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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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allein bin hier der politisch Verantwortliche und besitze keinerlei Deckung, weder durch Beschlüsse des Gesamtministeriums noch durch höhere Befehle, falls meine Meinung nicht die Sanktion Seiner Majestät erfährt. Doch meine gesetzliche Verpflichtung zwingt mich, mein Veto einzulegen, wenn ich den Staat durch voreiliges Verharren auf einem meiner Ansicht nach falschem Standpunkte beeinträchtigt glaube. Für uns ist nichts von alledem ein Bedürfnis, was die Herren hier empfehlen. Unser Einzug in Wien wird ein wohltuender Genuß der Eitelkeit für uns, ein ewiger Stachel für Österreich sein. Was unsere Behandlung der Süddeutschen betrifft, so bleibt dies eine Frage für später, da uns Österreich hierin freie Hand und seine Bundesgenossen im Stiche laßt, mit Ausnahme von Sachsen. Da es auf dessen Integrität einen Kardinalwert legt, dürfen wir nicht deshalb den Frieden scheitern lassen.«
    »Pardon, für uns«, fiel ihm Friedrich Karl unhöflich in die Rede, »ist das Gegenteil ein Kardinalpunkt. Wir brauchen das sächsische Erzgebirge und das böhmische Vorderland als Grenzfestung. Solche strategische Erwägungen mögen dem Herrn Ministerpräsidenten sehr fern liegen, sie werden aber, so hoffen und bitten wir, für Seine Majestät als Soldaten maßgebend sein.«
    »Strategische Gesichtspunkte sind mir nicht so fremd, wie Königl. Hoheit wähnen«, parierte Otto kühl. »Vielmehr würde ich, wenn man mich ausreden ließ, betont haben, daß ich ihnen dadurch Rechnung trage, unbedingt auf Eintritt Sachsens in den Norddeutschen Bund zu bestehen. Ich glaube kaum, daß sich Österreich dem widersetzen wird, weil es die Tragweite solchen militärischen und wirtschaftlichen Anschlusses nicht erkennen wird. Den Kaiser Franz Josef bestimmt wohl zumeist ein Ehrbegriff romantischer Ritterlichkeit, daß er seinen treuen Freund Sachsen nicht opfern will bezüglich territorialer Einbuße oder gar völliger Annexion. Deren bedürfen wir aber gar nicht, sofern uns Sachsen fortan als Klientelstaat unter unserem Protektorat zur Verfügung steht. Je mehr wir es schonen, desto williger wird es sich in die neuen Verhältnisse fügen.«
    »Und Beust?« warf Roon unwirsch ein.
    »Wäre der Herr Kriegsminister in rein diplomatischen Usancen versiert, würde er als selbstverständlich betrachten, daß Herr v. Beust ein für allemal aus den Geschäften austritt und nach Österreich verschwindet. Was nun Gebietsabtretungen Österreichs selber betrifft, so könnten diese nur nach einer Richtung liegen, die eher politische Schwächung bedeutet. Erzkatholiken und Slawen sind ein wenig erwünschter Zuwachs. Für diesen zweifelhaften Gewinn tauschen wir dauernde Rachsucht des Kaiserstaates ein. Die sogenannten Schwarzgelben sterben dort ohnehin nie aus und betrachten das protestantische Preußen als Erbfeind, eine dauernde Erbschaft des Jesuitismus. Diese Elemente kann man jedoch abhalten, Oberwasser zu gewinnen, da wir das ungarische Gegengewicht besitzen, falls wir nicht der staatlichen Eigenliebe zu blutige Wunden schlagen, die schwer vernarben. Wir sind jetzt auseinander gekommen, nun muß es unser Bestreben sein, auf andere Art wieder zusammenzukommen.«
    »Wie? Was bedeutet das?« unterbrach der König. »Sie sind ja plötzlich außerordentlich milde gegen Österreich, dem Sie lebenslangen Haß zuschworen.«
    Mehrere Militärs räusperten sich. »Nicht immer«, murmelte Moltke. Das Olmützgespenst tauchte wieder auf. Otto erbleichte vor Zorn und Schmerz. Nächstens wird man noch tuscheln, er sei von Österreich erkauft, seine politische Meinung zu ändern. Der kluge Blumenthal heftete auf ihn einen langen Blick.
    »Eure Majestät übertreiben da ein wenig«, versetzte der Staatsmann mit eiserner Selbstbeherrschung. »Mich deucht, wir hätten jetzt eine ausreichende Satisfaktion und Reparation d'honneur. Mit dem Augenblick, wo Österreich aus Deutschland scheidet und wieder wird, was es tatsächlich ist, eine ausländische Macht, erlischt meine Abneigung. Eine solche kenne ich nur im Dienste meines Vaterlandes, der jetzt eine gegenteilige Haltung verlangt. Geographisch, ethnographisch, nach deutscher Abstammung des Herrscherhauses bleibt Österreich trotzdem unser natürlicher Bundesgenosse. Wenn es dies anscheinend verkannte, mußten wir es dazu erziehen.«
    »Wann wäre es denn für uns je eingetreten!« rief Friedrich Karl heftig. »Man hat unsere Kaisertreue auch früher nur ausgenutzt, in den Türkenkriegen und gegen Louis

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