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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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mit Enttäuschung, Eifersucht und Revanchewut. Wissen Sie, daß schon das Wort umläuft: ›Rache für Sadowa‹, als ob dort Frankreichs Ehre beleidigt sei?«
    »Das wundert Sie? Jeder, der Ehre im Leib hat, beleidigt diese zartfühlende Nation schon durch seine Existenz.«
    »Augenblicklich schwelgt Paris in einem Freudentaumel, es flaggt und illuminiert wegen Annexion Venetiens. Die Pariser können nie genug Länder schlucken, selbst Güter im Mond würden sie annektieren.«
    »Und erst recht spanische Luftschlösser. Sie kommen gewiß auf Ihren damaligen Antrag zurück?«
    »Jawohl, die Insurgierung Ungarns. Jetzt ist es Zeit.« Er verbreitete sich über Gründung einer ungarischen Legion. Dem für äußerliche Eindrücke empfänglichen Madjaren imponierte Otto jetzt viel mehr in Uniform und Helm, als einfacher Major von allen Generalen respektvoll begrüßt und mit der Haltung eines Gott Jupiter. Jemand brachte eine Meldung.
    »Entschuldigen Sie mich einen Augenblick«, unterbrach der Minister die Darlegung. »Ich muß zum König, der verdammte Gablenz ist wieder da und verlangt Audienz, was ich unter allen Umständen hintertreiben will.« Er fand beim König williges Gehör, der heiter ausrief: »Waffenstillstand is nich. Wir werden den Frieden auf den Wällen Wiens diktieren.«
    Zurückgekehrt, bot er dem Ungarn eine Havanna an und lächelte: »Um auf einiges zu kommen, was Sie vorhin berührten, Sie hielten mich also auch für einen Junker und Reaktionär und staunen über meine Vorurteilslosigkeit? Der Anschein täuscht oft. Ich mußte diese Rolle spielen, um mein Ziel zu erreichen. Von allen Seiten suchte man den König gegen mich einzunehmen, indem man mich als verkappten Demokraten malte. Ich gewann sein volles Vertrauen, indem ich nicht vor Widerstand gegen die Kammer zurückschreckte, wenn es sich um die Heeresreform handelte, ohne welche der Staat in Gefahr schwebte. Doch, lieber Graf, meine Nerven gingen in diesem Kampf zum Teufel, meine Lebenskraft ist erschöpft, ich bin ein halbtoter Mann.« Toß sah ihn zweifelnd an. Leider sprach Otto die Wahrheit, sein altes Leiden meldete sich wieder. Heftig mit der Faust auf den Tisch schlagend, donnerte er mit prachtvollem Ingrimm: »Besiegt habe ich sie alle, die meinem Ziel im Wege standen.« In den nächsten zehn Minuten kamen Depeschen herein, die ihn mit Genugtuung erfüllten. »Sieg über Sieg! Die Süddeutschen können gegen uns nicht das Feld halten. Übrigens sind viele nicht mit dem Herzen dabei. Zum Beispiel der Stabschef des Bundesheeres, Freiherr v. d. Tann-Ratsamhausen, ein echter deutscher Edelmann von uraltem Reichsadel, also ein volksfreundlicher liberaler Herr von vornehmer Gesinnung. Der hat weiland die Holsteiner Freischaren geführt, weil er als deutscher Patriot nicht auf seiner bayerischen Scholle sitzen bleiben wollte, wenn der gemeinsamen Mutter Deutschland Unrecht geschah. Überhaupt die Bayern! Ein ganz famoser Menschenschlag, den ich liebe, man muß nur ihre berechtigte Sonderempfindlichkeit schonen.«
    »Und was wird Süddeutschlands Schicksal sein? Werden Sie es dem preußischen Adler unterwerfen?«
    »Beileibe nicht! Was sollten wir mit all den Ultramontanen anfangen? Wir brauchen sie nicht und dürfen nicht mehr verschlucken, als wir verdauen können. Schon Piemont hat sich durch Annexion von Neapel eher geschwächt. Ja, und was Ungarn betrifft, ich bin immer für Freiheit und Unabhängigkeit, und wir wollen gern Ihre nationalen Aspirationen zu den Waffen rufen.«
    Seine furchtbare Waffe der Offenheit tat ihm auch hier die besten Dienste. Graf Toß war Feuer und Flamme für den »großen deutschen Staatsmann«. In Ungarn regte es sich bald. Obschon die traurige militärische Schwäche Italiens dem Erzherzog Albrecht erlaubte, viele Truppen von Süden wegzuziehen und selbst an Stelle des gefallenen Benedek den Oberbefehl zu übernehmen, mußte er sich immer weiter auf Wien zurückziehen. Die Zahl der erbeuteten Geschütze und Gefangenen vermehrte sich zusehends, je weiter die Preußen gegen die Floridsdorfer Linien vordrangen. Aus Hohenmauth schrieb Otto an Nanne: »Weißt Du noch, mein Herz, daß wir hier vor fast zwanzig Jahren durchfuhren?« »Kein Spiegel zeigte die Zukunft ... wie wunderbar romantisch sind Gottes Wege!«
    Das fand auch der König, der einen so tiefen Zug aus dem Ruhmesbecher tat, daß er die Schmach von Olmütz nun durch volle Demütigung des hochmütigen Gegners heimzahlen wollte. »Wir müssen

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