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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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hat.«
    Otto wollte auf solche Drohung den Franzosen höflich zur Tür hinauswerfen, besann sich aber eines besseren und ließ sich auf längere Unterredung ein, wobei sich beide beobachteten. Benedetti, dem er den Decknamen »Lefebvre« gab, stach fast komisch von der gewaltigen Erscheinung und soldatischen Haltung des germanischen Staatsmannes ab. Seine ziemlich gebrechliche Gestalt, sein bartloses glattes Gesicht, das in keiner Weise sein Alter verriet – er war nicht so sehr viel jünger als Otto –, sein aus der Stirn über den fast kahlen Schädel des Hinterkopfes zurückgestrichenes Haupthaar sahen nicht sonderlich gefährlich aus. Seine Miene und sein Betragen atmeten sanfte Höflichkeit, auch wenn er die impertinentesten Dinge sagte. Hatte er einst eine charakteristische Individualität, so wischte er sie weg. Seine Züge schienen nur eine Maske, auf der sich die Ruhe verständnisvoller Rezeptivität ausdrückte. Doch seine scheinbar gleichgültigen, sorglos offenen Blicke saugten jeden Gegenstand schnell und scharf ein. Der ist verdammt interessiert! schloß Otto seine Abmessung. Hinter dieser Maske, die gar nichts sagt, steckt etwas sorgfältig Verhülltes, eine lebhafte Begierde. Er glaubt, daß man ihn schwer ausfinden und seine Bosheit entdecken könne. Siehe da, sein Sommeranzug ist höchst einfach, doch kein Flecken darauf, obschon er eine lange anstrengende Reise hinter sich hat. Und das schmächtige Figürchen bewegt sich elegant und elastisch, seine freundliche Beweglichkeit entspricht dem italienischen Namen. Ein beau idéal der alten Diplomatenschule. –
    Der ihm von früher her bekannte Fürst Putbus erschien, geschmückt mit dem Johanniterkreuz. »Exzellens verzeihen die Störung, der kommandierende General des pommerschen Korps schickt mich, um Sie untertänigst zu inquirieren. Wir wissen nichts Authentisches über die Friedensbedingungen.«
    Aha! Die Armee will dreinreden. »Durchlaucht werden zur königlichen Tafel befohlen werden und dort wohl aus höchster Quelle manches erfahren«, wich er aus. »Das Leben als Johanniter war gewiß interessant? Wie steht's mit der Verpflegung?«
    Putbus lachte. »Man kann nicht klagen. Unsere Offiziere können alles, sogar Kochkünstler werden ohne das Buch der Hausfrau von Henriette Davidis.« Dies damals klassische Werk kennzeichnete der alte Maßmann höchst treffend, indem er es der befreundeten Frau X. mit einer Verswidmung schenkte: »Wer aus dem Buch hier kochen will, der muß schon kochen können.« In dieser altmodischen anheimelnden Zeit versuchte auch ein Baron Vaerst ein Gastrosoph vom Schlage Brillet-Savarins zu werden, leider ohne Erfolg. »Eier und Speck in die Pfanne schlagen sind Anfängertaten. Doch Ungeheuerlichkeiten geschahen im Schweiße unseres Angesichts, unmögliche Beefsteaks, unwahrscheinliche Ragouts, halb oder auch ganz verbranntes Federvieh. Doch ich glaube, ein Leutnant v. Schwanenfeld konnte sich seine Tat andächtig unter den Tornister schieben (Kopfkissen gibt's ja nicht).«
    »Was vollbrachte denn dies Sonntagskind?«
    »Er sollte an einem Bahnhof ein Souper für Herrn v. Benedetti bereithalten. Doch der gute Mann fand nur dünnen Tee, keinen Rum, Sahne, keinen Zucker, dazu ein Stückchen Kommißbrot. Denn die dazugehörigen Setzeier und ein bißchen Schinken hatten Schwanenfeld und seine Kameraden sich eigenhändig zu Gemüte geführt.«
    »Selbst ist der Mann.« Otto lachte behäbig. »Das tut mir im Magen wohl, daß der Franzose gehungert hat. Dieser Schwanenfeld scheint trotz seines poetischen Namens ein Realpolitiker. Offenbar ein Jüngling von großer Begabung und entschiedenem Verdienst. Wer sich solche Aufgaben politischer Kochkunst stellt, hat bedenklich hohe Anlagen zum Genie. Seine Setzeier seien gepriesen, weil ein königlich preußischer Verdauungsprozeß ihnen die reglementmäßige Weihe gab. Benedetti ist ein Feinschmecker, wie ich höre, er mag nicht schlecht über deutsche Barbaren gekeift haben. Ja, ja, die Hunnen essen rohes Fleisch, unterm Sattel weichgeritten.«
    »Na, das würde Ihnen auch nicht passen,« lachte Putbus. »Sie halten viel von gutem Essen.«
    »Nun ja, aus Vernunft und Ästhetik. Wer mir schlechtes Essen gibt, ist mein Feind, er setzt meine Arbeitskraft herab. Das feinste Diner ist aber schlechtes Essen, wenn schlecht zubereitet und zweifelhaft in der Ware, ein gutes Butterbrot kann ein Leckerbissen sein. Bei uns im Hauptquartier war Schmalhans Küchenmeister, doch Hunger ist der

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