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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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verspätet eintreffen können –, als Blumenthal die verschiedenen Korps in Marsch setzte, wo sie gerade standen. Er kam erst 2 Uhr nachts nach Königinhof zurück, weckte den Prinzen und setzte ihn in Kenntnis über das in Gitschin Verabredete. Bald darauf weckte ihn ein Bote Friedrich Karls: er sei bei seiner »Rekognoszierung« bedroht und wünsche Hilfe, was Blumenthal abschlug, als plötzlich Finkenstein mit Moltkes Order hereinplatzte, unbedingt mit der ganzen Armee die Elbe zu überschreiten. Um ½ 8 Uhr ritten der Kronprinz und sein Stab durch den kalten, regnerischen Morgen den Truppen nach. Der sonst kränkliche Blumenthal fühlte keine Ermüdung, obschon er nur ein kleines Stündchen schlief. So erregend wirkt die Schlacht. Nach 9 Uhr strebte alles über den schlüpfrigen Boden auf Horenowes zu, von wo der Pulverdampf bis Sadowa wogte, erst um 11 Uhr sah man von der Choteborekhöhe weit genug. Tausend Schritte südöstlich Horenowes bildete eine Baumgruppe eine deutliche Landmarke. Doch auch die Kavalleriedivision der II. Armee erschien erst um 4 Uhr! Erst ganz zuletzt waren 50 Schwadronen beisammen, aber ohne – Seydlitz. Das Korps Bonin, obschon am nächsten zur Division Fransecky, zauderte am längsten und brach erst um ½ 10 Uhr auf, erreichte daher erst spät nachmittags die Kampfzone. Doch auch die anderen Abteilungen konnten schlechterdings nicht vor 1 Uhr eintreffen, trotz hitzigen Gewaltmarsches, was unnütz Kräfte verzehrt und vor einer Hauptschlacht nie stattfinden dürfte. Moltke diktierte einem Adjutanten eine Order an Herwarth: »Kronprinz bei Cistelowes«, als Datum gab er an »1 ¼ Uhr«. Ungefähr um diese Zeit erfuhr auch Fransecky erst das Heranrücken der Garde. Wäre man irgendwie früher darüber unterrichtet gewesen, würde nicht nachweislich bis ½ 2 Uhr eine gedrückte Stimmung im Hauptquartier gewaltet haben.
    Otto blieb im Gedächtnis, daß nach Mittag eine bange windstille Pause herrschte und jedermann sehnsüchtig nach dem Kronprinzen ausschaute, der sich noch keineswegs blicken ließ. Der König machte, wie das Kampfgewühl, auch die sonstigen Entbehrungen mit durch. Das wußte der Soldat, und so ertrug er gehobenen Mutes alle Strapazen. Der tapfere Greis seufzte leicht: »Mich hungert, hat niemand was zu essen?«
    »Wenn Majestät damit vorlieb nehmen wollen –« Ein Offizier produzierte verschämt ein winziges Würstchen, ein Reitknecht etwas Wein. Die Sache sprach sich herum, und ein Märker Haketauer trat plötzlich freudegrinsend heran, ein Stück Kommißbrot in der Faust.
    »Mein Sohn, hast du denn selber schon zu Mittag gegessen?« war die erste, für ihn so bezeichnende Frage des Musterkönigs. –
    »Ne, Majestät.« –
    »Dann wollen wir ehrlich teilen.« Er brach das Brot durch und gab die Hälfte zurück. »Da nimm dein Teil, dein König dankt dir.«
    Wenn die Großen der Erde wüßten, welch unerschütterliche Anhänglichkeit des braven Volkes solcher ungeschminkte Ausdruck hoher Menschlichkeit gebiert! Doch nur ein wahrer König findet solche Worte.
    »Prinz zur rechten Tiet!« riefen die Pommern sich zu, als der Kronprinz endlich heranrückte und das Hauptquartier aufatmete. Selbst dies Ergebnis ermöglichten nur übermenschliche Anstrengungen und Feuereifer der braven Truppen. Als die Marschkolonnen der Garde am Kronprinzen vorbeidefilierten, fragte dieser den englischen Militärbevollmächtigten Beauchamp-Walker, einen Veteranen des Krim- und indischen Meutereikrieges: »Sahen Sie je Truppen so freudig und heiter in die Schlacht ziehen?«
    »Rekruten vielleicht, doch Kriegserfahrene, die schon im Feuer waren wie diese, noch nie.« Je näher der Kanonendonner herüberschallte, desto gewaltiger schritten die langen Beine der Garden aus. Obschon das nasse Getreide der zertretenen Kornfelder die Räder und Speichen umwickelte, rollten die Geschütze bergauf, bergab vorwärts.
    Wie auf der äußersten linken Flanke das schlesische Korps sich dem Trotinaflüßchen näherte und es bis an die Brust im Wasser durchwatet, konnte man von den Sadowahöhen her nicht überblicken. Man bemerkte nur den langen Höhenzug von Horenowes, auf dessen höchster Kuppe zwei hohe Linden den heraneilenden Garden als Richtmal dienten. Tatsächlich begann erst nach 1 Uhr das Eingreifen schwacher Vorhuten, während die Korps Thun und Molinary allmählich abzogen. Den Geschützdonner der Garde müßte man freilich schon vor 1 Uhr gehört haben, doch die düstere trübe

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