, wie schwache preußische Häuflein sich als Keil in das Herz der feindlichen Stellung bohrten. Die ganze Hauptmasse des Kronprinzen, auch ein gut Teil der Garde, befand sich noch weit zurück im Anmarsch. Auch hier wie bei Fransecky glich nur eine abnorme Truppenleistung die Mängel der Schlachtanlage aus. Otto machte sich seine Gedanken über eine Strategie, die mit lauter Glückszufälligkeiten rechnen muß, um sich durchzusetzen. Bei ebenbürtiger Truppenbeschaffenheit und einigermaßen vernünftiger Führung der Österreicher hätten sie auf ihrer Rechten und im Zentrum den überkühnen Angreifern eine Niederlage bereitet. Auch sprach natürlich die Ungleichwertigkeit des Gewehres bedeutend mit. Diese ermöglichte auch die Durchbrechung der Linie Prim – Problus. Das achte k. k. Korps räumte unter starkem Verluste Prim vor der rheinischen Division. Die grauröckigen 24. österreichischen Jäger mit dem Federhut und die grünröckigen sächsischen mit dem Tschako irrten an mehreren Stellen durch Sträucher und Felder, umsonst ihre Schießkunst erprobend. In Brauerei und Schloßhof von Ober-Prim rauften die Sachsen noch wacker, wichen dann alle auf Problus, auf dessen Höhe Kronprinz Albert vor 3 Uhr die Schlacht verloren gab. Er zog langsam schachbrettförmig ab, General Carlowitz verteidigte mit 5 Bataillonen noch Dorf und Höhe von Problus aufs bravste und fand dabei den Heldentod. Die norddeutschen Stammesbrüder erwiesen sich zur geheimen Genugtuung der Preußen als der beste Bestandteil des kaiserlichen Heeres. Auch hier kam aber die ganze Division Etzel nebst fünf Reservebatterien zu spät, um am Kampfe teilzunehmen, das konzentrische Verfahren Moltkes bot also für jeden
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