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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Quatorze.«
    »Das war Preußens verfluchte Pflicht und Schuldigkeit als Glied des alten Deutschen Reiches. Wir wären ehrlos gewesen, wenn wir uns versagten. Für immer hätten wir einen Schmutzfleck auf der weißen Weste, wenn wir Frankreichs Übergriffe begünstigt hätten. Friedrich der Große sprach von unnatürlichen Allianzen gegen sich. Daß aber seine vorübergehende Allianz mit Frankreich unnatürlich war, schmeckte er ja bald darauf. Man hat immer den historischen Treppenwitz zur Hand, die Pompadour habe uns den Krieg gemacht. Nein, es war das echtfranzösische Interesse.«
    »Ich erinnere mich doch der Zeit,« bemerkte der König spitz, »wo Sie selber französische Allianz empfahlen.«
    »Die uns Louis Napoleon antrug, vergessen das Eure Majestät nicht. Im Interesse der europäischen Lage dachte ich dabei an eine sozusagen platonische Allianz zur Einschüchterung Österreichs, nichts weiter. Ich brauche Eurer Majestät nicht ins Gedächtnis zurückzurufen, daß ich damals nicht verantwortlicher Staatsmann war und daß ich dabei jede Konzession auf Kosten des übrigen Deutschland ausschloß. Ich darf hier in intimem Kreise bekennen, da die Sache längst verjährte, daß ich in Geheimunterredung mit Napoleon, die ich für mich behielt, jede solche Zumutung a limine ablehnte.« Der König nickte befriedigt, auch der Kronprinz machte ein freundliches Gesicht, Moltke saß gleichgültig und unbewegt da. »Was ich von des großen Königs kurzer Allianz mit den Franzosen sagte, sollte kein Tadel sein, ich nannte sie nur in abstracto unnatürlich, konkret nimmt ein Politiker die Chancen, wo er sie findet. Im übrigen möchte ich erwähnen, daß Preußen 1805 und 1809 Österreich auch in Bedrängnis verließ.«
    »Sehr wahr«, fiel der Kronprinz, der bisher schwieg, lebhaft ein. »Unsere patriotische Geschichtschreibung verdammt es mit Recht, und die Österreicher klagten damals über unsere Untreue.«
    »Die moralische Verdammung kümmert mich als Politiker weniger«, ergänzte Otto kühl. »Aber hier war Talleyrands Wort am Platze: Schlimmer als ein Verbrechen, ein Fehler. Ich würde als Minister des hochseligen Königs Friedrich Wilhelm ihm sofortige Unterstützung Österreichs angeraten haben, und unser heute regierender allergnädigster Herr hätte schon aus dem ihm innewohnenden nationalen Ehrgefühl sich keinen Augenblick besonnen.« Es wäre eine Entweihung, zu meinen, so etwas habe schmeicheln sollen, denn Schmeichelei verfing bei diesem Mustermonarchen nicht nur nicht, sondern machte ihn sofort mißtrauisch. Aber da es die volle Wahrheit war, so machte es Eindruck. »Kurz und gut, gesündigt wird intra et extra Ilium . Die wahre Realpolitik braucht sich keineswegs hoher idealer Leitmotive zu entäußern, beides stimmt oft wunderbar zusammen. Unsere deutschen Stammesgenossen in Österreich, die natürlich das Recht haben, gute k. k. Staatsbürger zu bleiben trotz allen Deutschgefühls, dürfen wir nicht dauernd verbittern. Das wäre eine undeutsche Roheit. Ich glaube, sie werden dafür sorgen, daß Österreich später nicht ein unnatürliches Bündnis mit Frankreich gegen uns eingeht, heute freilich wäre das tiefgekränkte Staatsgefühl sofort dafür zu haben. Das würde den Riß zwischen uns tiefer graben. Diese Konstellation legt uns obendrein neue schwere Opfer auf. Selbst wenn wir mit Mühe Sieger bleiben, werden dadurch unsere Gewinnchancen sicher nicht erhöht, eher erschwert für das, was wir schon jetzt erlangen können. Daher bin ich dafür, unverzüglich mit Österreich Frieden zu machen und das Gebotene anzunehmen.«
    Jetzt erhob sich ein wahrer Lärm der Militärs. Friedrich Karl, dessen napoleonische Art kein Erbarmen mit dem Besiegten kannte und immer aufs Ganze ging, redete von faulem Frieden. Roon tobte auch, man müsse Österreich niederwerfen und der Armee nicht den Siegespreis verkürzen, Einzug in Wien, was bisher nur Napoleon dem Großen glückte, werde das Prestige großartig heben. Der ehrgeizige Friedrich Karl unterstrich dies. Moltke versicherte bedächtig, Erwerb der böhmischen Grenze sei notwendig und er verpflichte sich, auch mit Frankreich fertig zu werden. Blumenthal, ein überzeugter Franzosenfeind, stimmte eifrig zu.
    »Und mit welchen Opfern!« murmelte der Kronprinz halblaut.
    »Die Armee wird einen Frieden nicht begreifen, der uns im vollsten Siegeslaufe anhält«, versicherte Moltke. »Man muß im Interesse der Armee die Prestigen wahren und sie den Dingen

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