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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Niederlagen erlitten. Doch mit Unwillen bemerkte der Minister-Major, daß sich alsbald bei den höheren Militärs ein Selbstgefühl entwickelte, als sei die österreichische Armee ein Pappenstiel und jeder von ihnen ein weiser Heros. Die meinen schon, die ganze Welt erobert zu haben! dachte er bitter. Leicht verzagt und leicht berauscht, und ich muß Wasser in den Schaumwein gießen, ein undankbares Geschäft. Daß wir nicht allein in Europa etwas zu sagen haben und drei andere Großmächte uns den Erfolg mißgönnen werden, wird schwer sein, den Herren begreiflich zu machen. Auch der König träumt nur vom Einzug in Wien. Monsieur Lefebvre wird mir bald ein Wort ins Ohr sagen, der außerordentliche Botschafter Benedetti wird es an zarten Winken nicht fehlen lassen. Nun, die Menschen haben es übel mit uns gemeint, und Gott hat alles wohlgemacht. Heute erst erkenne ich seine Gnade, daß er mein Werk gekrönt hat. Doch mein Feldzug beginnt erst jetzt.
    »Na, jetzt stehen Sie groß da«, unterbrach der barsche General Manstein seine Träumerei. »Aber wenn es schief ging, hätten die alten Weiber in Berlin Sie mit Besenstielen totgeschlagen.« In der kordial klingenden doch von geheimer Mißgunst durchtönten Äußerung lag die Anmaßung: wir, wir allein, die Armee macht den Erfolg. »Was hätten Sie denn getan, wenn die Schlacht verloren ging?«
    Otto sah ihn groß an und nahm einen Revolver aus dem Sattelhalfter: »Mir eine Kugel vor den Kopf geschossen.«
    Die Waffe funktionierte zwar schlecht, wie er im Briefe an Nanne klagte, doch daß er überhaupt keinen Revolver bei sich trug, ist spätere Verdrehung. Die Eifersucht der Militärs auf den Zivilisten gewann übrigens auch eine Prägung in Roons launigem Ausruf: »Na, diesmal hat uns der brave Musketier rausgerissen!«
    Während eine matte Verfolgung anhob und die Preußen auf Olmütz vorgingen, erhielt der König in der Nacht zum 5. ein Telegramm Napoleons. »Da haben wir's! Eine unangenehme Geschichte!« reichte er es dem Minister hin. »Der Kaiser hat Venetien an Napoleon abgetreten und wünsche dessen Vermittelung. Welche Entwürdigung!«
    »Ganz wie in Villafranca. Da sehen Eure Majestät die deutsche Gesinnung Österreichs. Den wahren Landesfeind, das Ausland, zum Schiedsrichter der deutschen Frage machen!«
    »Ja, jetzt sehe ich, wie richtig Sie immer urteilten. Nun, Österreich wird dafür büßen. Napoleon motiviert seine Einmischung mit unserem glänzenden Erfolge, der ihn aus seiner Zurückhaltung heraustreten lasse. Was meint er eigentlich?«
    »Was er zu höflich und zu schlau ist zu bekennen. Er hielt uns für hilfsbedürftig und merkt zu seinem lebhaften Ärger das Gegenteil. Übrigens treiben ihn seine Franzosen dazu, die boshaften Affen. Die halten jeden Sieg anderer für eine Majestätsbeleidigung gegen ihr ausschließliches Gloiremonopel und würden ihm nie verzeihen, wenn er nicht irgendeine Erpressung auf uns ausübt.«
    »Er soll nur kommen! Frankreich ist nicht gerüstet.«
    »Aber Österreich nicht so völlig niedergeworfen, auch Süddeutschland nicht, als daß wir einen Machtzuwachs durch ein französisches Heer, und sei es noch so klein, gelassen ansehen könnten. Hätte man sofort mit aller Kraft verfolgt, so würden wir schon jetzt Friedensangebote in Händen haben. Wir müssen uns beeilen.«
    »Wie sollen wir also nach Paris antworten?«
    »Dilatorisch, verschleppen und hinziehen. Nur kein Waffenstillstand ohne Bürgschaft eines sofortigen Friedens auf günstiger Basis! Das Intermezzo Gablenz war im Grunde eine gute Vorbedeutung, doch wir dürfen uns auf nichts einlassen ohne offizielle Beglaubigung.«
    Im Hauptquartier erschien nämlich auffälligerweise als eine Art Parlamentär der F. M. L. Gablenz, der vom dänischen Feldzug her viele Sympathien genoß, und wollte einen Waffenstillstand abschwindeln, was natürlich dem zerschlagenen Heer gut paßte. Moltke frug ihn trocken nach seiner Ermächtigung, für die er nichts Schriftliches vorzeigen konnte, und schickte ihn unverrichteter Sache heim. Doch in Pardubitz erschien er plötzlich wieder mit unbestimmten Anträgen. Otto hatte gerade einen wertvollen Besuch, den Grafen Seherr-Toß, mit dem er sich voriges Jahr in Paris beredete.
    »Ich komme direkt von Paris, nahm den nächsten Zug hierher auf das, was der Moniteur erst ein ›wichtiges Ereignis‹ nannte und nachher ›ein unwahrscheinliches unerwartetes‹, das Frankreich mit ›patriotischer Besorgnis‹ erfüllt, das heißt

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